Zum Austausch von Holzfenstern gegen Kunststofffenster in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Ein häufiger Streitpunkt innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften ist die Frage, ob in der Regel bereits ältere Holzfenster gegen Kunststofffenster ausgetauscht werden sollen. Regelmäßige Anlass ist ein Reparatur bedarf an den Holzfenstern. In einer noch wenig beachteten Entscheidung des Kammergerichts hat dieses auch für den aktuellen bautechnischen Standard wichtige Feststellungen zum modernisierenden Charakter einer derartigen Maßnahme getroffen. Insbesondere stellt das Kammergericht fest, dass Wohnungseigentümer, die sich gegen die Erneuerung durch Kunststofffenster wären, nicht darauf berufen können, der Einbau dieser Kunststofffenster stelle eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Wohnungseigentümer dar, die er nicht im Rahmen des üblichen Maßes innerhalb der widerstreitenden Interessen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft stets hinzunehmen habe (vergleiche § 14 Wohnungseigentümergesetz). Außerdem aktualisiert das Kammergericht die bereits ältere Rechtsprechung, wonach die Erneuerung der Holzfenster durch Kunststofffenster sogar eine reine Instandsetzungsmaßnahmen darstellen kann, die unter erleichterten Bedingungen durchsetzungsfähig ist, für die insbesondere nur eine einfache Mehrheit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft zu gültigen Beschlussfassung notwendig ist. Bei allgemeinem Interesse zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von baulichen Maßnahmen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft empfehle ich Ihnen den Artikel → Die Durchsetzung von Baumaßnahmen (Instandsetzung, Sanierung) innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft.

KG Berlin 24. Zivilsenat, Entscheidung vom 26.06.2007, Aktenzeichen: 24 W 15/07

Die Entscheidung des Kammergerichts wird nachfolgend in den wesentlichen Grundzügen in Tatbestand und Gründen dargestellt.
I. Der Antragsteller begehrt den Rückbau der dreiteiligen Kunststofffenster, deren Einbau der Antragsgegner als Eigentümer der Teileigentumseinheiten 2 und 3 veranlasst hat.
Auf der Eigentümerversammlung am 22. Juni 2004 wurde zu TOP 4.7. der folgende Beschluss gefasst: Die WEV beschließt, dass die Außenfenster im TE 2 und 3 dringend erneuert werden müssen (Einbruchgefahr). Für die vordringlichsten Fenster sollen Kostenangebote eingeholt werden und in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat soll die Auftragserteilung erfolgen.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner zu verpflichten, die von ihm an seinem im Erdgeschoss gelegenen Teileigentum Nr. 2 und 3 hofseitig eingebauten Kunststofffenster zu beseitigen und an ihrer Stelle unter Wiederherstellung des alten Zustandes in der TE 2 ein sechsflügeliges Altbau-Doppelkastenfenster aus Holz mit profilierten Pfosten, in der TE 3 zwei vierflügelige Altbau-Doppelkastenfenster aus Holz mit profilierten Pfosten, jeweils einschließlich der erforderlichen Putz- und Abdichtarbeiten sowie den zugehörigen Zink-Fensterblechen, einzubauen sowie den Antragsgegner zu verpflichten an ihn, 381,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2005 zu zahlen, zurückgewiesen.
Dem Antragsteller steht ein Anspruch auf Entfernung der Kunststofffenster unter Wiederherstellung des vorhergehenden Zustandes gegen den Antragsgegner gemäß §§ 1004 BGB, §§ 15 Abs. 3 nicht zu, da er durch die Maßnahme des Antragsgegners nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt ist.
Der eigenmächtige, nicht mit dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat abgesprochene Austausch der erneuerungsbedürftigen Altbaukastendoppelfenster aus Holz in den TE 2 und 3 gegen Kunststofffenster steht einer unzulässigen baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG gleich (KG, Beschluss vom 10. Januar 2005 – 24 W 283/03 -). Zwar hat die Gemeinschaft über das Ob der Auswechselung der Fenster auf der Eigentümerversammlung am 22. Juni 2004 zu TOP 4.7. einen bestandskräftigen Beschluss gefasst. Aus diesem Beschluss lässt sich eine Festlegung des Wie jedoch nicht entnehmen. Allein aus dem Wort Erneuern lässt sich nicht entnehmen, dass es allein dem maßgeblichen Willen der Gemeinschaft entsprach, den ursprünglichen Zustand zu erhalten, so dass es lediglich eine zulässige Alternative für den Fensteraustausch gab, nämlich den Einbau von baugleichen Holzaußenfenstern. Das Auswahlermessen war dem Verwalter und dem Beirat übertragen, denn die Einholung von Kostenangeboten für die Erneuerung der Fenster oblag gemäß dem Beschluss dem Verwalter, der in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat den Auftrag zur Erneuerung der Fenster auslösen sollte. Der Auftrag wurde nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen vom Antragsgegner ausgelöst, ohne dass der Verwalter Kenntnis davon hatte, dass Kunststofffenster zum Einbau gelangen.
Dadurch wird der Antragsteller jedoch entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt.
Hierfür ist maßgebend, ob ihm in vermeidbarer Weise ein Nachteil durch die bauliche Veränderung entsteht. In Betracht kommen nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen. Für einen Nachteil ist entscheidungserheblich, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGHZ 116, 392; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Auflage, RN 15 zu § 22). Dies ist nicht der Fall.
Ob der optische Gesamteindruck des Hauses durch den Einbau baugleicher Kunststofffenster nachteilig verändert wird, ist vom Rechtsbeschwerdegericht nur noch eingeschränkt zu überprüfen, da die Beantwortung dieser Frage auf tatsächlichem Gebiet liegt. Dies hat das Amtsgericht, welches zulässiger Weise auf eine Augenscheinseinnahme verzichtet hat, da durch die eingereichten Fotografien das Erscheinungsbild hinreichend klar vermittelt wird, rechtsfehlerfrei verneint.
Mit dem Einbau der Kunststoff-Isolierglasfenster ist auch kein höherer Instandhaltungsaufwand für die Gemeinschaft verbunden. Zwar sind durch den Einbau der Kunststofffenster die im Sondereigentum stehenden Innenfenster entfallen. Dadurch kommen auf die Gemeinschaft jedoch keine höheren Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungskosten zu, da auch die Innenseiten der Außenfenster der Doppelkastenfenster im Gemeinschaftseigentum standen. Eine konkrete Mehrbelastung ist nicht vorgetragen. Dass nunmehr ein doppelglasiges Isolierglasfenster im Gemeinschaftseigentum steht, stellt keine Beeinträchtigung dar, die eine Beseitigung der Fenster rechtfertigen würde. Denn mit ihr sind auf der anderen Seite Verbesserungen verbunden, wie etwa die bessere Haltbarkeit, ein geringerer Instandsetzungsbedarf und Energieeinsparungen, die nicht nur dem Sonder- bzw. Teileigentümer, sondern auch der gesamten Gemeinschaft zugute kommen.
Ein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ist entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht in der Gefahr der Schimmelbildung zu sehen. Insoweit hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die obergerichtliche Rechtsprechung, die im Austausch von Holzfenstern durch Kunststofffenster eine Maßnahme ordnungsmäßiger Instandhaltung und nicht eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG sieht, neun bis sechzehn Jahre zurückliege und nicht mehr dem aktuellen technischen Stand entspreche. Wie in den letzten fünf Jahren publik gemacht und inzwischen allgemein bekannt sei, führen die dicht schließenden Kunststofffenster zwar zu Heizkostenersparnis, aber auch vielfach zu Schimmelbildung in den Räumen. Aus welchen Quellen das Landgericht diese Erkenntnisse zieht, ist nicht belegt.
Dass in den Räumen bzw. am Gemeinschaftseigentum Schimmelbildung aufgetreten ist, wird durch keinen der Beteiligten vorgetragen. Es bedarf insoweit jedoch einer konkreten und objektiven Beeinträchtigung. Maßgebend ist der aktuell bewirkte Zustand, nicht ob nach dem Hinzutreten weiterer Umstände, wie etwa unzureichendem Lüften, ein Nachteil entstehen kann (Niedenführ/Schulze a.a.O., RN 15 zu § 22). Dass das Binnenklima der Wohnräume sich durch den Einbau von Kunststofffenstern verändert mag dahinstehen, da nicht ersichtlich ist, inwieweit dem Antragsteller dadurch ein Nachteil entsteht.

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