Ein häufiger Streitpunkt zwischen Wohnungseigentümern ist der richtige Verteilerschlüssel beziehungsweise Umlageschlüssel, mit welchem die innerhalb der Wohnungseigentumsanlage anfallenden Betriebskosten angemessen auf die einzelnen Eigentümer verteilt werden. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick über die geltende Rechtslage.
Die gesetzliche Regelung
Nach der gesetzlichen Regelung des § 16 Wohnungseigentumsgesetz ist jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Allerdings können die Wohnungseigentümer seit 2007 durch einfache Stimmenmehrheit abweichend in der Wohnungseigentümerversammlung beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentum und auch die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder auch nach einem anderen Maßstab verteilt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass diese ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und dass es sich nicht um solche Kosten handelt, die unmittelbar das Sondereigentum betreffen und mit dem jeweiligen Eigentümer ohnehin direkt von einem Dritten abgerechnet werden.
Nach der alten bis Ende 2006 geltenden Rechtslage war eine solche Beschlusskompetenz der Gemeinschaft nur dann gegeben, wenn die Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung eine sogenannte Öffnungsklausel enthielt, in welcher die Gemeinschaft ausdrücklich und mit der nötigen Klarheit zu einer derartigen Änderung durch Mehrheitsbeschluss ermächtigt werden musste (vgl. BGH NJW 2000, S. 3500).
Unterscheidung zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum
Zunächst ist zu unterscheiden, ob es sich bei den betreffenden Kosten um solche im Bereich des Gemeinschaftseigentums handelt oder Kostenpositionen, die üblicherweise von den Sondereigentumseinheiten (Wohnungen) ausgehen. Nur für den Bereich des Gemeinschaftseigentums bestimmt das Gesetz, dass mangels anderer Vereinbarung der Umlageschlüssel das Verhältnis der in der Teilungserklärung festgelegten Miteigentumsanteile sein soll. Für das Sondereigentum hingegen gibt es keinen gesetzlich vorgesehenen Verteilerschlüssel. Sofern nicht ohnehin eine direkte Abrechnung der jeweiligen Eigentümer ohne Beteiligung der Gemeinschaft erfolgt (wie beispielsweise fast immer für Strom), wird allerdings in Fällen, in denen weder in der Teilungserklärung noch aufgrund wirksamer Beschlussfassungen aus der Vergangenheit ein Verteilerschlüssel herangezogen werden kann, wiederum auf die Miteigentumsanteile abgestellt – was zum gegenüber der Rechtslage beim Gemeinschaftseigentum gleichen Ergebnis führt. Einen gesetzlichen Vorrang der verbrauchsorientierten Erfassung gibt es nicht, ebenso wenig einen Vorrang der verursacherorientierten Kostenverteilung. Entsprechende Grundsätze etwa der Heizkostenverordnung lassen sich nicht generell auf alle Betriebskostenarten übertragen. Allerdings ist für die Kostenverteilung im Sondereigentums der allgemeine Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung einzuhalten. Im Einzelfall kann dieser Maßstab in Konflikt zum Verteilungsmaßstab der Miteigentumsanteile stehen, insbesondere dann, wenn offensichtlich diese Verteilung den wahren Verursachungsbeiträgen der Sondereigentümer krass widerspricht. In einem derartigen Fall kann ein alternativer Verteilungsmaßstab, soweit objektiv anwendbar, herangezogen werden, der zu einer größeren Verteilungsgerechtigkeit führt. So kann ein Objektschlüssel (Verteilung nach der Anzahl der Einheiten) der besser geeignete Maßstab und damit allein ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend sein, wenn davon auszugehen ist, dass Verwaltungsaufwand und Kostenverursachung bei jeder Einheit unabhängig von deren Größe und Wert ungefähr gleich sind, vgl. BGH NJW 2007, S. 1869 (1873). Mit entsprechender Begründung wurde die Umlage der Kosten eines Kabelanschlusses nach Miteigentumsanteilen und nicht nach dem Objektschlüssel für mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechend angesehen (OLG Hamm, ZMR 2004, s. 774).
Die Unterschiedung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum ist auch von Bedeutung bei der Auslegung insbesondere älterer Teilungserklärungen, in denen hierzu oftmals keine sprachlich klaren Bestimmungen enthalten sind. Vielfach wird entsprechend der mittlerweile veralteten früheren Fassung des Wohnungseigentumsgesetzes nur von den Betriebskosten gemäß § 16 WEG (alte Fassung) gesprochen. Hiermit waren nach der alten Rechtslage aber nur die Betriebskosten des Gemeinschaftseigentums gemeint. In jedem Einzelfall ist zu überprüfen, ob entsprechend neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2003 (Az. BGH V ZB 21/03) hiermit im Zweifel die Betriebskosten des Sondereigentums mit erfasst werden.
Schaffung eines neuen Verteilerschlüssels oder Änderung eines bestehenden Verteilerschlüssels durch einfache Mehrheit
In der Wohnungseigentümerversammlung kann die Gemeinschaft mit einfacher Mehrheit der erschienenen Wohnungseigentümer (Zählung nach Köpfen) oder auch einfacher Mehrheit der erschienenen Miteigentumsanteile, sofern dies in der der Teilungserklärung beziehungsweise Gemeinschaftsordnung wirksam vereinbart worden ist, einen abweichenden oder auch gänzlich neuen Verteilerschlüssel beschließen. Dies muss ausdrücklich erfolgen. Die bloße Billigung einer Abrechnung nach einem solchen Verteilerschlüssel genügt ebensowenig wie die Genehmigung des Wirtschaftsplans, der einen solchen Verteilerschlüssel enthält.
Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn zumindest die Hälfte der Miteigentumsanteile erschienen ist. Bei gemeinschaftlichem Eigentum mehrerer Personen an einer Wohnung besteht das Stimmrecht nur einmal, das heißt die gemeinschaftlichen Eigentümer haben nur eine Stimme. Zu beachten ist, dass bei Vorhandensein einer abweichenden Mehrheitsrgelung beziehungsweise Stimmrechtsregelung in der Teilungserklärung immer zu überprüfen ist, ob diese Regelung nach dem Beschlussgegenstand gegen zwingendes Gesetzesrecht verstößt. Dies ist etwa in den Fällen der §§ 16 Abs. 4 (Kostenverteilung betreffend bauliche Maßnahmen) und 16 Absatz 5,18 Abs. 3 S. 2, und 22 Abs. 2 WEG der Fall. Nach Veräußerung einer abgeteilten Wohnung haben Veräußerer und Erwerber möglicherweise auch nur jeweils eine halbe Stimme, die voneinander unabhängig ausgeübt werden kann, so der Bundesgerichtshof in dem Urteil NJW 2004, Seite 3413.
Stimmenthaltungen bleiben bei der Zählung außer Betracht, es entscheidet also immer – von der Feststellung der generellen Beschlussfähigkeit abgesehen – die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Findet sich in einer Gemeinschaftsordnung noch ein abweichende Mehrheitsqourum, ist es empfehlenswert, ergänzend hiernach auszuzählen und anschließend festzustellen, ob nach beiden Quoren (Gesetz und Gemeinschaftsordnung) die erforderliche Mehrheit erzielt wurde.
Verbot der Rückwirkung
Unklare Verteilerschlüssel können nicht nachträglich durch andere Verteilerschlüssel ersetzt werden, wenn über die betreffende Abrechnungsperiode bereits abgerechnet wurde. Eine nachträgliche Beschlussfassung sollte sich daher nicht mit dem Verteilerschlüssel aus der vergangenen Periode auseinander setzen, sondern von vornherein auf den Interessenausgleich der Wohnungseigentümer aufgrund der unklaren Abrechnungssituation gerichtet sein. Nach der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung ist die Veränderung eines Verteilerschlüssels auch innerhalb des betreffenden Abrechnungszeitraums rechtswidrig, wenn zwar noch keine Abrechnung erstellt wurde, jedoch die Abrechnungsperiode bereits begonnen hat. Denn auch dies wird als Fall der unzulässigen Rückwirkung angesehen. Ein derartiger Beschluss ist allerdings nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (OLG Hamm ZMR 2007, S. 293(295)).
Sonderproblem: Änderung eines Verteilerschlüssels in der Teilungserklärung
Noch nicht restlos geklärt ist die Frage, ob die Befugnis zur Änderung eines Umlageschlüssels auch denjenigen Fall mit umfasst, in welchem die Teilungserklärung einen Verteilerschlüssel enthält, welcher bereits einen von der gesetzlichen Regel abweichenden Abrechnungsmodus festlegt. Das Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 06.10.2008 – Az. 102 C 1026/07 hat hierzu die Auffassung vertreten, dass “die Änderung der Änderung” des gesetzlichen Verteilerschlüssels von der gesetzlichen Ermächtigung des § 16 Abs. 3, Abs. 5 WEG nicht gedeckt sei. Denn die Änderung der Teilungserklärung setzt auch nach der WEG-Rechtsreform eine einstimmige (sog. allstimmige) Beschlussfassung voraus. Das AG Hamburg argumentierte, dass wegen des Wortlautes des neuen § 16 Abs. 3 BGB, der nur von der Änderung des gesetzlich in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten Verteilungsschlüssels spreche, der Schlüssel in einer Teilungserklärung nicht mit einfacher Mehrheit geändert werden könne (vgl. zum entsprechenden Rechtsgedanken auch BGH Urteil vom 20.09.2000 Az. V ZB 58/99). Bislang ist diese Entscheidung des AG Hamburg allerdings ohne Nachfolger geblieben. Zutreffend gehen andere Gerichte davon aus, dass mit der gesetzlichen Neuregelung jeglicher Verteilerschlüssel mit einfacher Mehrheit geändert werden kann, denn nur dies entspreche dem Sinn und Zweck der Regelung.
Empfehlung: Teilungserklärung aktualisieren
Nur der Verteilerschlüssel in einer Teilungserklärung ist geeignet, Wirkung auch für die Rechtsnachfolger der Wohnungseigentümer zu entfalten. Eine seltene Alternative ist die direkte Eintragung eines Verteilerschlüssels im Grundbuch.
Dies wird vor allem im Falle eines Verkaufs relevant. Der einfache Beschluss wirkt nur für und gegen diejenigen Eigentümer, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits im Grundbuch als Eigentümer eingetragen waren. Eine Aufnahme in die Teilungserklärung ist nur entbehrlich, wenn ohnehin der gesetzlich vorgesehene Verteilerschlüssel gewählt werden soll (siehe oben).
Vorrang der Spezialgesetze
Umlegungsmaßstäbe nach der Heizkostenverordnung sind ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben und damit verbindlich auch ohne Beschlussfassung und ohne Erwähnung in der Teilungserklärung. Ähnliches gilt für andere Spezialgesetze.
Achtung Eichgesetz
Das Eichgesetz schreibt die strikte Verbrauchserfassung ausschließlich mit geeichten Meßgeräten vor. Nach einer Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 23. März 2005, Az. 2Z BR 236/04 (WuM 2005, 479 (480)) ist eine Verbrauchserfassung mit ungeeichten Geräten ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 Nr. 3 Eichgesetz und damit eine Kostenverteilung nach einem solcherart erfassten Verbrauch unzulässig und unwirksam. Eine solche Verbrauchserfassung widerspricht als rechtswidrig den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und kann außerdem bei Verschulden zur Haftung des WEG-Verwalters führen.