Gewährleistungspflicht des Bauträgers im Gemeinschaftseigentum bei benachteiligenden Abnahmeklauseln

Den Erwerber benachteiligende Klauseln im notariellen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung im Bauträgermodell sind oftmals unwirksam. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vertragsklauseln als so genannte Allgemeine Geschäftsbedingungen klassifiziert werden können. Beliebt bei Bauträgern sind so genannte Abnahmefiktionen oder Ermächtigungen zur Abnahme durch Dritte, die im Extremfall vom Erwerber noch nicht einmal widerrufen werden können. Gerne stellt sich der Bauträger auch auf den Standpunkt, dass die Gewährleistungsrechte des Erwerbers für das Gemeinschaftseigentum nicht oder nur eingeschränkt gelten.

Geltendmachung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum durch den Erwerber einer einzelnen Wohnung

Nicht selbstverständlich ist das Recht des Erwerbers einer Wohnung, im Klageweg Mängel am Gemeinschaftseigentum gegen den Bauträger überhaupt verfolgen zu können. Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, über das behauptete (streitige) Recht einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen, ohne dass eine eigene materiell-rechtliche Beziehung zum Streitgegenstand vorzuliegen braucht (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., 2012, vor § 50, Rn. 18).

Kriterium Gemeinschaftsbezogenheit der Mängel

Im Wohnungseigentumsrecht ist anerkannt, dass der Erwerber von Wohnungseigentum grundsätzlich berechtigt ist, seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind (vgl. BGH BauR 2007, S. 1221; BGHZ 169, S. 1 ff). Hierzu zählen auch solche Rechte, die ihrem Inhalt nach auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichtet sind und deshalb der Gemeinschaft zugute kommen (vgl. BGH BauR 2007, S. 1221). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dies insbesondere auch für den Mängelbeseitigungsanspruch anerkannt (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.).Demgegenüber ist die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Geltendmachung und Durchsetzung solcher Rechte von vornherein allein zuständig, die ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zulassen (vgl. BGH, a.a.O.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. 2013, Rn. 476 m.w.N.).

Umgekehrt kann Wohnungseigentümergemeinschaft Mängelansprüche aus Erwerberverträgen geltend machen

Darüber hinaus kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen gegenüber dem Veräußerer durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen. Insoweit ist z.B. anerkannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG entscheiden kann, wegen eines Mangels des Gemeinschaftseigentums einen Vorschuss zu fordern (vgl. BGH, a.a.O.; BGHZ 81, S. 35, 38; BauR, 1997, S. 488). Dies gilt nach der Grundlagenentscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BauR 2007, S. 1221) auch für die gemeinschaftliche Durchsetzung eines auf die Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungs- oder Nacherfüllungsanspruches.

Gleichzeitige Geltendmachung identischer Mängel sowohl durch Gemeinschaft als auch durch einzelne Erwerbers ist unzulässig

Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft in einem solchen Falle die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte an sich, begründet sie damit ihre alleinige Zuständigkeit, was ein selbständiges Vorgehen der Erwerber gem. § 21 Abs. 1 WEG ausschließen würde (vgl. BGH, BauR 2007, S. 1221).

Anspruchsgrundlage für Mängelgewährleistung beim Bauträgervertrag allgemeines Werkvertragsrecht gemäß § 634 Nummer 1 BGB

Der Nacherfüllungs-und Mangelbeseitigungsanspruch des Erwerbers folgt aus § 634 Nr. 1 BGB. Der Bauträgervertrag enthält insoweit werkvertragliche Elemente. Entgegen der im Vertragstext oft verwendeten Terminologie ist von einem Werkvertrag gem. § 631 BGB auszugehen. Der Bauträgervertrag zwischen Bauträger und Erwerber des Objektes ist ein Vertrag eigener Art, der neben werkvertraglichen Elementen auch kaufrechtliche Elemente (z.B. bzgl. des Grundstückserwerbs) sowie Elemente des Geschäftsbesorgungsvertrages enthält (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., 2013, § 675, Rn. 18). Ist das Bauwerk im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits fertig gestellt, spricht zwar einiges für die Annahme eines Kaufvertrages (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O.). Sachlich gelten die §§ 633 BGB jedoch für alle Werkverträge, wozu auch der Bauträgervertrag zählt, wenn es um die Mängel des Bauwerks bei Erstellung nach Vertragsschluss geht (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., vor § 633, Rn. 3 m.w.N.). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Erwerb sanierter Altbauwohnungen. Beim Erwerb von Altbauten ist Werkvertragsrecht anwendbar, wenn der Erwerb des Grundstücks mit einer Herstellungsverpflichtung verbunden ist (vgl. BGH, NJW 2007, S. 3275). Derartige Arbeiten sind aus der Sicht der Erwerber der Wohnungen derart umfassend, dass sie nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind und die Anwendung des Werkvertragsrechts auf Mängel der gesamten Bausubstanz rechtfertigen (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation zum Wohnungsumbau bei Kasernen alliierter Streitkräfte BGH, NJW 2007, S. 3275 ff.). Übernimmt der Veräußerer vertraglich Bauleistungen, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertrags.

Auf die Bezeichnung Käufer und Verkäufer im notariellen Vertrag kommt es nicht an

Ohne Bedeutung ist es, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben (vgl. BGH, NJW 2007, S. 3275 ff.; mit zustimmender Anm. Locher, Umfang der Herstellungspflicht bei Altbausanierung, jurisPR-PrivBauR 9/2007 Anm. 3; BGHZ 164, S. 225; BauR 2005, S. 542, 544).

Verweis auf die Verdingungsordnung für Bauleistungen VOB/Teil B läuft meistens leer

Die VOB/B wird nur Bestandteil eines Bauvertrages, wenn die Parteien dies wirksam vereinbaren (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1239). Da die VOB/B weder Gesetz noch Rechtsverordnung, sondern Vertragsrecht ist, gilt sie nicht automatisch (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1239). Zwar bedarf die Vereinbarung der VOB/B keiner besonderen Form, ein Bezug unter allgemeinem Hinweis auf die VOB/B reicht grundsätzlich aus (vgl. Ingenstau/Korbion/Sienz, VOB-Kommentar, 18. Aufl., Anh. 4, Rn. 40; Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1239). Das bedeutet, dass der vollständige Text der VOB Teil B zur wirksamen Einbeziehung nicht notwendigerweise eine Anlage zum Vertrag darstellen muss. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass sich widersprechende oder auslegungsbedürftige Einbeziehungsklauseln nicht zu einer wirksamen Einbeziehung führen (vgl. OLG Celle, NJW-RR 1997, S. 82; OLG München, BauR 2003, S. 1719; Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1240). Nicht genügend für eine ausdrückliche Einbeziehung ist beispielsweise die vertragliche Formulierung: Für die Mängelhaftung gilt die VOB/B als vereinbart. In Abänderung derselben beträgt die Gewährleistungsfrist 5 Jahre ab Übergabe (…) die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche gegenüber Käufer verbleiben bestehen. Dies lässt eine unbedingte Einbeziehung der VOB Teil B nicht erkennen. Deutlich wird dies daran, dass nach der Rechtsprechung die VOB Teil B nur insgesamt Vertragsgrundlage werden können und nicht Teile davon, da es sich um ein in sich geschlossenes Regelwerk handelt, das die Interessen von Unternehmer und Besteller abweichend vom bürgerlichen Gesetzbuch insgesamt neu regelt. Die oben genannte vertragliche Formulierung legt nahe, , dass die VOB/B nur hinsichtlich der Mängelhaftung als vereinbart gelten soll. Dies ist jedenfalls im Verhältnis zu einem Erwerber, der nicht Unternehmer, sondern Verbraucher ist, unzulässig.

Achtung: eine wirksame Abnahme entscheidet, ob Nacherfüllung oder Mängelgewährleistung verlangt wird

Die Abnahme ist die Entgegennahme der Werkleistung und ihre Billigung als im Wesentlichen vertragsgemäß und hat als Willenerklärung rechtsgeschäftlichen Charakter (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1798). Soweit sich der Auftragnehmer auf eine Abnahme stützt, reicht ein entsprechender Hinweis nicht aus, er hat im Prozess die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Abnahme durch den Auftraggeber ergeben soll (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1799).

Vertragliche Abnahmefiktionen sind oft unwirksam

Gemäß § 640 Abs. 1 BGB ist der Besteller verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Ein Abnahmeprotokoll beweist nicht unbedingt die wirksame Abnahme. Erforderlich ist weiterhin die echte Unterschrift des Bestellers unter dem Protokoll. Fehlt diese, ist das Protokoll hinsichtlich der Beweiskraft für die Abnahme praktisch wertlos. Eine vertraglich geregelte Fiktionen dahingehend, dass ein Dritter im Namen des Bestellers die Abnahme wirksam erklären darf, ist in der Regel wegen unangemessener Benachteiligung des Erwerbers als Vertragspartei unwirksam. Die Unwirksamkeit ergibt sich aus § 307 Abs. 1 BGB. Diese strenge gesetzliche Vorschrift gilt allerdings nur dann, wenn der Bauträgervertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen klassifiziert werden kann.

Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

allgemeine Geschäftsbedingungen sind solche, welche für eine Vielzahl von Verträgen seitens des Unternehmers vorformuliert worden sind. Eine solche Vorformulierung kann auch durch den von dem Unternehmer beauftragten Notar erfolgt sein. Ein starkes Indiz ist regelmäßig die nachweisliche mehrfache Verwendung identischer Klauseln in anderen Erwerberverträgen durch dasselbe Unternehmen. Beim echten Bauträgervertrag geht der Bundesgerichtshof sogar soweit, von einem Beweis des ersten Anscheins für das vorliegen allgemeiner Geschäftsbedingungen auszugehen (vgl. BGH, NJW 2004, S. 502; Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2657). Dass die Verträge notariell beurkundet wurden und der Notar den Vertrag beiden Parteien zugesandt haben mag, steht ihrem Formularcharakter nicht entgegen (vgl. BGHZ 118, S. 1229, 237, 239; OLG Karlsruhe, NJW 2012, S. 237 ff.). Der Beklagten wird auch eine Verwendung der Klauseln durch den von ihr beauftragten Notar zugerechnet; die von diesem vorformulierten Vertragsbedingungen sind die AGB seines Auftraggebers (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn. 12). Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn die Parteien über einzelne Klauseln verhandelt haben mögen. Insbesondere Verhandlungen über den Kaufpreis und die Baubeschreibung ändern am Charakter der übrigen vertraglichen Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen nichts.

Prüfungsmaßstab Treu und Glauben

Die Formularvertragregelung, wonach auch Dritte, insbesondere der Verwalter oder ein vom Bauträger beauftragter Sachverständiger anstelle des Erwerbers die Abnahme erklären kann, stellt entgegen den Geboten von Treu und Glauben eine unangemessene Benachteiligung dar. Dem Erwerber wird dadurch die Möglichkeit genommen, über die Ordnungsgemäßheit der Werkleistung des Bauträgers selbst zu befinden. Eine vom Bauträger geschuldete Leistung entgegenzunehmen und über ihre Ordnungsgemäßheit zu entscheiden, ist alleine Sache des Erwerbers (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Das gilt auch für das Gemeinschaftseigentum. Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Anspruch auf ein mangelfreies Gemeinschaftseigentum (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es dem jeweiligen Erwerber überlassen ist, zu entscheiden, ob er das Werk als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will (vgl. BGH, NJW 1985, S. 1551, 1552).

Unzulässige Abnahmefiktion oder Ermächtigung Dritter auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums

Nach § 640 BGB ist als Besteller auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums insoweit der einzelne Erwerber des Wohnungseigentums und nicht etwa die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Regel noch gar nicht bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft anzusehen (vgl. BGH, a.a.O.). Ist dem Erwerber die Person des bevollmächtigten Dritten vorgegeben oder ist das Benennungsrecht formularmäßig dem Unternehmer übertragen, wird dadurch wesentlich in den Kernbereich der Rechtstellung des Erwerbers eingegriffen (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Koblenz, BauR 2003, S. 546, 548; Juris PK-BGB/Genius, 6. Aufl., 2012, Stand 01.10.2012, § 640 BGB, Rn. 24). Eine solche Klausel stellt sich insbesondere unter zwei Gesichtspunkten als unangemessene Benachteiligung des Erwerbers dar:
Zum einen greift sie in das originäre Abnahmerecht des Erwerbers ein, weil dieser faktisch keine Möglichkeit hat, eine Abnahme durch den Bevollmächtigten zu verhindern (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).

Eine Abnahmevollmacht muss widerruflich ausgestaltet sein

Eine Abnahmevollmacht muss daher zwangsläufig widerruflich erteilt werden. Um dem Erwerber nicht zu suggerieren, dass nur der Bevollmächtigte abnehmen darf, muss die Klausel i.S.d. Transparenzgebotes in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zusätzlich klarstellen, dass die Vollmacht nicht nur frei widerruflich ist, sondern der Erwerber jederzeit selbst die Abnahme erklären kann (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; Vogel, Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums – ein (immer noch) ungelöstes Problem der Bauträgerpraxis, NZM 2010, S. 377, 379). Nur auf diese Weise ist klargestellt, dass das originäre Abnahmerecht des Erwerbers nicht vollständig ausgeschlossen ist (vgl. Vogel, a.a.O. m.w.N.).

Bevollmächtigter muss neutral sein und darf nicht im Lager des Bauträgers stehen

Hinzu kommt, wenn die Neutralität der mit der Abnahme bevollmächtigten Person nicht gewährleistet ist. Der Streitfall unterscheidet sich sogar noch verstärkt von dem des OLG Karlsruhe dahingehend, dass nach der dort verwendeten Klausel immerhin ein Sachverständiger die Abnahme zu erklären hatte, während hier die Abnahme durch die Person des Werkunternehmers bzw. des Bauträgers selbst erklärt werden konnte. Die Abnahmeklausel muss indessen vorsehen, dass die Person des mit der Abnahme Bevollmächtigten nicht aus dem potenziellen Lager des Bauträgers stammt, also zumindest neutral ist (vgl. Vogel, a.a.O.). Denn anderenfalls könnte der Bauträger entscheidenden Einfluss auf die im Wesentlichen für ihn günstige Abnahme nehmen. Insoweit ist anerkannt, dass der regelmäßig vom Bauträger bestellte oder mit ihm gar personenidentische und von ihm abhängige Erstverwalter als taugliche Person zur Abnahme ausscheidet (Vogel, a.a.O.; OLG Stuttgart, MDR 1980, S. 495; OLG Karlsruhe, a.a.O.; mit zustimmender Anmerkung Vogel, Unwirksamkeit einer Abnahmeklausel im Bauträgervertrag, juris PR PrivBauR 12/2011, Anm. 1).

Konkludente Abnahme durch Einzug in die Wohnung möglich

selbst bei vertraglicher Vereinbarung einer zwingenden förmlichen Abnahme durch Erstellung eines Protokolls im Rahmen eines gemeinsamen Termins kann eine faktische Abnahme den Umständen nach, die so genannte konkludente Abnahme, durch den Bezug der Wohnung erklärt worden. Zwar ist es anerkannt, dass selbst bei vereinbarter förmlicher Abnahme ein Verzicht auf die Förmlichkeit darin liegen kann, wenn die fertige Bauleistung in Benutzung genommen wird (vgl. hierzu die Nachweise bei Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1820). Voraussetzung ist jedoch, dass keine abweichenden eindeutigen Willensäußerungen des Erwerbers entgegenstehen. Fraglich ist, ob eine derartige entgegenstehende Willensäußerungen darin liegt, dass zugleich mit dem Einzug in die Wohnung ein umfangreiches Kompendium an geltend gemachten Mängel in der Wohnung dem Bauträger überreicht wird. in diese Richtung gibt ein aktuelles Urteil des OLG Brandenburg Aktenzeichen 12 U 162/12. Urteil vom 13. Juni 2013 . Hier entscheidet richtigerweise der Einzelfall. Jedenfalls wird eine Abnahmewirkung dann zu verneinen sein, wenn der Einzug in die Wohnung letztlich im Interesse beider Parteien erfolgt, um beispielsweise Verzugsschäden zu verringern, bei der Bauträger den Fahrer vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin schon weit überzogen hat und der Einzug in die möglicherweise noch nicht vollständig fertig gestellte Wohnung nur deshalb erfolgt, um weiter auflaufenden Miet-und Lagerkosten, die ohnehin der Bauträger im Wege des Schadenersatzes erstatten müsste, zu verringern.

Der Mangelbegriff: Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik

Der Auftragnehmer schuldet stets die Einhaltung der Regeln der Technik (BGH, BauR 2006, S. 2040). Insoweit spricht eine Vermutung dafür, dass die in den DIN enthaltenen Vorgaben den Stand der Technik abbilden (vgl. OLG Hamm, NJW-RR, 1995, S. 17). Entsprechende ausdrückliche Formulierungen im Vertrag sind nur eine Klarstellung und nicht zwingend notwendig.

Ausschlussgrund Unverhältnismäßigkeit

Die Mangelbeseitigung kann ausnahmsweise dann nicht verlangt werden, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre, vgl. § 635 Abs. 3 BGB. Der Unternehmer kann nach dieser Vorschrift die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 BGB zwar verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Von einem unverhältnismäßigen Aufwand im dargelegten Sinne kann nur gesprochen werden, wenn die Nacherfüllungskosten zu dem durch die Mängelbeseitigung erzielbaren Erfolg in keinem vertretbaren Verhältnis stehen (Münchener Kommentar/Busche, BGB, 6. Aufl. 2012, § 635 Rn. 31 m.w.N.). Zur Beurteilung dessen muss der Aufwand für die Mängelbeseitigung zu deren Erfolg in Relation gesetzt werden (Münchener Kommentar/ Busche, a.a.O.). In welchem Verhältnis der Mängelbeseitigungsaufwand zum vereinbarten Werklohn steht, ist dabei ohne Bedeutung (vgl. BGH, NJW 1996, 3269, 3270). Dementsprechend kommt § 635 Abs. 3 BGB grundsätzlich nur bei kleinen Mängeln in Betracht, die für den Besteller von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 635 Rn. 10). In der Praxis sind dies meist Schönheitsfehler, die auf die Funktion und Gebrauchsfähigkeit des Werkes in der Regel ohne Einfluss sind (vgl. etwa OLG Celle BauR 1998, 401 f [Marmorschattierungen]; weitere Nachweise bei Münchener Kommentar/Busche, a.a.O.). Der Auftragnehmer, der vorsätzlich ein billigeres und geringerwertiges Material als vereinbart verwandt hat, kann dem Nachbesserungsverlangen des Auftraggebers nicht entgegenhalten, der nachträgliche Einbau des vereinbarten Materials erfordere einen unangemessenen Aufwand. (OLG Hamburg, MDR 1974, S. 489; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1987, S. 1167 f.). Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass dieser Einwand in der Praxis zwar oft erhoben wird, vor Gericht aber nur selten Bestand haben wird.

Bedeutung der Baubeschreibung

Auch wenn die Baubeschreibung hierzu keine Aussage trifft, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 1998, 2814 m.w.N.) der Besteller redlicherweise erwarten, dass das Werk zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme diejenigen Qualitäts- und Komfortstandards erfüllt, die auch vergleichbare andere zeitgleich fertig gestellte und abgenommene Bauwerke erfüllen

Verjährung

Die Verjährung vermengen Gewährleistungsansprüche beträgt fünf Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt erst mit der Abnahme. Wie oben dargelegt, fehlt dieses Merkmal oft, auch wenn der Erwerber unter Umständen bereits in die Wohnung eingezogen ist. Inhaltlich gleichwertig ist der Nacherfüllungsanspruch, welcher bis zur Abnahme dem Erwerber zur Seite steht, damit der Bauträger festgestellte Mängel behebt. Aber Achtung: nach dem Gesetz gilt für den Nacherfüllungsanspruch sogar eine kürzere Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Rechtsprechung hilft hier allerdings nach dem Grundsätzen von Treu und Glauben nach, damit es nicht zu einer Schlechterstellung des Erwerbers in der Nacherfüllungsphase kommt.
Zwar kann einem mitwirkenden Auftraggeber grundsätzlich ein Verschulden in eigenen Angelegenheiten über § 254 BGB anzurechnen sein. Soweit Ansprüche auf Nacherfüllung vom Bauherrn geltend gemacht werden, gilt § 254 BGB zwar nicht unmittelbar; ein Ausgleich kann hier jedoch über § 242 BGB erfolgen (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2924 m.w.N.). Für das Bestehen eines Mitverschuldens des Auftraggebers ist nach allgemeinen Grundsätzen der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 2929.

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