Ende der Unterhaltspflicht bei Begründung einer neuen Partnerschaft

Ende der Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen Ehegatten bei Begründung einer neuen Partnerschaft

Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt und Belange gemeinsamer Kinder gewahrt bleiben, § 1579 Nummer 2 BGB.
Wann liegt eine solche verfestigte Lebensgemeinschaft vor? Der Bundesgerichtshof zieht die Parallele zur eheähnlichen Gemeinschaft, also im weiteren Sinne zu Lebensverhältnissen von Partnern, die verheiratet sind oder jedenfalls heiraten möchten. Beurteilt werden die Verhältnisse ohne eine Verschuldensprüfung, das heißt, es kommt nicht darauf an, ob dem grundsätzlich unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten irgend ein sittlich-moralischer Vorwurf gemacht werden kann. Maßgeblich sind allein objektiv feststellbare Kriterien, insbesondere
– Ein gemeinsamer Haushalt
– gemeinsames Auftreten in der Öffentlichkeit
– die Schaffung gemeinsamer Vermögenswerte, insbesondere Immobilien.
Außerdem muss die Gemeinschaft bereits verfestigt sein, es kommt also auf die Dauer an. Nach 2-3 Jahren nachweislichem Bestehen einer engeren Beziehung geht die Rechtsprechung regelmäßig vom Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit neuem Partner aus, vergleiche beispielsweise die Entscheidung des Bundesgerichtshofes Neue Juristische Wochenschrift 2002, Seite 1947.
Dauer des Zusammenlebens
Im Ausnahmefall können aber auch deutlich kürzere Zeitspannen genügen. Dies gilt insbesondere dann, wenn nachweisliche Indizien dafür bestehen, dass die Lebensgemeinschaft über den aktuellen Bestand hinaus mit aller Wahrscheinlichkeit mehrere Jahre noch bestehen wird und die Partner bereits entsprechend geplant haben. Ein wesentliches Indiz hierfür ist, wenn sie sich gegenüber Dritten entsprechend geäußert haben oder bereits gemeinsam entsprechende Dispositionen getroffen haben. Die gemeinsame Anmietung einer Wohnung gehört nach den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen allerdings noch nicht dazu. Nicht zu folgen ist deshalb dem Urteil des Oberlandesgerichtes Oldenburg NJW 2012, Seite 2450, wonach die Lebensgemeinschaft auch nur ein Jahr bestanden haben muss, wenn die Partner daraufhin eine gemeinsame Wohnung anmieten.

Verfestigte Lebensgemeinschaft auch in getrennten Wohnungen

Auch in getrennten Wohnungen können Lebenspartner bereits eine verfestigte Lebensgemeinschaft bilden, die nach dem erwähnten § 1579 Nummer 2 BGB den Fortbestand eines nachehelichen Ehegatten Unterhaltsanspruchs ausschließt. Auf einen gemeinsamen Haushalt kommt es insbesondere dann nicht an, wenn nachweislich beide Lebenspartner bereits auf Dauer gemeinsam wirtschaften und sich laufend wechselseitig bzw. einseitig unterstützen. In einer solchen Konstellation spricht der Bundesgerichtshof von einem Wirtschaften wie in einer Ehe, vergleiche BGH NJW 2002, Seite 1947.

Auftreten als eheähnliche Gemeinschaft in der Öffentlichkeit

Allein das Auftreten als eheähnliche Gemeinschaft in der Öffentlichkeit kann zum Verwirkungstatbestand der verfestigten Lebensgemeinschaft führen. Auch in dieser Konstellation müssen die Partner noch nicht zwingend in gemeinsamen Wohnungen leben. Es kann genügen, wenn wiederholt Urlaube und Festtage gemeinsam verbracht werden. Besondere Bedeutung hat auch das Verhalten des (neuen) Partners gegenüber nicht gemeinschaftlichen Kindern, die der geschiedene Ehegatte aus der alten Ehe in die neue Beziehung bringt. Spätestens dann, wenn die Kinder angehalten werden, den neuen Partner als Papa oder Mama anzusprechen, wird man von einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit neuem Partner auszugehen haben, vergleiche die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm Familienrecht Zeitung 2000, Seite 229.

Rechtsfolgen

Verhandeln die geschiedenen Ehegatten über den Unterhalt, ist der Verwirkungstatbestand unkompliziert geltend zu machen. Liegt bereits ein wirksamer gerichtlicher Vergleich oder ein gerichtliches Urteil vor, kann der Unterhaltsverpflichtete geschiedene Ehegatte auch noch nachträglich über ein gerichtliches Abänderungsverfahren das Ende der Unterhaltspflicht feststellen lassen, wenn der ursprünglich unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte die Herausgabe des Titels verweigert. Gefährlich sind Vergleiche und laufende Unterhaltsverfahren, in welchen dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten das Bestehen einer Lebensmannschaft bereits bekannt ist, er es aber versäumt, den Verwirkungsgrund bereits geltend zu machen bzw. es ihm nicht gelingt, das Vorliegen eines solchen nachzuweisen. Wenn dann späterhin durch weiteren Zeitablauf der Verwirkungsgrund sich weiter manifestiert, kann es dem Unterhaltsverpflichteten verwehrt sein, einen gegen ihn ergangenen Unterhaltstitel oder einen abgeschlossenen Vergleich abzuändern.

Zusammenfassung

Die Kennzeichen einer verfestigten Lebensgemeinschaft gemeinsamer Haushalt, gemeinsames Auftreten der Öffentlichkeit und die Schaffung gemeint, Vermögenswerte sowie die reine Dauer der Beziehung stehen in enger Wechselwirkung je stärker das eine Merkmal ausgeprägt ist, desto eher kann auf das Vorliegen der anderen Merkmale verzichtet werden. In der Praxis am schwierigsten ist allerdings oftmals der gerichtsfeste Nachweis. In manchen Fällen kann es sich lohnen, einen Privatdetektiv einzuschalten. Wenn jedenfalls Anhaltspunkte für das Vorliegen einer neuen Beziehung bestehen, sollte keinesfalls versäumt werden, den Verwirkungsgrund geltend zu machen. Ob er in der gerichtlichen Auseinandersetzung dann bejaht wird, ist eine andere Frage. Oftmals genügt schon der lückenhafte Vortrag, um das Gericht im eigenen Sinne zu beeinflussen. Auch wenn das Merkmal einer verfestigten Lebensgemeinschaft von dem Gericht nicht ausdrücklich bejaht wird, erhält der Unterhaltsverpflichtete Ehegatte oftmals an anderer Stelle einen gewissen Bonus, weil jedenfalls fest steht, dass die Verpflichtung zur nachehelichen Solidarität zumindest durch das Eingehen einer neuen Partnerschaft, ob nun gefestigt oder nicht, bereits gelockert worden ist.

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