Nach Kündigung eines Pachtverhältnisses sind die gepachteten Flächen herauszugeben. Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in exemplarischer Form mit Urteil vom 6. Mai 2011 Aktenzeichen I-30 U 15/10 mit den Voraussetzungen der Herausgabepflicht einer Golfanlage zu befassen gehabt.
Einstufung als Pachtvertrag
Die Anwendbarkeit von Pachtrecht setzt zunächst voraus, dass überhaupt ein Pachtvertrag vorliegt. Typischerweise ist die Abgrenzung einerseits zum Mietvertrag über Grundstücke und über Räume vorzunehmen, andererseits zu einem Dienstvertrag bzw. Betriebsführungsvertrag. Bei gemischten Verträgen ist entscheidend, wo der Schwerpunkt des Vertrages liegt. Im vorliegenden Fall ging es um den Austausch von Leistungen (Zahlung gegen Überlassung des Golfplatzes und Durchführung diverser Arbeiten). Die Platzpflege sowie die Instandhaltungspflicht stellen zwar dienstvertragliche Elemente dar, die aber gegenüber der Grundstücksüberlassung im Hintergrund stehen. Die Abgrenzung zwischen Miet- und Pachtvertrag erfolgt grundsätzlich danach, ob nicht nur der Gebrauch des Vertragsgegenstandes, sondern auch der Genuss der Früchte zu gewähren ist (Fruchtziehungsrecht). Verträge über die entgeltliche Überlassung voll eingerichtete Hotels, Krankenhäuser oder Gaststätten werden von der Rechtsprechung als Pachtverträge eingeordnet. Das OLG Hamm nahm im Falle der vollständig eingerichteten Golfanlage Entsprechendes an.
Schriftform des Pachtvertrages
Der Pachtvertrag muss gemäß § 550 BGB schriftlich abgeschlossen werden. Die Nichtbeachtung des Schriftformerfordernisses hat aber nicht die Unwirksamkeit zur Folge. Pachtverträge zur umfangreichen Überlassung von Grundstücken unterliegen nicht der notariellen Beurkundungspflicht. Im vorliegenden Fall war der Pachtvertrag faktisch in Kraft gesetzt, es galten für die Abwicklung des Pachtverhältnisses ausschließlich die gesetzlichen Regelungen nach dem bürgerlichen Gesetzbuch. Auf den schriftlichen Vertragstext kam es hingegen nicht an
Überlange Vertragsdauer und wirtschaftliche Abhängigkeit
In Einzelfällen können Pachtverträge unwirksam sein, wenn sie einen der Vertragspartner für eine zu lange Zeit binden und infolgedessen wirtschaftlich knebeln. Es liegt dann Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB vor. Bei Pachtverträgen ist allerdings zu beachten, dass selbst das Gesetz in § 544 BGB eine Vertragsdauer von 30 Jahren grundsätzlich für unbedenklich hält. Allerdings kann im Einzelfall auch bei kürzerer Laufzeit dann eine Unwirksamkeit vorliegen, wenn flankierende Regelungen im Pachtvertrag die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Pächters außergewöhnlich einschränken. Umgekehrt kann der gekündigte Pächter je nach Einzelfall die Kündigung zu Fall bringen, indem er eine wirtschaftliche Existenznot geltend macht. Entscheidend ist dann eine umfassende Abwägung der Interessen von Pächter und Verpächter, ob der Herausgabeanspruch besteht oder nicht.
Herausgabepflicht an Vermieter oder Eigentümer?
Oftmals sind Vermieter und Eigentümer nicht personenidentisch. Oder aber es ist im Verlaufe der Pachtzeit zu einer Vertragsübernahme gekommen. Grundsätzlich kommt es auf die sachenrechtlichen Beziehungen zur Pachtsache nicht an. Bei der Vertragsübernahme handelt es sich um einen dreiseitigen oder zweiseitigen (mit Zustimmung des Mieters) Vertrag. Die Mitwirkung des Eigentümers ist grundsätzlich nicht erforderlich. Es kommt nur auf die Mitwirkung von altem und neuem Vermieter und diejenige des Mieters an (§ § 414 ff. BGB). Dazu reicht es aus, dass alter und neuer Vermieter einen Wechsel vereinbaren und der Mieter dieser Vereinbarung – auch formfrei – zustimmt, so das OLG Hamm unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NZM 2010, Seite 705). Mietrecht und Pachtrecht unterscheiden sich in den Erfordernissen einer Vertragsübernahme nicht. Im Fall des OLG Hamm fehlte es an der erforderlichen Zustimmung des Pächters. Da aber sowohl der frühere Verpächter und der aktuelle Verpächter gemeinsam geklagt hatten, war dies für die Wirksamkeit des Herausgabeanspruchs unschädlich.
Aufspaltung in mehrere Pachtverhältnisse?
Wenn der Eigentümer oder Vermieter einen Teil der durch einen einheitlichen Vertrag verpachteten Sache auf zwei oder mehr Erwerber überträgt, die in den Pachtvertrag gemäß § 566 Abs. 1 BGB eintreten, spalten sich die Vertragsverhältnisse nicht auf. Gleiches gilt in dem Fall, in dem der Eigentümer bzw. Vermieter nur einen Teil der Pachtsache veräußert, während das Eigentum an dem anderen Teil der Pachtsache bei ihm verbleibt. In all diesen Fällen kommt es nicht zur Aufspaltung des Pachtverhältnisses, sondern sämtliche Erwerber bzw. Rechtsnachfolger werden nach den Regeln über die Bruchteilsgemeinschaft gemeinsame Mitvermieter bzw. Mitverpächter. Dies führt dazu, dass die Forderungen gegen den Pächter aus dem Pachtvertrag auf eine im Rechtssinne unteilbare Leistung gemäß § 432 Abs. 1 BGB gerichtet sind. Damit kann jeder Gläubiger die Leistung nur an alle fordern, so das Obergericht unter Verweis auf Bundesgerichtshof NJW 2005, Seite 3781.
Wirksamkeit der Kündigung
Die Wirksamkeit der erklärten Kündigung richtet sich zunächst danach, ob für den Pachtvertrag die gesetzliche Schriftform eingehalten war. Im vorliegenden Fall war der Pachtgegenstand nicht hinreichend bestimmt und auch nicht bestimmbar. Es fehlte auch an einer einheitlichen Vertragsurkunde. Das beurkundungsbedürftige Geschäft muss in einer Urkunde enthalten. Da im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen nicht erfüllt waren, war das Pachtverhältnis mit gesetzlicher Frist frei kündbar und Herausgabeanspruch im Ergebnis begründet.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt exemplarisch, dass die Wirksamkeit eines Herausgabeanspruchs im Pachtrecht von vielen Voraussetzungen abhängt. Insbesondere der Umfang der Formerfordernisse wird im Verlaufe der regelmäßig langen Pachtzeit regelmäßig unterschätzt. Wer zu Kündigung entschlossen ist, sollte akribisch auf die Einhaltung der Voraussetzungen achten. Eine unberechtigte Kündigung führt auf Seiten des Pächters zu einem klagbaren Anspruch auf gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung mit entsprechend unangenehmen Kostenfolgen für den Verpächter.