In der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer werden die Geschicke der Gemeinschaft durch Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung bestimmt. Die Mehrheitsverhältnisse hängen maßgeblich davon ab, wie durch Gesetz und Teilungserklärung die Stimmrechte verteilt sind. Immer wieder provozieren auslegungsbedürftigen Teilungserklärungen und Veränderungen in den Eigentumsverhältnissen gerichtliche Auseinandersetzungen.
Zulässigkeit der Feststellungsklage
Besteht Uneinigkeit in der Eigentümerversammlung über die Stimmrechte, kann das Gericht unmittelbar mit dieser Fragestellung angerufen werden. Es muss nicht eine konkrete Beschlussfassung abgewartet und dann angefochten werden. Dem Gericht gegenüber muss nur sinngemäß der Antrag formuliert werden, dass es feststellen möge, dass einem konkreten Eigentümer hinsichtlich einer konkreten Einheit ein Stimmrecht zustehe oder nicht zustehe.
Kopfstimmrecht als gesetzliche Regel
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 WG gilt das Kopfprinzip. Danach hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme. Mit dieser etwas undeutlichen Formulierung meint das Gesetz, dass jeder Eigentümer eine Stimme hat, unabhängig davon, wie viele Wohnungen oder sonstige Einheiten er innerhalb der Gemeinschaft besitzt. Insbesondere kommt es auch nicht darauf an, welche Miteigentumsanteile in den einzelnen Wohnungen verkörpert sind.
Abweichende Regelungen in der Teilungserklärung
Die Teilungserklärung mitsamt so genannter Gemeinschaftsordnung, welche meist Teil dieser notariellen Urkunde ist, bildet gewissermaßen das Grundgesetz der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Eigentümer können beschließen, dass die Teilungserklärung zu ändern ist. Sie können dann jegliche Abweichungen in der Bestimmung der Stimmrechte beschließen, wenn nicht wesentliche Grundgedanken des Wohnungseigentumsgesetzes verletzt werden. Für einen derartigen Beschluss ist Einstimmigkeit erforderlich.
Nachträgliche Aufteilung des Wohnungseigentum
In einem vom Bundesgerichtshof am 27 April 2012 (Urteil zum Aktenzeichen V ZR 211/11) entschiedenen Fall schwieg die Teilungserklärung zur Frage der Stimmrechte. Ein ganzes Hinterhaus bildete nur eine einzige Einheit. Die Eigentümerin dieser Einheit teilte ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer das Hinterhaus in neun selbstständige Einheiten auf und veräußerte anschließend das neu geschaffene Wohnungseigentum. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes führt die nachträgliche Aufteilung und Veräußerung eines Wohnungseigentumsrechts ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer unter der Geltung des Kopf-oder des Objektsstimmrechts nicht zu einer Vermehrung der Stimmrechte. Zwar bedarf die spätere Aufteilung nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer. Auch die anschließende Veräußerung einer neu geschaffenen Einheit ist zustimmungsfrei, wenn nicht in der Teilungserklärung etwas anderes bestimmt ist. Diese Befugnisse des teilenden Wohnungseigentümer setzen aber voraus, dass der Status der übrigen Wohnungseigentümer gewahrt wird.
Schutz der Interessen der übrigen Wohnungseigentümer
Für den Bundesgerichtshof ist entscheidend, ob die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer im Zuge einer Aufteilung und Veräußerung gewahrt bleiben. Er sieht dies nur dann als gewährleistet, wenn die ursprüngliche Stimmenzahl keine Änderung erfährt.
Aufteilung des Stimmrechts in Bruchteile
Das bestehende Stimmrecht ist wegen der Selbstständigkeit der neu geschaffenen Einheiten von deren Erwerbern nach Bruchteilen und nicht analog § 25 Abs. 2 Satz 2 BGB zur gesamten Hand auszuüben; diese für das Objektstimmrecht bereits entschiedene Rechtsfolge gilt in gleicher Weise für das Kopfstimmrecht, wenn die neu geschaffenen Einheiten an unterschiedliche Erwerber veräußert werden, so der Bundesgerichtshof in der bereits erwähnten Entscheidung von 27. April 2012 mit weiteren Nennungen früherer Senatsurteile.
Vermehrung von Stimmrechten durch Veräußerung beim Kopfstimmrecht
Bei der Geltung des Kopfstimmrechts kann hingegen durchaus eine nachträgliche Vermehrung von Stimmrechten eintreten, wenn ein Eigentümer mehrere Einheiten hält und diese sukzessive veräußert.
Schutzbedürfnis der anderen Eigentümer richtet sich nach der Teilungserklärung
Was in der Teilungserklärung geregelt ist, muss ein Wohnungseigentümer gegen sich gelten lassen. Damit bestimmt der Bundesgerichtshof die Reichweite des Schutzbedürfnisses auch nach der Teilungserklärung. Zu beantworten ist also die Frage, ob die Vermehrung der Stimmrechte in der Teilungserklärung bereits angelegt und damit vorhersehbar ist oder nicht. Hält ein Eigentümer mehrere Einheiten, ist jederzeit damit zu rechnen, dass aufgrund des Kopfstimmrechts bei einer Veräußerung an Dritte neue Stimmrechte entstehen. Daran fehlt es hingegen, wenn eine Einheit nachträglich ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer aufgeteilt und die neu geschaffenen Einheiten veräußert werden. Das Argument, dass auch die neuen Erwerber insoweit schutzbedürftig sind, weil ein Bruchteilstimmrecht von vornherein nur zu einer Rolle in der Eigentümerversammlung zweiter Klasse gegenüber den Ursprungseigentümern führt, lässt der Bundesgerichtshof nicht gelten. Denn künftige Erwerber können sich vor dem Erwerb durch Einsicht in Teilungserklärung entsprechend informieren. Der teilende und zwar äußernde Verkäufer hat im übrigen diesbezüglich eine Hinweispflicht. Es darf sich nicht zulasten der übrigen Wohnungseigentümer auswirken, wenn er im Einzelfall seinen kaufvertraglichen Pflichten nicht nachkommen sollte.
Unbeachtlichkeit der Zustimmung des Verwalters
Die Zustimmung des Verwalters kann nicht die Zustimmung der übrigen Eigentümer ersetzen. Das in der Teilungserklärung vorgesehene Zustimmungserfordernis bezieht sich seiner Richtung nach nicht auf das Stimmrecht. Zwar ist der Verwalter auch Vertreter der Wohnungseigentümer. Jedoch hat die Zustimmungserklärung des Verwalters eine andere Qualität. Sie enthält der Sache nach nur die Erklärung, dass aus Verwaltersichtch keine Einwendungen gegen die Person des neuen Eigentümers bestehen, insbesondere nicht zu befürchten ist, dass störende oder zahlungsunfähige Personen in die Gemeinschaft eindringen könnten, siehe auch Klein in Bärmann, WEG, 11. Auflage, § 12 Rn. 1 mwN). Der Unterschied in der Qualität wird auch daran deutlich, dass in der Regel sogar ein klagbarer Anspruch auf Erteilung der Zustimmung besteht, wenn der Verwalter keinen wichtigen Grund für eine Versagung geltend machen kann. Einen Anspruch auf Zustimmung zur Aufteilung gegenüber den übrigen Eigentümern mit der Folge einer Vermehrung der Stimmrechte bis hin zur Majorisierung besteht hingegen grundsätzlich nicht, sondern eine nachträgliche Vermehrung der Stimmrechte kann grundsätzlich nur durch eine (freiwillige) allstimmige Vereinbarung der Wohnungseigentümer erreicht werden.