OLG Köln 6 U 193/08 zum Urheberrecht an Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Durch das Internet ist das Kopieren fremder geistiger Leistungen deutlich erleichtert worden und hat dementsprechend in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Vielfach sind derartige Eingriffe eine Verletzung fremder Urheberrechte mit der Folgevon UNterlassungs- und Schadenerstzansprüchen. Allgemeine Geschäftsbedingungen stellen einen Grenzfall dar. Wenn Sie nicht individuell gestaltet sind, sondern im wesentlichen einen rein juristischen Sprachgebrauch bis hin zur Übernahme des Wortlauts gesetzlicher Regelungen pflegen, ist möglicherweise die erforderliche Gestaltungshöhe nicht erreicht, auch weil § 5 UrhG Gesetzestexte und gerichtliche Entscheidungen gemeinfrei stellt. Die Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit hat das OLG Köln in der unten wiedergegebenen Entscheidung im einzelnen näher ausgeführt.

Die Entscheidung Oberlandesgericht Köln Az. 6 U 193/08 im Volltext

Tenor: Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 17.09.2008
verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln
O 368/08 – wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des
Rechtsstreits zu tragen.
G r ü n d e 1
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die gegen dieses Urteil gerichtete,
zulässige Berufung der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit (§§ 935, 940 ZPO) wird in
Urheberrechtssachen nicht vermutet, ergibt sich hier aber daraus, dass der
Antragsteller den Verfügungsantrag schon etwa zwei Wochen nach erstmaliger
Kenntnis von den angegriffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der
Antragsgegnerin bei Gericht anbrachte.
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2. Die für das Bestehen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs
erforderliche Wiederholungsgefahr (§ 97 Abs. 1 S. 1 UrhG) wird durch die einmal
begangene Rechtsverletzung indiziert, zumal wenn diese weiter verteidigt wird;
eine Änderung des Verhaltens – hier der verwendeten AGB durch die
Antragsgegnerin – reicht nicht aus, solange keine ernsthafte, strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgegeben ist (Dreier / Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97
Abs. 41 f. m.w.N.).
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3. Eine den Unterlassungsanspruch auslösende Urheberrechtsverletzung liegt
vor, denn indem die Antragsgegnerin – was unstreitig ist – die AGB der T.
Wellness GmbH bis auf Firma und Adresse identisch übernahm, verletzte sie
das ausschließliche Verwertungsrecht des Antragstellers als des Urhebers
dieser AGB (§§ 2, 7, 15 ff. UrhG).
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Allgemeine Geschäftsbedingungen können als (wissenschaftliches Gebrauchs
-) Sprachwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) eine persönliche geistige Schöpfung
darstellen und damit urheberrechtsfähig sein (§ 2 Abs. 2 UrhG), wenn sie sich
wegen ihres gedanklichen Konzepts oder ihrer sprachlichen Fassung von
gebräuchlichen juristischen Standardformulierungen abheben, wobei knappe
und zutreffende rechtliche Formulierungen, die durch Rechtslage und sachliche
Regelungsanforderungen geprägt sind, freilich nicht monopolisiert werden dürfen
(Senat, Beschluss vom 07.08.2006 – 6 W 92/06, LG München I, GRUR 1991,
50; Schricker / Loewenheim, UrhR, 3. Aufl., § 2 Rn. 90; Dreier / Schulze, a.a.O. §
2 Rn. 93; Wandtke / Bullinger, UrhR, 3. Aufl., § 2 Rn. 59). Ausgehend von diesen
Grundsätzen (vgl. für andere Gebrauchssprachwerke auch BGHZ 116, 136 –
Leitsätze; BGH, GRUR 2002, 958 – Technische Lieferbedingungen) ist es
Tatfrage, ob ein Klauselwerk insgesamt hinreichend individuell konzipiert und
formuliert ist. Mit der von der Berufung angeführten (Kosten-) Entscheidung (LG
Stuttgart, ZUM-RD 2008, 501; OLG Stuttgart, BeckRS 2008, 11966), wo es um
einen nicht näher bekannten sechsseitigen Dienstleistungsvertrag für die
Vermittlung von Seniorenpflegekräften ging, hatte sich der Senat nicht zu
befassen.
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Zutreffend hat das Landgericht hier angenommen, dass sich die
streitbefangenen AGB insgesamt wegen der Art ihrer Gedankenführung und
einzelner um Verständlichkeit bemühter Formulierungen vom allgemein Üblichen
– wenn auch nur geringfügig – abheben und damit trotz geringen Schutzumfangs
jedenfalls gegen praktisch identische Übernahmen geschützt sind, wie sie die
Antragsgegnerin vorgenommen hat. Die von der Berufung vorgelegte Kopie aus
dem Münchener Vertragshandbuch macht deutlich, welche anderen
Formulierungen schon bei der im angefochtenen Urteil angeführten Klausel Nr. 9
möglich gewesen wären, so dass die Antragsgegnerin keineswegs gezwungen
war, die gesamten AGB im Verhältnis 1:1 zu übernehmen. Die Klausel Nr. 6 hat
das Landgericht ebenfalls zu Recht als spezifische, an Interessen des
Auftraggebers und eigenständigem Sprachgebrauch orientierte Formulierung
angesehen. Sogar bei der Widerrufsbelehrung zu Nr. 7 finden sich im Detail von
dem Vorschlag des Verordnungsgebers (Anlage 2 zu § 2 BGB-InfoV)
abweichende individuelle Passagen.
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b) Spricht mithin der Inhalt der AGB für eine insgesamt bereits hinreichende
Individualität, so hätte die Antragsgegnerin – wie vom Landgericht zu Recht
angenommen – dartun müssen, dass diese AGB keine eigene Schöpfung des
Antragstellers, sondern ihrerseits aus fremden oder allgemein zugänglichen
Quellen übernommen sind. Dass die Berufung den nach der
Widerspruchsverhandlung erfolgten erstinstanzlichen Vortrag des Antragstellers
zur Entstehung des Klauselwerks schlicht bestreitet, kann in diese Richtung um
so weniger genügen, als seine Urheberschaft durch Vorlage einer Kopie der an
seine Mandantin gerichteten Kostennote und durch seine anwaltliche
Versicherung glaubhaft gemacht ist, was ein geeignetes
Glaubhaftmachungsmittel darstellt (Senat, GRUR 1986, 196 = WRP 1986, 170;
Zöller / Geimer / Greger, ZPO, 27. Aufl., § 294 Rn. 5).
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Als unerheblich erweist sich, dass die Berufung – ohne im Verfügungsverfahren
mit diesem Vorbringen nach § 531 ZPO ausgeschlossen zu sein – mehrere im
Internet veröffentlichte gleichlautende Klauselwerke vorgelegt hat. Dass es sich
dabei um Schöpfungen Dritter handelt, die der Antragsteller entgegen seiner
Behauptung gekannt haben muss, bevor er die Entwicklung neuer AGB
gegenüber der T. Wellness GmbH abrechnete, ergibt sich aus dieser Darlegung
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nämlich gerade nicht. Glaubhaft gemacht ist im Gegenteil, dass ein Informant
der Beklagten seine AGB vom Antragsteller erhalten haben will; das spricht nicht
gegen, sondern für dessen Urheberschaft, da es die Verwendung der AGB durch
weitere Mandanten des Antragstellers belegt und es – nur – ihm als Urheber
freistand, einfache Lizenzen für eine Nutzung der streitbefangenen AGB zu
erteilen.
4. Der einzig sachdienliche und zuletzt nur noch geltend gemachte
Berufungsantrag zu Nr. 2 war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1
ZPO zurückzuweisen. Dieses Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner
Verkündung rechtskräftig.

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