Verletzt der Vermieter seine Schneebeseitigungspflicht, kann der Mieter Schmerzensgeld verlangen, wenn er sich infolgedessen durch einen Sturz verletzt. Hierzu ist jetzt ein wichtiges Urteil des Amtsgerichts Schöneberg ergangen (Urteil vom 7. Juni 2011 Aktenzeichen 3C 37/11).
Der Fall
Der Mieter war auf dem letzten Treppenabsatz des Mietshauses ausgerutscht. Dort hatte keine ausreichende Reinigung von Schnee und Eis stattgefunden. Der Mieter erlitt einen distalen Bruch des Radius im linken Unterarm. Für vier Tage war er in stationärer Behandlung. Da der Mieter Linkshänder war, war er in seiner beruflichen Tätigkeit eingeschränkt. Der Mieter verlangte von dem Vermieter Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5000 Euro.
Das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg
Das Amtsgericht Schöneberg sprach dem Mieter 4000 Euro Schmerzensgeld zu. Die Besonderheit des Falles lag unter anderem in juristischer Hinsicht darin, dass entscheidend für den Anspruch des Mieters nicht die Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des Vermieters war, sondern eine Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrag. Das Gericht stellte fest, dass der Vermieter aus dem Mietvertrag unmittelbar verpflichtet ist, die zur Nutzung des Gebäudes notwendigen Teile derart instandzuhalten, dass eine Benutzung gefahrlos möglich ist. Hierunter fällt auch eine Schneebeseitigungsverpflichtung der Treppe.
Die notwendige Beweisführung
Der Mieter konnte in dem von dem Gericht entschiedenen Fall beweisen, dass die Stufen zum Hauseingang nicht von Schnee und Eis befreit gewesen sind, außerdem, dass der Mieter genau in diesem Bereich auch gestürzt war und dass er sich schließlich gerade aufgrund dieses Sturzes den unstreitigen distalen Bruch des linken Unterarm zugezogen hatte.
Verschulden der beauftragten Reinigungsfirma wirkt zulasten des Vermieters
Der Vermieter hatte eine Reinigungsfirma beauftragt, für die Schnee- und Eisbeseitigung zu sorgen. Das konnte ihn aber nicht entlasten. Denn nach dem Gesetz (§ 278 BGB) hat er sich ein Verschulden dieser Firma zurechnen zu lassen, so zutreffend das Amtsgericht Schöneberg.
Die Höhe des Schmerzensgeldes setzte das Gericht auf 4000 Euro fest, von besonderer Bedeutung war dabei, dass der Mieter als Linkshänder längere Zeit in seiner beruflichen Tätigkeit aufgrund der Verletzung eingeschränkt war. Tatsächlich haben andere Gerichte bereits in vergleichbaren Fällen ebenfalls im Durchschnitt 4000 Euro zugesprochen, so beispielsweise das OLG Celle mit Urteil vom 25. Januar 2007 Aktenzeichen 8U 161/06.
Fazit
Wer in der Winterzeit durch glättebedingte Stürze Verletzungen erleidet, hat regelmäßig gute Aussichten, einen nennenswerten Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Nach meiner Erfahrung lässt sich ein entsprechender Anspruch grundsätzlich fast immer rechtlich begründen, denn die gesetzlichen Anforderungen an die Schnee- und Eisbeseitigungspflicht sind streng. Am ehesten fraglich ist oftmals der konkrete Nachweis. Vor einer eigenen allzu spontanen und leichtfertigen Sachverhaltsschilderung muss in diesem Zusammenhang gewarnt werden. Denn oftmals werden im Verlaufe der Auseinandersetzung Korrekturen nötig, denn im Rahmen des konkreten Nachweises kommt es auf die Details an. Sofern der Grundstückseigentümer oder Vermieter über eine Haftpflichtversicherung verfügt, ist die Korrespondenz mit dem Versicherer zu führen. Vernünftige Verhandlungslösungen führen in der Regel auch außergerichtlich zu einem erfreulichen Ergebnis zu Gunsten des verletzten Bürgers. Wenn Sie weiteres Interesse am Thema Streupflicht haben, lesen Sie gerne weiter in meinem Überblicksartikel → Haftung und Schadenersatz bei Verletzung der Streupflicht.