Die Ernennung eines Testamentsvollstreckers im Testament ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn die ernannte Person ihr Amt vertrauensvoll ausübt und aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse über den Erblasser und möglicherweise auch den Nachlass selbst den testamentarischen Willen besonders sorgfältig und zutreffend im Zuge der Nachlassauseinandersetzung verwirklicht, kann der Testamentsvollstrecker eine wertvolle Funktion haben. Insbesondere kommt die Ernennung eines Testamentsvollstreckers im Testament sicherlich in Betracht, wenn innerhalb der Erbengemeinschaft mit Streit zu rechnen ist. Andererseits aber gibt es auch die Möglichkeit des Missbrauchs und der Verzögerungen durch das weitgehend unanfechtbare Amt, welches dem Testamentsvollstrecker von dem Nachlassgericht nach dem Versterben des Erblassers übertragen wird. Immerhin steht dem Testamentsvollstrecker eine nicht unerhebliche Vergütung zu, insbesondere dann, wenn der Nachlass einen größeren Umfang hat.
Gibt es objektive Anzeichen für einen Missbrauch, kommt als Ultima Ratio die Entlassung in Betracht. Diese ist an strenge Voraussetzungen geknüpft, denn grundsätzlich ist der Testamentsvollstrecker in der Ausübung seines Amtes frei und nur dem – oftmals sehr auslegungsfähigen – Erblasserwillen und dem Gesetz verpflichtet. Die Rechtsprechung hat folgende Grundsätze zur Anwendung des § 2227 BGB, welcher die Entlassung des Testamentsvollstreckers regelt, entwickelt:
Grobe Pflichtverletzung notwendig
Als grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 2227 BGB, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers führt, ist es zu werten, wenn der Testamentsvollstrecker sich einseitig verhält, entweder durch Bevorzugung eines einzelnen Erben vor den anderen, vergleiche Bayerisches Oberlandesgericht E 1972, S.380 oder Benachteiligung eines Miterben, so BGH Z 25, 284. Eine grobe Pflichtverletzung ist es auch, wenn der Testamentsvollstrecker die letztwilligen Verwaltungsanordnungen des Erblassers bewusst missachtet, Bayerisches Oberlandesgericht, FamRZ 2000, S. 573, FamRZ 2000 S. 1055, oder wenn er seine Befugnisse durch Erhöhung von Zuwendungen aufgrund nur vermuteten Erblasserwillens ohne Erbenzustimmung überschreitet, Bayerisches Oberlandesgericht, FamRZ 1989, S. 668. Zu den rechtlichen Vorgaben an eine ordentliche Ermessensausübung vergleiche auch den Beitrag → Die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers zu ordnungsmäßiger Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses .
Parteilichkeit
Ebenso verletzt der Testamentsvollstrecker seine Pflichten in besonders grobem Maße, wenn er dem Erben nach längerer Untätigkeit schließlich gemachte Zusagen nicht einhält, Bayerisches Oberlandesgericht., FamRZ 2000, S. 193. Der Testamentsvollstrecker ist ebenfalls dann zu entlassen, wenn er den Erben Anlass zu objektiv gerechtfertigtem, also auf Tatsachen und nicht nur subjektive Gefühlsmomente beruhendem Misstrauen in die unparteiliche Amtsführung gegeben hat, Bayerisches Oberlandesgericht E 1988, S. 42. Ein solcher Fall wird insbesondere dann angenommen, wenn er testamentarische Bestimmungen einseitig auslegt und dadurch Besorgnis oder Misstrauen in seine Amtsführung auslöst, Bayerisches Oberlandesgericht NJW-RR 2002, S. 77. Die Einseitigkeit der vom Testamentsvollstrecker vorgenommenen Auslegung kann die eine Entlassung rechtfertigende Besorgnis eigennütziger Amtsführung begründen, wenn der Testamentsvollstrecker durch eine fernliegende oder nicht vertretbare Auslegung ein berechtigtes Misstrauen hervorruft, er befleißige sich nicht der für die Ausübung seines Amtes notwendigen Unparteilichkeit, vgl. Bayerisches Oberlandesgericht Z 1997, S. 1 (26).
Anmaßende Interpretation des eindeutigen Testaments
Dem Testamentsvollstrecker obliegt es, den tatsächlichen Erblasserwillen so wie er in dem Testament zum Ausdruck gekommen ist, strikt zu beachten und hieran seine Tätigkeit auszurichten. Insoweit ist es ihm untersagt, die letztwilligen Verfügungen überhaupt auszulegen, wo sie eindeutig sind, oder gar im Sinne vermuteter Absichten des Erblassers zu erweitern, Bayerisches Oberlandesgericht, FamRZ 1989, S. 668 (669)
Rekurs auf hypothetischen Erblasserwillen
Zu erwähnen ist schließlich auch, dass das Bekanntwerden von Umständen, die den Erblasser (wenn er noch lebte) mutmaßlich zum Widerruf der Ernennung veranlasst hätten, ebenfalls einen anerkannten Entlassungsgrund darstellt, Bayerisches Oberlandesgericht 1982, S. 298.
Überlange Dauer der Vollstreckung
Schließlich ist ein anerkannter Entlassungsgrund auch die lange Dauer der Abwicklungsvollstreckung. So hat das Oberlandesgericht Köln im Jahre 2004 entschieden, dass allein die Dauer einer Abwicklungsvollstreckung von zehn Jahren die Entlassung rechtfertigen kann, wenn die Ursachen für diese Verzögerung in dem Verhalten des Testamentsvollstreckers begründet sind, Oberlandesgericht Köln NJW-RR 2005, S. 94.