Oft stellen Immobilienverkäufer den Erwerbern Bankbürgschaften zur Verfügung verbunden mit der Aufforderung, nunmehr ohne Beachtung der im Kaufvertrag geregelten Fälligkeitsvoraussetzungen den Kaufpreis oder einen erheblichen Teil hiervon an den Bauträger zu bezahlen. Tatsächlich hängt die Berechtigung einer solchen Forderung von vielen Voraussetzungen ab, denen oftmals zu wenig Beachtung geschenkt wird.
Die Makler-und Bauträgerverordnung
Die Freistellung von kaufvertraglichen Fälligkeitsvoraussetzungen durch Stellung einer Bankbürgschaft ist im Grundsatz gesetzlich geregelt. Die entsprechende Vorschriften finden sich insbesondere in den § § 3 und 7 der Makler und Bauträgerverordnung. Hiernach muss die sogenannte MaBV-Bürgschaft zum einen einen gesetzlich näher geregelten Umfang haben, der anhand des Wortlautes der Bürgschaftsurkunde genau überprüft werden muss. Zum anderen muss der notarielle Kaufvertrag die Möglichkeit der Stellung der Bankbürgschaft bereits vorsehen. Nicht zu verwechseln ist diese Bürgschaft mit der so genannten Fertigstellungsbürgschaft gemäß § 632a BGB. Bei dieser geht es um den so genannten Fertigstellungseinbehalt von 5 % der Kaufsumme. Dieser Einbehalt wird entweder von der ersten Kaufpreisrate abgezogen oder sukzessive verteilt auf sämtliche Kaufpreisraten, die sich dann jeweils um 5 % vermindern. Will der Verkäufer diesen Abzug vermeiden, so stellt er die Fertigstellungsbürgschaft zu Verfügung. Diese ist nicht Gegenstand dieses Artikels.
Der Umfang der MaBV-Bürgschaft
Die MaBV-Bürgschaft soll den Erwerber wirtschaftlich so stellen, dass das Risiko, eigene berechtigte Forderungen, insbesondere wegen Mängeln des Bauwerks oder im Falle der Rückabwicklung auf Rückzahlung des Kaufpreises, durchzusetzen, trotz der durch die Bürgschaft ausgelösten Vorleistungsverpflichtung jedenfalls nicht größer ist als in dem vertraglich geregelten Fall der erst nachträglichen Zahlung. Der notarielle Kaufvertrag ist zwingend nämlich so gestaltet, dass Zahlungen des Erwerbers nur in dem Umfange zu leisten sind, wie zumindest die Baugenehmigung vorliegt, der Anspruch auf Eigentumsumschreibung im Grundbuch durch eine Vormerkung gesichert ist und die Bauarbeiten tatsächlich im jeweiligen Teilumfang bereits abgeschlossen sind. Das Vorleistungsrisiko soll also beim Bauträger liegen. Dem Erwerber stehen deshalb die klassischen Gegenrechte wie das Zurückbehaltungsrecht und das Recht zur Aufrechnung gerade auch in Anbetracht der bereits erbrachten Bauleistungen zu. Von entscheidender Bedeutung ist deshalb bei Stellung einer Bankbürgschaft, zunächst zu klären, von welchen Vorleistungsverpflichtungen der Bauträger eigentlich freigestellt wird. Geht es nur darum, bereits vor Eingang sämtlicher für den Vollzug des Vertrages erforderlicher Genehmigungen, etwa der behördlichen Sanierungsbehörde, vor Eintragung der Vormerkungen, vor Vorliegen der Baugenehmigung oder vor verbindlicher Freistellungserklärung hinsichtlich der vorrangigen Grundpfandrechte (Grundschulden oder Hypotheken) Zahlungen des Erwerbers entgegennehmen zu dürfen, so muss eine solche Bürgschaft nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Mängelansprüche des Erwerbers nicht mit abdecken, denn die Zahlungspflicht nur je nach Baufortschritt bleibt von der Stellung der Bürgschaft unabhängig, so dass die Rechte des Erwerbers wegen Mängeln am Bauwerk nicht verkürzt werden (BGH Urteil vom 9. Dezember 2010 Aktenzeichen VII ZR 206/09, NJW 2011, Seite 1147). Im echten Vorausleistungsfall hingegen soll der Erwerber nach Stellung der Bürgschaft auch dann bereits Zahlung leisten, wenn die Bauarbeiten eben noch nicht entsprechend dem ursprünglichen Ratenzahlungsplan fortgeschritten sind. Er kann also etwaige Mängel am Bauwerk erst dann beurteilen und entsprechende Ansprüche geltend machen, wenn er längst Zahlung geleistet hat. Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnungsrecht laufen somit leer. Deshalb muss in diesen Fällen die Bürgschaft hinreichend deutlich auch sämtliche Haftungsfälle (Aufwendungsersatz wegen Mangelbeseitigung, Vorschuss hierfür, Schadenersatz, Minderung) abdecken. Bedenklich ist im Zusammenhang die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Mittelbayerische Notarzeitschrift 2003 Seite 216, wonach allerdings nicht Ansprüche aus einem Verzugsschaden abzudecken sind. Als absolute Untergrenze für eine genügend weite Formulierung der Sicherungsabrede ist die ungekürzte Übernahme des Gesetzestextes, wonach die Bürgschaft zu gelten hat “für alle etwaigen Ansprüche des Auftraggebers auf Rückgewähr oder Auszahlung seiner Vermögenswerte”, vergleiche § 7 Abs. 1 Satz 1 Makler und Bauträgerverordnung. Es soll nicht verschwiegen werden, dass namhafte Stimmen in der Literatur gegenüber Verbrauchern die vollständige Befreiung des Bauträgers vom Zahlungsplan nach Baufortschritt für gänzlich unzulässig halten, auch wenn eine umfangreiche Bürgschaft gestellt wird (so Basty NJW 2011, S. 1350).
Übergabe im Original oder Verwahrung beim Notar
Der Erwerber ist zur Zahlung verpflichtet, wenn er das Original der Bürgschaftsurkunde in Händen hält. Die Übergabe einer beglaubigten Abschrift genügt nicht. Entsprechende Formulierungen in notariellen Kaufverträgen mit Verbrauchern dürften jedenfalls im Bauträgerbereich, wo regelmäßig für eine Mehrfachverwendung ausgelegte Verträge im Umlauf sind, wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam sein (vgl. auch BGH ZfIR 2007, s. 233). Eine Verwahrung beim Notar genügt allerdings dann, wenn der Erwerber diesen durch separate Vereinbarung mit entsprechender Treuhandabrede hierzu legitimiert hat. Ansonsten stellt es eine unzulässige Verkürzung der Rechte des Erwerbers dar, diesem nicht selbst den Besitz an der Urkunde zu verschaffen, denn nur die Originalurkunde ermöglicht unumschränkt die Geltendmachung der Rechte aus der Bürgschaft im Sicherungsfall..
Fazit
Die Stellung einer Bankbürgschaft beim Immobilienkaufvertrag geschieht oftmals auf rechtlich unsicherem Terrain, weil der sonst sehr ausführliche Kaufvertrag gerade für diese Vollzugsvariante meist nur wenige Bestimmungen enthält. Tatsächlich werden aber wesentliche Teile des Kaufvertrages faktisch durch die Stellung einer Bankbürgschaft obsolet. Die oben aufgezeigten Gesichtspunkte stellen nur einen kleinen Ausschnitt denkbarer Fallen und Schwierigkeiten dar. Spätestens dann, wenn ein Bauprojekt Krankheitssymptome wie einen schleppenden Baufortschritt zeigt, ist der Druck des Bauträgers auf den Vollzugsnotar in der Regel groß, eine vorzeitige Fälligstellung der weiteren Kaufpreisraten zu erreichen. Es ist dann große Vorsicht geboten, weil trotz der Makler-und Bauträgerverordnung sehr viele unzulässige vertragliche Gestaltungen im Umlauf sind und Bürgschaftsurkunden zulasten der Erwerber übermäßig eingeschränkte Sicherungszweckerklärungen enthalten – häufig in fahrlässiger Unkenntnis seitens des Notars. Auch gegenüber einem Amtsträger wie dem deutschen Notar ist es regelmäßig angebracht, kein blindes Vertrauen zu zeigen, sondern selbstständig auf die Wahrung der Rechte aus dem Kaufvertrag zu achten. Mehr Überblicksinformationen zum Immobilienkaufvertrag finden Sie unter → Der notarielle Kaufvertrag über eine Immobilie – eine Prüfungsliste.