Ein häufiges Gestaltungsmittel in der erbrechtlichen Vorsorgeplanung ist der Erbverzicht. Er dient klassisch vornehmlich dazu, abgefundene Kinder von der Teilhabe am Familiengut auszuschließen, um dieses in der Hand eines Erben zu erhalten. Im alten Rom war der Erbverzicht unwirksam; das römische Recht hielt den Erbverzicht für ungültig. Noch heute ist der Erbverzicht in Frankreich oder auch in Spanien sowie in Italien unbekannt.
Notarielle Beurkundung notwendig
Der Erbverzicht ist eine besondere Form des Erbvertrages.
Die Motive für einen Erbverzicht sind unterschiedlich. So kann ein in Vermögensverfall geratener Abkömmling bereit sein, ohne Abfindung zu Gunsten seiner Kinder zu verzichten, um die künftige Erbschaft den Zugriff der Gläubiger zu entziehen. So bleibt das Erbe im Stamm unter Überquerung seiner Person erhalten. Ein solcher Verzicht ist nach der Insolvenzordnung oder auch dem Anfechtungsgesetz nicht anfechtbar, wird also von der Rechtsordnung anerkannt.
Der Erbverzicht wird in der Regel gegen Abfindung erklärt.
Der Erbverzicht Vertrag bedarf gemäß § 2348 BGB der notariellen Beurkundung.
Genehmigungspflicht bei Minderjährigen
Ist der verzichtende Erbe noch minderjährig, so bedarf der Vertrag zu seiner vollen Wirksamkeit der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht. Eine Verzichtserklärung ohne Abfindungsregelung wird in der Regel nicht genehmigt.
In der Regel liegt in einem Erbverzicht zugleich einen Pflichtteilsverzicht, vergleiche § 2346 BGB. Beide Verzichtserklärungen können aber auch bei entsprechender Klarstellung getrennt abgegeben werden.
Besonderheiten beim Erbverzicht des Ehegatten
Der Ehegatte erwirbt im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ( => Überblick zum Recht des Zugewinnausgleichs ) einen Teil des Erbes aus zwei Rechtsgründen, zum einen aus unmittelbarem Erbrecht und zum anderen als Surrogat des Anspruchs auf den in der Ehe erzielten Zugewinn. Der Erbverzicht erfasst grundsätzlich nicht den Anspruch auf Zugewinnausgleich.
Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch nach § 1586 b BGB
Umstritten ist bis heute, inwieweit ein erklärter Erbverzicht und Pflichtteilsverzicht auch den in § 1586 B BGB vorgesehenen nachehelichen Unterhaltsanspruch ausschließen.
Wirkung auf die Kinder des Verzichtenden
Der Verzicht eines Abkömmlings des Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht erstreckt sich auf dessen Abkömmlinge, sofern nicht ein anderes bestimmt wird, § 2349 BGB. Fraglich ist, ob eine andere Bestimmung darin zu sehen ist, dass ausnahmsweise keine Abfindung vereinbart wurde.
Erstreckung auch auf Erbeinsetzung durch Testament?
Zweifelhaft können auch diejenigen Fälle sein, in denen der verzichtende Erbe ergänzend per Testament eingesetzt wurde. Hier muss die Auslegung der notariellen Urkunde entscheiden. Im Zweifel werden spätere testamentarische Erbeinsetzungen nicht von dem Verzicht umfasst sein, hingegen diejenigen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbverzichtsvertrages bereits in der Welt waren.
Anfechtung und Wegfall der Geschäftsgrundlage
Die Verzichtserklärung ist grundsätzlich wie jede Willenserklärung anfechtbar, insbesondere wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung. Auch kann der verzichtende einwenden, dass die Geschäftsgrundlage des Erbverzichtsvertrages später weggefallen ist. Die Verzichtswirkungen können unmittelbar jedoch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der verzichtende kann gegenüber den Erben allerdings einen sogenannten Wertersatzanspruch nach Bereicherungsrecht haben, sogenannte ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § § 812,818 Abs. 2 BGB.
Abfindungsregelungen außerhalb der notariellen Urkunde
Die Regelung über die Leistung einer Abfindung sollte zwar im Erbverzicht Vertrag enthalten sein und damit Bestandteil der notariellen Urkunde. Dies ist jedoch nach herrschender Meinung nicht zwingend notwendig. Wurde dem verzichtenden künftigen Erben gegebenenfalls nur mündlich die Zahlung einer Abfindung versprochen, kann diese schuldrechtliche Abrede formlos wirksam geworden sein.
Problem: Abfindungsleistung als Schenkung?
Rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich, wenn man die Verpflichtung zur Zahlung der Abfindung als Schenkungsversprechen ansieht. Dann bedarf die Abfindungsabrede letztlich über die Hintertür des Schenkungsrechts der notariellen Beurkundung, wobei allerdings die tatsächlich geleistete Abfindung den Formmangel heilt. Gegen diese Auffassung spricht, dass die Abfindung ja eine Gegenleistung für den Erbverzicht darstellt und deshalb gerade keinen Schenkungscharakter hat.
In der Praxis können erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten und Beweisschwierigkeiten entstehen, wenn eine der beteiligten Seiten eine nicht beurkundete Abfindung geltend macht.
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen zum Pflichtteilsrecht und Erbrecht finden Sie im => Ratgeber Pflichtteilsrecht .
Die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erhalten Sie kostenfrei auf der amtlichen Seite des Bundesgerichtshofs=> http://www.bundesgerichtshof.de.