Bauordnungsrechtliche Vorschriften über den Grenzabstand haben nachbarschützende Wirkung. Das hat zur Folge, dass der Nachbar nicht nur Abstandsflächen betreffende Baugenehmigungen mit dem Widerspruch angreifen kann, sondern bei Verletzung der Abstände kann der Nachbar sogar einen eigenen Brückenbauanspruch haben. Rechtsgrundlage ist § 1004 BGB.
Baugenehmigung
Wenn eine Baugenehmigung mangels Widerspruchs bestandskräftig geworden ist, schützt sie den Grundstückseigentümer vor Beseitigungsansprüchen der Grundstücksnachbarn. Die Feststellung einer Baugenehmigung, dass der Bauherr nicht gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften verstoßen hat, muss der Nachbar gegen sich gelten lassen, auch wenn die Baugenehmigung regelmäßig unbeschadet der privaten Rechte Dritter ergeht, so im Ergebnis das Urteil des Kammergerichts vom 12. Juni 2013 (Az. 28 U 21/12).Dies gilt jedenfalls innerhalb des Geltungsbereiches des § 1004 BGB (Rückbauanspruch). Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Baugenehmigung sich faktisch auf ein anderes Gebäude bezieht, bei der Bauherr nach Erteilung der Baugenehmigung tatsächlich dein Vorhaben wesentlich abweichend verwirklicht hat.
Anspruchsgrundlage bei privilegierten Bauvorhaben, insbesondere Garagen, Beispiel Berlin
Der Rückbauanspruch beruht rechtlich auf § 1004 Abs. 1,823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Bauordnung Berlin. Nach § 6 Abs. 7 Bauordnung Berlin sind bestimmte Bauvorhaben von der Einhaltung von Abstandsflächen befreit. Das bedeutet, dass auch ohne vorherige Einholung einer Baugenehmigung diese Bauten errichtet werden dürfen. Garagen sind hiernach mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 mund einer Gesamtlänge an der Grundstücksgrenze von 9 m ohne Abstandsflächen zum Nachbargrundstück zulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Garage freisteht oder mit dem Hauptgebäude verbunden ist. Auf eine besondere Dachführung zwischen Garage und Haupthaus kommt es nicht an.
Die Messung von Abstandsflächen
Nach § 6 Abs. 4 Bauordnung Berlin bemisst sich die Tiefe der Abstandsflächen in der Regel. nach der Wandhöhe zuzüglich ein Drittel des Daches. Wandhöhe ist das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Der Ermittlung der Wandhöhesind die sich aus dem natürlichen Geländeverlauf ergebenden Geländepunkte zu Grunde zu legen. Bei geneigtem Geländeniveau ist dementsprechend die mittlere Wandhöhe aus dem Durchschnitt des bergseitigen Wandabschlusses und talseitigen Wandabschlusses zu ermitteln (Wilke, Dageförde/Broy-Bülow, Bauordnung für Berlin, 6. Auflage, § 6 Rn. 93). Maßgebend sind nur die Geländeverhältnisse auf dem Baugrundstück, nicht diejenigen auf dem Nachbargrundstück, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 6. November 2012 Aktenzeichen 9 ZB 09.1024.
Manipulationen durch Aufschüttungen?
Aufschüttungen, die nur vorgenommen werden, um eine nicht eingehaltene Abstandsflächenvorschrift zu beeinflussen, werden bei der Bemessung der Wandhöhe herausgerechnet. Ansonsten könnten die Regelungen über Abstandsflächen frei unterlaufen werden. Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig. Aufschüttungen können nämlich dann zu berücksichtigen sein, wenn sie auf bauliche Verhältnisse und sonstige sachliche Gründe sich stützen können, insbesondere die Aufschüttung eine allgemeine Niveauangleichung auf dem Grundstück bezweckt.
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