Die Grundsicherung wurde im Jahre 2003 durch das so genannte Grundsicherungsgesetz eingeführt und sollte vor allen Dingen auch sicherstellen, dass ältere Menschen, die früher aus Scham keine Sozialhilfe beantragt haben, dennoch bei entsprechender Bedürftigkeit ausreichende Hilfe zum Lebensunterhalt erlangen. Außerdem ist es eine Besonderheit der Grundsicherung im Vergleich zur Sozialhilfe, dass der Rückgriff auf die eigenen Kinder und Verwandten nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben nur im Ausnahmefall möglich ist. Erst ab einem Einkommen der Kinder in Höhe von mehr als 100.000 Euro pro Jahr kommt der Rückgriff in Betracht. Auch der Rückgriff auf die Erben ist auf Ausnahmefälle beschränkt.
Mit der großen Reform 2005 wurde die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zusammen mit der Sozialhilfe im neuen Sozialgesetzbuch XII zusammengefasst. Im Zuge dessen wurden zahlreiche Vorschriften der Grundsicherung geändert. Insbesondere wurden Leistungen der früheren Sozialhilfe in die Grundsicherung integriert.
Sinn und Zweck der Grundsicherung
Die Grundsicherung soll vor Sozialhilfe bewahren. Sie richtet sich an ältere Menschen und dauerhaft vollerwerbsgeminderte Menschen. Sie ist keine fest auszuzahlende Rente, sondern eine Aufstockung zum vorhandenen Einkommen und Vermögen. Deshalb muss sie auch unter Angabe der jeweiligen aktualisierten Einkommensverhältnisse immer wieder neu beantragt werden.
Die Zusammensetzung der Grundsicherung
Der Schlüsselbegriff der Grundsicherung ist der Grundsicherungsbedarf. Er setzt sich aus mehreren Einzelleistungen zusammen. Die Hauptbestandteile sind der so genannte Regelsatz, die Kosten für Unterkunft und Heizung sowie die Leistungen für Mehrbedarfe.
In Ausnahmefällen gehört zum Grundsicherungsbedarf auch ein einmaliger Bedarf aufgrund bestimmter Notlagen. Hier kann es sogar zur Übernahme von Schulden kommen.
Die Regelsätze
Der Eckregelsatz im gesamten Bundesgebiet beträgt derzeit 359 Euro, bei zusammenlebenden Ehegatten sind es 323 Euro, bei Haushaltsangehörigen ab 14 Jahren 287 Euro.
In einzelnen Regionen gibt es so genannte regionale Regelsätze, deren Darstellung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.
Rechenschema
Die Berechnung des Grundsicherungsanspruchs erfolgt in drei Schritten:
Zunächst wird der Grundsicherungsbedarf ermittelt. Er setzt sich vereinfacht ausgedrückt aus dem maßgeblichen Regelsatz und den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie einem gegebenenfalls anzuerkennenden Mehrbedarf (hierzu siehe unten) zusammen.
Im zweiten Schritt wird das eigene bereinigte Einkommen ermittelt. Die eigenen berücksichtigungsfähigen Einkünfte werden gekürzt um anzuerkennende regelmäßige Abzüge. Auch hierzu wird auf die näheren Ausführungen im weiteren Verlauf dieses Artikels verwiesen.
Im dritten Schritt wird von dem ermittelten Grundsicherungsbedarf das bereinigte eigene Einkommen abgezogen. In Höhe der Differenz besteht dann grundsätzlich der Anspruch auf Grundsicherung, es sei denn, das sonstige Vermögen des Antragstellers ist von ihm vorrangig aufzubrauchen (auch hierzu nähere Ausführungen unten).
Bei zusammenlebenden Eheleuten und Lebenspartnern ist das Rechenschema identisch, allerdings werden die laufenden Kosten und Abzüge gleichmäßig auf beide verteilt, und im dritten Rechenschritt ein etwaiger Überschuss des einen Ehegatten auf den Bedarf des anderen gewissermaßen wie eine unterhaltsgleiche Leistung angerechnet. Auf diese Weise wird dem Umstand Rechnung getragen, dass innerhalb bestehender Ehe und gefestigter Partnerschaft beide Teile gemeinsam wirtschaften und wechselseitig zu Unterstützung verpflichtet sind. Bei erheblich unterschiedlichen Einkommensverhältnissen bzw. besonderen Belastungen nur bei einem Ehegatten ist allerdings das Rechenschema zu modifizieren. Einzelheiten sollten ggf. mit einem Rechtsanwalt besprochen werden.
Weitere Vergünstigungen
Bezieher der Grundsicherung sind von der Rundfunkgebührenpflicht (GEZ) befreit. Zuzahlungen zu Arzneimitteln und Telefongebühren können erlassen oder reduziert werden. Viele andere Einrichtungen gewähren Rabatte und Sonderpreise.
Das Antragsverfahren
Grundsicherung wird nur auf Antrag gewährt. Der Bewilligungszeitraum beträgt in der Regel zwölf Monate. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form und kann streng genommen sogar telefonisch gestellt werden. Um für den laufenden Monat den Leistungsanspruch nicht zu gefährden, sollte gegebenenfalls zunächst ein formloser Antrag telefonisch oder als kurzes Schreiben gestellt werden, um erst anschließend anhand des vom Grundsicherungsamt zugesandten Antragsformulars ergänzende Angaben zu machen. Das zuständige Grundsicherungsamt ist grundsätzlich das örtliche Sozialamt bzw. dieörtlich eingerichtete Grundsicherungsstelle. Eine unzuständige Behörde ist verpflichtet, einen Antrag weiterzuleiten, der Antrag bleibt also grundsätzlich wirksam gestellt. Ein einmal wirksam gestellter Antrag wirkt für den gesamten Monat, in welchem er gestellt wurde, das heißt auch ein Antrag am 31. August führt bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dann zur Bewilligung der Leistung für den gesamten Monat August. Eine weitergehende Rückwirkung ist allerdings nicht möglich.
Rechtzeitig vor Ablauf eines Leistungszeitraums ist ein vereinfachter Folgeantrag zu stellen. Um eine lückenlose Leistung sicherzustellen, müssen die Berechtigten rechtzeitig vor Ablauf eines Bewilligungszeitraums selbst tätig werden.
Rechtsmittel Widerspruch und Klage
Gegen den Ablehnungsbescheid oder den Bescheid, mit welchem nur teilweise eine beantragte Leistung bewilligt wurde, kann Widerspruch eingelegt werden, nach Durchlaufen des Widerspruchsverfahrens auch Klage vor dem Sozialgericht.
Grundsicherung und Rente mit 67
Die Grundsicherung folgt dem allgemeinen Renteneintrittsalter. Deshalb wird im Rahmen der Grundsicherung ab dem Jahr 2012 die Altersgrenze schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Ab dem Geburtsjahrsgang 1947 beträgt die Anhebung einen Monat pro Jahrgang, ab dem Geburtsjahrsgang 1958 zwei Monate je Jahrgang. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ab dem Geburtsjahrsgang 1964 die Grundsicherung erst mit 67 Jahren wird beantragt werden können.
Der Partnerregelsatz
Seit dem Jahr 2007 wird der Bedarfssatz bei Eheleuten bzw. Lebenspartner gleichmäßig und unter Anrechnung einer zehnprozentigen Ersparnis aufgrund gemeinsamer Haushaltsführung ermittelt. Im Ergebnis stehen jedem Ehegatten damit 90 % des Eckregelsatzes zu.
Kein Regelzuschlag mehr
Vor dem Jahr 2005 gab es zusätzlich zum Regelsatz noch einen Zuschlag für ergänzenden Bedarf an Kleidung oder dergleichen. Seit der Reform 2005 sind derartige Leistungen in den Eckregelsatz einberechnet worden, einen regelmäßigen Zuschlag gibt es nicht mehr.
Zusätzliche Leistungen in einmaligen Bedarfslagen
Viel zu wenig bekannt ist, dass im Rahmen der Grundsicherung für einmalige, unverschuldete Bedarfslagen zusätzliche Leistungen gewährt werden können. Dies kann ein nicht versicherter Hausratsschaden sein, die notwendige Ersatzbeschaffung von Einrichtungsgegenständen, gegebenenfalls sogar Kosten für einen Wohnungsumzug. Voraussetzung ist, dass keine eigenen ausreichenden Ersparnisse existieren. Grundsätzlich gewährt das Grundsicherungsamt als Leistung nur ein Darlehen. Erfahrungsgemäß wird aber auf die Rückzahlung in vielen Fällen verzichtet.
Weitere Leistungsgruppen sind die Erstausstattung einschließlich Haushaltsgeräte, Erstausstattungen für Bekleidung sowie bei Schwangerschaft und Geburt sowie auch Übernahme der Kosten für Klassenfahrten bei schulpflichtigen Kindern. Derartige Erstattungen sind echte Leistungen ohne Rückzahlungsverpflichtung. Die zusätzliche Ausstattung anlässlich von Schwangerschaft und Geburt wird ohne Anrechnung auf den daneben bestehenden Mehrbedarf über den Regelsatz hinaus übernommen (siehe unten).
Die Übernahme von Schulden kommt insbesondere zur Sicherung der Mietwohnung in Betracht, wenn ansonsten Wohnungslosigkeit drohen würde.
Anspruch auf derartige Leistungen kann sogar dann bestehen, wenn der Antragsteller ansonsten überhaupt keine Grundsicherung bezieht, weil das Einkommen bzw. sein Vermögen über den Höchstsätzen liegen.
Die Bemessung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung
Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden nur in bestimmten Grenzen übernommen. Bei stationärer Unterbringung in einem Heim wird fiktiv auf die durchschnittliche Warmmiete eines Ein-Personenhaushalts im Bezirk des örtlichen Sozialhilfeträgers zurückgegriffen. Die tatsächlichen Heimkosten, die in der Regel deutlich darüber liegen werden, sind also kein Maßstab. Bei Eigentümern werden die tatsächlichen Nebenkosten der Immobilie in der Regel ebenso übernommen wie die laufenden Schuldzinsen aus der Finanzierung sowie auch die Steuern. Zu beachten ist, dass der Träger der Grundsicherung nur die Zinsen übernimmt, aber keine Tilgungsanteile.
Bei Mietwohnungen wird als Obergrenze die ortsübliche Vergleichsmiete einer angemessenen Wohnung herangezogen. Die Angemessenheit einer Wohnung hängt unter anderem maßgeblich von deren Größe ab. Einer Person werden in der Regel maximal 45-50 m² zugebilligt, jeder weiteren 10-15 m² oder ein Zimmer mehr.
Bei zu hohen Wohnkosten Umzug
Erweisen sich die tatsächlichen Wohnkosten als zu hoch, wird für einen Übergangszeitraum von in der Regel maximal sechs Monaten auch der überhöhte Bedarf übernommen, zugleich aber der Berechtigte aufgefordert, die Kosten seiner Unterbringung durch einen Umzug oder Untervermietung zu senken. In Abstimmung mit dem Grundsicherungsamt können die Kosten eines Maklers, Mietkautionen und Umzugskosten von dem Amt übernommen werden. Allerdings gibt es hierauf keinen Rechtsanspruch, sondern es handelt sich um eine so genannte Sollvorschrift des Gesetzes. Die Behörde übt ein ihr gesetzlich eingeräumtes Ermessen aus.
Mehrbedarf bei Behinderung, erhöhten Ernährungskosten, für Schwangere und Alleinerziehende
Bei Behinderung, erhöhten Ernährungskosten, für Schwangere und Alleinerziehende sieht das Gesetz Möglichkeiten der Aufstockung des Regelsatzes vor. Einzelheiten hierzu sollten Sie mit Ihrem Rechtsanwalt besprechen.
Die Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung
Jeder Leistungsbezieher hat Anspruch auf eine Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Nach dem Modell der gesetzlichen Pflichtversicherung wird dieser Versicherungsschutz bei Beziehern der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bereits aus der gesetzlichen Rente gewährt. Die monatliche Rente wird bereits nach Abzug der Beiträge für die Kranken-und Pflegeversicherung ausbezahlt.
Für freiwillig Krankenversicherte, Weiterversicherte und privat Krankenversicherte muss das Grundsicherungsamt die notwendigen Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung gesondert übernehmen.
Die Auskunftsverpflichtung der volljährigen Kinder
Anders als im Sozialhilferecht steht dem Grundsicherungsamt kein genereller gesetzlicher Auskunftsanspruch gegen die potenziell unterhaltsverpflichteten Verwandten zu. Nach dem Gesetz wird zu Gunsten der volljährigen Kinder vermutet, dass diese nicht unterhaltsverpflichtet sind, weil ihr jährliches Gesamteinkommen unter 100.000 € liegt. Juristisch folgt hieraus, dass das Grundsicherungsamt nur dann an die volljährigen Kinder herantreten darf, wenn es, in der Regel zufällig, über konkrete Anhaltspunkte verfügt, dass das Einkommen der Kinder über dieser Grenze liegt und damit nach dem Gesetz ein Rückgriff auf die Kinder in Betracht kommt. Ist das Grundsicherungsamt in der Lage, Derartiges darzulegen, obliegt es dann den volljährigen Kindern, Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen und darzulegen, inwieweit sie leistungsfähig oder nicht leistungsfähig sind, für den Unterhaltsbedarf ihrer Eltern aufzukommen.
Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen von Ehegatten, Lebenspartner und Haushaltsangehörigen
Ähnlich wie bei der Sozialhilfe kommt es zur Errechnung des Grundsicherungsbedarfs und der Prüfung der Antragsvoraussetzungen bei Ehegatten und Lebenspartnern auf die gemeinschaftlichen Einkommensverhältnisse und Vermögen an.
Abweichend von der Sozialhilfe gilt dies aber nicht bei sonstigen Haushaltsgemeinschaften (Wohngemeinschaft, sonstiges Zusammenleben mit Verwandten, Verschwägerten oder Freunden).
Anrechnungsfreie Einkommensarten
Nicht sämtliche Einkünfte dürfen bei der Berechnung des Grundsicherungsbedarfs herangezogen werden. Außen vor bleiben Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz, Entschädigungen nach dem Entschädigungsgesetz, Schmerzensgeld nach dem bürgerlichen Gesetzbuch, Leistungen der Pflegeversicherung sowie Pflegegeld.
Pflegegeld ist anrechnungsfrei auch dann, wenn es sich um freiwillige Unterstützungszahlungen aus dem Verwandtenkreis handelt.
Die Aufzählung ist nicht abschließend. Einkünfte sind generell dann anrechnungsfrei, wenn sie ihrer Natur nach eine Kompensation für außergewöhnliche Belastungen des Leistungsempfängers darstellen.
Kindergeld
Kindergeld für minderjährige Kinder wird den Kindern als Einkommen zugerechnet, bei den Eltern bleibt es anrechnungsfrei. Kindergeld für volljährige Kinder ist Einkommen der Eltern, es sei denn, es wird nachweislich effektiv an die Kinder weitergeleitet.
Abzüge vom Einkommen
Das Bruttoeinkommen ist um Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Werbungskosten, bestimmte Versicherungsarten, in der Regel Kreditverbindlichkeiten und bis zu einer bestimmten Höhe zusätzliche Altersvorsorgemaßnahmen zu bereinigen. Wegen der Einzelheiten kann auf die Rechtslage im allgemeinen Unterhaltsrecht verwiesen werden.
Schonvermögen
Vorhandenes Vermögen muss grundsätzlich eingesetzt werden, bevor Grundsicherung beantragt werden kann. Ausgenommen hiervon ist das selbstgenutzte Hausgrundstück, angemessener Hausrat, eine Geldreserve in der Regel bis zu 2.600,- Euro, bei zusätzlichem nachgewiesenen Bedarf bis zu 10.000 Euro. Wenig bekannt ist, dass auch ein deutlich höheres Vermögen bis über 100.000 Euro geschütztes Schonvermögen sein kann, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass dieses für den Erwerb eines Hausgrundstücks angespart wird. Hier kommt es allerdings auf den konkreten Einzelfall an, der mit dem Rechtsanwalt sorgfältig aufzubereiten ist.