Erbe, Erbschein und Testament im Grundbuchverkehr

Nach § 35 Grundbuchordnung kann der Nachweis der Erbfolge vor dem Grundbuchamt nur durch einen Erbschein geführt werden. Nur dann, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, also einem Testament, beruht und dieses Testament notariell beurkundet und eröffnet ist, genügt die Vorlage des eröffneten Testamentes anstelle des Erbscheins. Wenn das Grundstück weniger als 3000 € wert ist und die Beschaffung des Erbscheins nur mit unverhältnismäßigen Aufwand und Kosten oder Mühe möglich ist, darf das Grundbuchamt von diesen Beweismitteln absehen. Wenn also die Abfolge nur auf einem handschriftlichen Testament beruht, muss ein Erbschein vorgelegt werden, so ausdrücklich Meikel/Roth Grundbuchordnung § 35 Rn. 14.

Einziehung des unrichtigen Erbscheins

Auch ein unrichtiger Erbschein ist grundsätzlich ausreichende Grundlage für die Eintragung durch das Grundbuchamt, es sei denn, die Unrichtigkeit ist dem Grundbuchamt zuverlässig und sicher bekannt. Ein unrichtiger Erbschein muss eingezogen werden. Selbst die Erteilung durch ein zuständiges Amtsgericht führt zu Unrichtigkeit, Bayerisches Oberstes Landesgericht Rechtspfleger 1975, Seite 304. Der Erbschein ist in diesem Fall sogar nichtig. Erteilt anstelle des an sich zuständigen Richters der Rechtspfleger den Erbschein, muss auch dieser Erbschein eingezogen werden, es sei denn es war eine Übertragung nach § 16 Abs. 3 Rechtspflegergesetz möglich. Die abweichende Auffassung des Kammergerichts ZEV 2005, S. 255 überzeugt nicht.

Keine Prüfungspflicht durch das Grundbuchamt hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit

Das Grundbuchamt ist weder berechtigt, noch verpflichtet, die Richtigkeit des Erbscheins zu überprüfen, denn § 2365 BGB stellt für jedermann die Vermutung der Richtigkeit auf. Das Grundbuchamt verlangt deshalb auch nicht die Vorlage einer Sterbeurkunde. Einer offenkundigen Unrichtigkeit muss das Grundbuchamt allerdings nachgehen.

Weitere Formalitäten

Vorzulegen ist entweder die Urschrift oder eine Ausfertigung des Erbscheins. Eine beglaubigte Abschrift reicht nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes BGH NJW 1982, Seite 170, nicht aus. Gewisse Ausnahmen sollen dann gelten, wenn die Eintragungsanträge durch einen Notar gestellt werden. Diesbezügliche Einzelheiten würden den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Ausnahme der Vorlage des Erbscheins bei Vorsorgevollmachten

Überträgt der durch eine Vorsorgevollmacht Bevollmächtigte ein Grundstück, muss er nach § 40 Grundbuchordnung keinen Erbnachweis führen. Vielmehr reicht der Nachweis des Bestehens der Vollmacht über den Tod hinaus aus. Zu beachten ist allerdings die grundsätzlich jederzeit mögliche Aufhebung der Vollmacht durch eine Widerrufserklärung der von der Person des Bevollmächtigten unterschiedlichen Erben.

Vorlage eines notariell beurkundeten Testamentes

Wird dem Grundbuchamt anstelle des Erbscheins ein notariell beurkundetes und eröffnetes Testament vorgelegt, muss es selbst die letztwillige Verfügung des Erblassers auslegen und hierbei die gesetzlichen Auslegungsregeln anwenden, Bayerisches Oberstes Landesgericht Rechtspfleger 1995, Seite 249. In Zweifelsfällen tut das Grundbuchamt gut daran, einen Erbschein zu verlangen.

Die Beschleunigung der Umschreibung des Grundbuches durch eine sogenannte Zwischeneintragung

Nach § 40 Abs. 1 der Grundbuchordnung muss nicht immer derjenige, der die Umschreibung des Grundbuches zu Gunsten eines Dritten beantragt, selber bereits als Berechtigter eingetragen sein. Dieser sogenannte Voreintragungsgrundsatz ist durch § 39 der Grundbuchordnung festgeschrieben. Hiernach soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist.

Der Erbe des eingetragenen Berechtigten als Antragsteller im Grundbuchverfahren

Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so kann diese Person die Übertragung oder die Aufhebung des Rechtes gegen Nachweis der Erbenstellung ohne Voreintragung bewirken. Das gleiche gilt für den Testamentsvollstrecker, § 40 Abs. 2 Grundbuchordnung. Als Erbe gelten insoweit nicht nur der Alleinerbe, sondern auch die Erbengemeinschaft, Vorerben, Nacherben sowie Ersatzerben.

Die Verfügungsbefugnis des Vorerben im Grundbuchverfahren

Die Frage, ob der Vorerbe befreit oder nicht befreit ist, mit anderen Worten ob er alleine handeln darf oder der Zustimmung des Nacherben bedarf, ist nach materiellen Recht zu beantworten und daher keine relevante Frage im Rahmen des § 40 Grundbuchordnung, so die herrschende Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur, nachgewiesen in Demharter, Kommentar zur Grundbuchordnung § 40, Rn. 3-7.

Entsprechende Anwendung bei der BGB Gesellschaft

Wird eine BGB Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst, sondern fortgesetzt, so findet § 40 Grundbuchordnung entsprechende Anwendung auf diesen Gesellschafterwechsel, Kammergericht Rechtspfleger 1992, Seite 430. Auch bei Zugrundelegung der seit der Jahrtausendwende ganz herrschenden Meinung über die Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt nichts anderes. Abzugrenzen ist dieser Fall allerdings von demjenigen beim sogenannten gewillkürten Gesellschafterwechsel, wenn also der Gesellschafterbestand anders als durch den Tod sich verändert. In diesen Fällen ist der Rechtsvorgänger selbst nicht untergegangen. Wird allerdings ein Anteil mehrfach nacheinander abgetreten, ohne dass entsprechende Zwischeneintragungen erfolgt sind, würde die Voreintragung derjenigen Gesellschafter, die ihren Anteil bereits abgetreten haben, das Grundbuch unrichtig machen. Insoweit ist Hügel, Grundbuchordnung, § 40 Rn. 16 Recht zu geben, dass faktisch als Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz nur die aktuellen Gesellschafter eingetragen werden können.

Die Übertragungsfälle

Die anerkannten Übertragungsfälle im Rahmen des § 40 GBO sind die Abtretung und insbesondere die Auflassung, jedoch nicht die reine Eintragung von Belastungen, RGZ 88, Seite 345. Ein anerkannter Fall ist hingegen die Eintragung einer Vormerkung und eines Widerspruchs, Kammergericht JFG 7, S. 372.

Fortgeltende Erklärungen des Erblassers

hat noch der Erblasser die erforderlichen Erklärungen abgegeben, insbesondere Bewilligung oder Auflassung, gelten diese nach seinem Tod fort, vergleiche auch § 130 Absatz 2 BGB. Dann kann auch ohne Beachtung von § 40 GBO jede Erklärung im Grundbuch vorgenommen werden.

Zwischeneintragung bleibt zulässig

Meistens wegen zusätzlicher Kosten wird eine Zwischeneintragung nicht im Interesse des Erben liegen. Dennoch kann kann er aus freien Stücken hierauf bestehen. Das Grundbuchamt ist nicht berechtigt, Nachfrage zu halten.

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