Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 13.3.2006, Aktenzeichen 5 U 198/05, wichtige Feststellungen zu den Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruches von Kaufpreisraten gegen den Bauträger bei Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften der Makler-und Bauträgerverordnung getroffen.
Der Sachverhalt
Mit notariell beurkundetem Bauträgerkaufvertrag vom 25.07.2003 verkaufte der Bauträger (Beklagter) der Erwerberin (Klägerin) eine bereits im Rohbau errichtete Doppelhaushälfte zu einem Gesamtkaufpreis von 180.000,00 EUR. Der Kaufvertrag enthält in § 6 folgenden Ratenzahlungsplan:
Der Kaufpreis ist in Teilbeträgen zu zahlen. Die Höhe der zu zahlenden Teilbeträge legt der Veräußerer entsprechend dem tatsächlichen Bauablauf wie folgt fest:
a) 80 % = 144.000,00 EUR nach Wirksamkeit dieses Kaufvertrags – der Vertrag wird mit seiner Beurkundung wirksam – jedoch nicht vor dem 01.09. 2003,
b) 5 % = 9.000,00 EUR nach Einbau der Wärmedämmung im Dachgeschoss,
c) 5 % = 9.000,00 EUR nach Einbau der Treppenanlage,
d) 5 % = 9.000,00 EUR nach Fertigstellung des Außenputzes und der Malerarbeiten außen,
e) 5 % = 9.000,00 EUR nach Schlüsselübergabe und Abnahme.
Vorstehender Ratenplan weicht vom Ratenplan des § 3 Abs. 2 MaBV ab. Der Veräußerer hat dafür nach § 7 MaBV Sicherheit für alle etwaigen Ansprüche der Erwerberin auf Rückgewähr oder Auszahlung ihrer Vermögenswerte zu leisten. Die Sicherheit ist durch Bürgschaft einer inländischen Bank zu leisten ….
Die in § 6 vorgesehene Bürgschaft hat die Beklagte Ziff. 1 nicht erbracht.
Die Beklagte forderte die Klägerin – unter Übersendung einer Freistellungserklärung hinsichtlich zweier Grundschulden, die für die Beklagte Ziff. 3 in Höhe von 200.000,00 EUR eingetragen sind – auf, die Kaufpreisraten zu begleichen.
Die Klägerin zahlte daraufhin auf ein Konto der Beklagten Ziff. 3 insgesamt 168.660,87 EUR. Dies entspricht unter Berücksichtigung von verrechneten Gegenforderungen 95% des Gesamtpreises. Die Zahlung des restlichen Kaufpreises steht noch aus.
Die Klägerin ist im Februar 2004 in die Doppelhaushälfte eingezogen. Am 06.11. 2004 fand eine förmliche Abnahme statt (Protokoll Anl. K 7). Die Einzelheiten des Abnahmetermins sind zwischen den Parteien zum Teil im Streit.
Hintergrund des Rechtsstreits ist u.a., dass die Klägerin massive Baumängel rügt und fürchtet, diese wegen wirtschaftlicher Probleme der Beklagten Ziff. 1 gegen diese nicht durchsetzen zu können.
Die Klägerin fordert von den Beklagten mit einer Teilklage 10.000,00 EUR aus der bereits geleisteten ersten Rate in Höhe von 144.000,00 EUR zurück. Da der vereinbarte Ratenplan von § 3 Abs. 2 MaBV abweiche und die geschuldete Bürgschaft nicht gestellt worden sei, sei der vereinbarte Kaufpreis nicht fällig gewesen und daher aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückzuzahlen.
Die Entscheidung des Gerichts
Der Klägerin steht kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 817 Satz 1 BGB in Höhe von 10.000,00 EUR zu. Zwar verstößt die Regelung in § 6 des Vertrages gegen die Vorschriften der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagevermittler, Bauträger und Baubetreuer; im folgenden MaBV ( vgl. nachfolgend unter Ziff. 1). Eine Rückforderung nach § 817 Satz 1 BGB scheitert jedoch an einer wirksamen Abnahme des Bauvorhabens am 06.11.2004 und dem dadurch fälligen Anspruch auf den gesamten Kaufpreis ( vgl. Ziff. 2). Dahinstehen kann deshalb vorab, ob der Beklagte Ziff. 2 als Geschäftsführer der Beklagten Ziff. 1 hinsichtlich des geltendgemachten Bereicherungsanspruchs überhaupt passivlegitimiert ist.
1) a) Das Landgericht hat zunächst die Anwendbarkeit der MaBV zu Recht bejaht. Dahinstehen kann, ob die Beklagte Ziff. 1 gewerbsmäßig als Bauträger tätig gewesen ist. Jedenfalls wurde der von ihr entworfene streitgegenständliche Vertrag vom 25.07. 2003 als Bauträgerkaufvertrag bezeichnet und die Beklagte Ziff. 1 verpflichtete sich u.a. in § 6 des Vertrages zur Stellung einer Bürgschaft nach § 7 MaBV. Die Beklagte Ziff. 1 unterstellt – für die Klägerin erkennbar – somit den streitgegenständlichen Vertrag zumindest in Teilen der Geltung der Vorschrift des MaBV und muss sich deshalb auch an der Geltung der MaBV im vorliegenden Vertragsverhältnis festhalten lassen.
Gerade die erste Rate ist oft unzulässig geregelt
Die Regelungen in § 6 des Bauträgerkaufvertrages weichen zum Nachteil der Klägerin von der Regelung der MaBV ab.
§ 6 Nr. 1 des Bauträgerkaufvertrages entspricht nicht der Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 1, 2 MaBV. So ist die erste Abschlagszahlung – nicht wie in § 3 Abs. 2 Nr. 1 MaBV vorgesehen – mit Beginn der Erdarbeiten, sondern bereits nach Wirksamkeit des Kaufvertrages fällig. Auch die Regelung hinsichtlich der Teilraten in § 6 Nr. 1 b – e orientieren sich nicht an der Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV.
Die Regelung in § 6 Nr.1 ist für die Klägerin nachteilig, da für den Rohbau bereits mit der ersten Rate 80 % der Kaufsumme fällig werden, während nach der gesetzlichen Regelung in der MaBV nach der Rohbaufertigstellung einschließlich Zimmererarbeiten lediglich 70 % der Vertragssumme zu zahlen sind (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 / 1. Spiegelstrich MaBV). Damit musste die Klägerin für den Rohbau – unabhängig von der Frage, welche zusätzlichen Leistungen am streitgegenständlichen sog. veredelte Rohbau bereits erbracht waren – eine höhere Rate leisten, als in der MaBV vorgesehen ist. Weiter weicht die Regelung über die letzten beiden Raten ebenfalls nachteilig von der MaBV ab. Nach der gesetzlichen Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 / 11. Spiegelstrich sind bei Übergabe nur 92 % des Kaufpreises zu leisten, während nach der vertraglichen Regelung bei Schlüsselübergabe bereits 100% der Kaufsumme zu zahlen sind.
Auch im Vertrag selbst ist in § 6 ausgeführt, dass der Ratenplan von § 3 Abs. 2 MaBV – negativ – abweicht und deshalb als Ausgleich eine Sicherheit nach § 7 MaBV gestellt wird.
c) Nach § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB ist § 6 des Ratenzahlungsplans nichtig, weil er zum Nachteil der Klägerin von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV abweicht. § 12 MaBV verbietet dem Gewerbetreibenden den Abschluss einer Abschlagszahlungsvereinbarung, die zu Lasten des Erwerbers von § 3 Abs. 2 MaBV abweicht (vgl. BGH NJW 2001, 818; NJW 1999, 51; OLG Celle, NJW-RR 2004, 592). § 3 Abs. 2 MaBV bezweckt mit dem Verbot den Schutz des Erwerbers. Er soll davor geschützt werden, dass der Bauträger Vermögenswerte entgegennimmt, ohne dass der mit § 3 Abs. 2 MaBV bezweckte Mindestschutz gewährleistet ist. Dieser Schutz ist nur durch die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung zu erreichen (BGH NJW 2001, 818).
Die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt sich allerdings nach der Rechtsprechung des BGH vorliegend nicht auf die Vereinbarung zur ersten Abschlagszahlung, da die bauvertragliche Fälligkeitsregelung nicht teilbar ist. Eine Beschränkung der Nichtigkeitsfolge würde dem Schutzzweck der §§ 3, 12 MaBV widersprechen. Die Vorschriften sollen zur Sicherheit des Erwerbers verhindern, dass Abschlagszahlungen ohne einen entsprechenden Bautenstand geleistet werden. Die Nichtigkeit ist allerdings auf die Abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt. Sie führt nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages (vgl. BGH NJW 2001, 818).
Keine Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung tritt nach § 7 MaBV nur dann ein, wenn der Gewerbetreibende nach § 7 MaBV für alle etwaigen Ansprüche des Auftraggebers auf Rückgewähr oder Auszahlung seiner Vermögenswerte eine Sicherheit leistet ( vgl. OLG Celle,NJW-RR 2004,147). Vorliegend ist zwar in § 6 des Vertrages vorgesehen, dass die Beklagte – wegen der Abweichung vom Ratenplan des § 3 Abs. 2 MaBV – eine Bürgschaft zu leisten hat. Nachdem diese Bürgschaft unstreitig nicht erbracht wurde, verbleibt es bei der Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung.
Dies übersieht die Klägerin, wenn sie meint, dem Ausnahmetatbestand von § 7 MaBV sei dadurch Genüge getan, dass in § 6 des Vertrags die Bestellung einer Bürgschaft vorgesehen sei, weshalb keine unzulässige Regelung i. S. von § 7 MaBV vorliege und deshalb die Nichtigkeitsfolge nicht eintrete: Der Ausnahmetatbestand des § 7 MaBV greift nicht bereits dann, wenn eine Bürgschaft versprochen wird, sondern erst und nur dann, wenn sie geleistet wird. Dies besagt der Wortlaut von § 7 Abs. 1 MaBV durch die Formulierung “… sind… freigestellt, sofern sie Sicherheit… geleistet haben..” mit einer Deutlichkeit, die eine anderweitige Auslegung ausschließt. Dem entspricht auch Sinn und Zweck des Regelungswerkes. Auf die Einhaltung des Ratenzahlungsplans nach § 3 Abs. 2 MaBV kann – natürlich – nur dann verzichtet werden, wenn der Erwerber eine anderweitige Sicherheit tatsächlich hat, nicht hingegen, wenn sie nur versprochen wird. Ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Leistung der Bürgschaft wäre kein adäquater Ausgleich unter Berücksichtigung der in der Erwerbsphase bestehenden faktischen Zwänge, vor denen der Erwerber gerade geschützt werden soll.
Die Voraussetzungen des § 12 MaBV liegen damit vor, sodass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot mit der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ausgegangen werden muss.
Bei Verstoß gilt allgemeines Bürgerliches Recht des Werkvertrages
Gleichwohl sind die Beklagten nicht zur Rückzahlung eines Teils der geleisteten ersten Abschlagszahlung verpflichtet. Nach der Entscheidung des BGH vom 22.12.2000 (vgl. NJW 2001, 818) tritt an die Stelle einer Abschlagszahlungsvereinbarung, die aufgrund eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 MaBV nach § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig ist, nicht die gesetzliche Regelung des § 3 Abs. 2 MaBV, sondern das Werkvertragsrecht. Der Erwerber schuldet im Werkvertragsrechts grundsätzlich keine Abschlagszahlungen, vielmehr tritt Fälligkeit des Werklohns gem. § 641 BGB mit der Abnahme ein ( zur Regelung des § 632 a BGB vgl unten Ziff.2b).
a) Die Abschlagszahlungen der Klägerin sind dennoch im Ergebnis mit Rechtsgrund erfolgt, da der Werklohn nach § 641 BGB inzwischen insgesamt fällig ist.
Die Parteien haben unstreitig eine rechtsverbindliche Bauabnahme vorgenommen.
Nach § 641 BGB ist somit der gesamte Kaufpreis bzw. Werklohn zur Zahlung fällig und eine Rückforderung der Klägerin nach § 817 Satz 1 BGB scheidet aus.
Ob einem etwaigen Rückzahlungsanspruch in der Zeit vor der Abnahme § 813 BGB entgegengestanden wäre, bedarf deshalb keiner Klärung.
Dahingestellt bleiben kann deshalb in diesem Zusammenhang auch, ob § 632 a BGB zur Anwendung kommen würde. Nach der zum 01.05.2000 eingeführten Vorschrift des § 632 a BGB kann der Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen – auch ohne Vereinbarung – vom Besteller Abschlagszahlungen verlangen. Nachdem vorliegend mit der Abnahme bereits die gesamte Forderung der Beklagten Ziff. 1 bzw Ziff.3 zu Zahlung fällig ist, kann offen bleiben, ob § 632 a BGB auf Bauträgerverträge Anwendung findet ( vgl hierzu OLG Celle, NJW-RR 2004, 592 m.w.Nachw.).
Sinn und Zweck der MaBV gehen dahin – unter Respektierung des berechtigten Interesses des Bauträgers, Abschlagszahlungen nach Baufortschritt zu erhalten und nicht das gesamte Objekt vorfinanzieren zu müssen -, den Erwerber vor Überzahlungen gegenüber dem Baufortschritt mit entsprechenden Risiken zu schützen. Dieser Zweck hat sich mit der Abnahme erledigt, mit der nach der Gesetzeslage ohnehin der gesamte Werklohn fällig ist und der Erwerber keine zu schützenden berechtigten Interessen mehr hat, schon gar nicht bezüglich der zuerst gezahlten Rate.