Probleme bei der Ablösung von Grundschulden nach Zwangsversteigerung

 Der Bundesgerichtshof klärt nicht immer die Rechtslage, sondern sorgt leider immer wieder auch für Entscheidungen, die mehr neue Fragen aufwerfen als sie beantworten. So ist mit dem Urteil vom 4. Februar 2011 Aktenzeichen V ZR 132/10 zulasten von Alteigentümern entschieden worden, dass diese auch nach Versteigerung des früher in ihrem Eigentum befindlichen Objektes für nach dem Zuschlag weiter laufende Grundschuldzinsen selbst dann haften sollen, wenn die Gläubigerbank hinsichtlich der persönlichen Schuld von dem Ersteher, welcher die stehen gebliebene Grundschuld abgelöst hat, die persönliche Schuld vollständig befriedigt worden ist. Das Urteil sorgt für Unklarheiten sowohl beim früheren Eigentümer als auch beim Bieter bzw. Interessenten im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Wird aus einem nachrangigen Recht die Versteigerung betrieben, so muss der Bieter sich frühzeitig Klarheit darüber verschaffen, in welcher Höhe die vorrangigen Grundpfandrechte, welche auch nach dem Zuschlag einer Versteigerung nicht erlöschen, noch valutieren. Denn um die Lastenfreiheit des Objektes zu erreichen, müssen diese Grundpfandrechte separat abgelöst werden. In dem von dem BGH entschiedenen Fall ging es noch um gesicherte Forderungen der Bank in Höhe von rund 5 Millionen Euro. Die eingetragenen Grundschuldzinsen, um welche die Parteien stritten, beliefen sich auf mehr als 200.000 Euro zwischen dem Tag des Zuschlags in der Versteigerung und der tatsächlichen Bezahlung bzw. Ablösung der Grundschuld. Der Ersteher einer Zwangsversteigerung erreichte die vollständige Ablösung der Grundschuld, also Lastenfreiheit des Grundstücks, durch Bezahlung ausschließlich der gesicherten Verbindlichkeit der früheren Eigentümer gegenüber der Bank, während er die weiter aufgelaufenen erwähnten Zinsen nicht bezahlen musste. Wegen dieser Zinsen wandte sich die Bank anschließend dann an die früheren Eigentümer, welche dies nicht einsehen wollten.

Der Bundesgerichtshof entschied zulasten der früheren Eigentümer und zugunsten des Erstehers in der Zwangsversteigerung. Dieser kann sich jedoch nicht darauf verlassen, nicht noch nachträglich auch wegen dieser Zinsen noch in Anspruch genommen zu werden. Denn die früheren Eigentümer dürften gemäß § 816 Abs. 2 BGB aus ungerechtfertigter Bereicherung noch einen Erstattungsanspruch wegen der bezahlten Zinsen gegen den Ersteher behalten. Der im Versteigerungsrecht beratende Anwalt muss seinen Mandanten auf derartige Risiken hinweisen. Die bis zu dieser Entscheidung insoweit klar scheinende Rechtslage, vorgezeichnet durch BGH NJW 1989, Seite 1349, ist nunmehr aufgefächert. Die grundsätzlich eindeutige Regelung des § 50 Satz 2 ZVG, wonach dem Ersteher sowohl der Nominalbetrag als auch die dinglichen Zinsen ab Zuschlag aufgebürdet werden, wird aufgeweicht, indem die Bank nicht mehr die Pflicht, sondern nur noch das Recht hat, sich an den Ersteher wegen dieser Zinsen zu wenden.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in den wesentlichen Gründen

Leitsatz:
Will der Ersteher des Grundstücks eine in der Zwangs- oder Teilungsversteigerung bestehen gebliebene Grundschuld ablösen, ist der Grundschuldgläubiger auf Grund des durch die Sicherungsabrede begründeten Treuhandverhältnisses mit dem per-sönlichen Schuldner zur Verwertung der Grundschuld in der Weise verpflichtet, dass dieser von der persönlichen Schuld vollständig befreit wird; weitergehende Pflichten zumindest im Hinblick auf zur Zeit der Ablösung nicht valutierte Grundschuldzinsen treffen den Grundschuldgläubiger nicht.

Tatbestand:
Den Klägern gehörte ein Grundstück in M. . Dieses war zur Sicherung mehrerer Darlehen, welche die Rechtsvorgängerin der Beklagten an die Kläger ausgereicht hatte, mit neunzehn Grundschulden über insgesamt 5.317.435 Euro belastet, die jeweils mit 18 %
p.a. zu verzinsen waren. Die den Grundschulden zugrunde liegenden Zweckbestimmungserklärungen lauten auszugsweise wie folgt:
“Zur Sicherung aller Ansprüche der Bank aus diesem Darlehensverhältnis dienen die der Bank am Beleihungsobjekt zu verschaffenden Grundschulden Die Ansprüche auf Rückgewähr dieser Grundschuld sind darauf beschränkt, dass von der Bank ausschließlich die Löschung der Grundschuld verlangt werden kann. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn im Zeitpunkt der Rückgewähr das Eigentum an dem belasteten Grundbesitz durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung gewechselt hat. Die Bank ist nicht verpflichtet, bei einem Zwangsvollstreckungsverfahren die Grundschuld mit einem ihre schuldrechtlichen Ansprüche überstei-genden Betrag geltend zu machen. Sie ist berechtigt, ganz oder teilweise auf die Grundschuld oder auf einen an ihre Stelle getretenen Geldbetrag zu verzichten. Dies gilt auch bei einer Verwertung der Grundschuld außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens.”
Die Kläger betrieben zum Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft die Teilungsversteigerung des Grundstücks. Am 22. Dezember 2005 wurde der Ersteherin der Zuschlag erteilt; die zugunsten der Beklagten bestellten Grund-schulden blieben bestehen.
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Die Beklagte teilte der Ersteherin mit Schreiben vom 6. März 2006 wegen einer geplanten Ablösung der Grundschulden deren Nominalbetrag – ohne Grundschuldzinsen – mit und bat um Überweisung auf das Darlehenskonto der Kläger. Die Zahlung erfolgte am 15. März 2006. Die Beklagte rechnete daraufhin die Darlehen, die zu dieser Zeit noch in Höhe von 5.186.763 Euro valutierten, ab und zahlte den Mehrerlös an die Kläger aus. Die Grundschulden über-trug sie im Laufe des Rechtsstreits an die Kläger. Der Duldungsanspruch we-gen der Zinsen für die Zeit vom 22. Dezember 2005 bis zum 15. März 2006, welche sich nach Berechnung der Kläger auf 220.673 Euro belaufen, ist Ge-genstand eines zwischen den Klägern und der Ersteherin geführten Rechts-

streits, in dem sich die Ersteherin unter anderem auf einen ihr gegenüber er-klärten Verzicht der Beklagten auf die Grundschuldzinsen beruft.
Die Kläger meinen, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Ersteherin (auch) wegen der nach dem Zuschlag angefallenen dinglichen Zinsen in An-spruch zu nehmen und diese anschließend an sie auszukehren. Das Landge-richt hat die auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Wie-derherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in WM 2010, 1459 veröffentlicht ist, hält den Feststellungsantrag für begründet. Die Beklagte sei auf Grund des durch die Sicherungsabrede begründeten Treuhandverhält-nisses verpflichtet gewesen, bei der Verwertung der Grundschulden die Interessen der Kläger wahrzunehmen. Diese Pflicht habe sie verletzt, indem sie es unterlassen habe, die ab Zuschlagserteilung angefallenen Grundschuldzinsen von der Ersteherin zu verlangen. Soweit die Zweckbestimmungserklärungen vorsähen, dass die Beklagte nicht gehalten sei, die Grundschulden mit einem die schuldrechtlichen Ansprüche übersteigenden Betrag geltend zu machen, hielten sie einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klausel sei überraschend und enthalte zudem einen unzulässigen Haftungsausschluss. Der
den Klägern entstandene Schaden liege darin, dass die Ersteherin – was für die Feststellungsklage zu unterstellen sei – auf eine entsprechende Aufforderung der Beklagten hin auch die Grundschuldzinsen gezahlt hätte. Dagegen seien die Kläger nunmehr gezwungen, die an sie abgetretenen Zinsansprüche ge-richtlich durchzusetzen, was zumindest eine Vermögensgefährdung begründe.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Revision führt zur Wie-derherstellung der Entscheidung des Landgerichts. Den Klägern steht kein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB wegen einer unterbliebenen Geltendmachung der Grundschuldzinsen zu.
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1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass die Beklagte die bei der Bestellung der Grundschulden vereinbarten dinglichen Zinsen (§ 1191 Abs. 2 BGB) beanspruchen konnte, obwohl bereits das Grundschuldkapital zur Tilgung der gegenüber den Klägern beste-henden Darlehensforderungen ausreichend war. Zwar steht dem Grundschuld-gläubiger im Verhältnis zum Sicherungsgeber die Grundschuld nur in Höhe der durch diese gesicherten schuldrechtlichen Zahlungsverpflichtung zu. Das schließt jedoch die Geltendmachung des gesamten haftenden Betrags ein-schließlich der dinglichen Zinsen nicht aus, da die Grundschuld von der ihr zugrunde liegenden persönlichen Forderung unabhängig ist und daher von dem Gläubiger in dem bestellten Umfang verwertet werden kann (Senat, Urteil vom 27. Februar 1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505 f.; OLG Celle, WM 1985, 1112, 1114; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1191 Rn. 32; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl., § 1191 Rn. 59; MünchKomm-BGB/Eickmann, 5. Aufl., § 1191 Rn. 150
mwN; aA OLG München, ZIP 1980, 974, 975; Vollkommer, NJW 1980, 1052, 1053).
2. Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die Beklagte jedoch für verpflichtet, die in der Zeit ab Zuschlagserteilung (§ 56 Satz 2 ZVG) bis zur Ablösung der Grundschulden angefallenen Zinsen von der Ersteherin zu verlangen. Eine derartige Verpflichtung kann dem den Grundschuldbestellungen jeweils zugrun-de liegenden Sicherungsvertrag nicht entnommen werden.
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a) Der Senat hat die Frage, ob der Gläubiger einer nicht (mehr) voll valu-tierten Grundschuld gleichwohl die zur Tilgung der gesicherten Schuld nicht be-nötigten Grundschuldzinsen zugunsten des Sicherungsgebers geltend machen muss, bislang offen gelassen (Urteil vom 27. Februar 1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505, 1506). In Rechtsprechung und Schrifttum wird sie vorrangig unter dem Gesichtspunkt einer Pflicht zur vollständigen Anmeldung des Grundpfand-rechts in der Zwangsversteigerung erörtert.
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Einer Antwort bedarf es auch hier nicht. Denn die Kläger werfen der Be-klagten keinen Pflichtverstoß im Zusammenhang mit der (Teilungs-)Verstei-gerung des Grundbesitzes vor. Der Anspruch wird vielmehr darauf gestützt, dass die Beklagte anlässlich der Ablösung der Grundpfandrechte entgegen dem Inhalt des Sicherungsvertrags von einer Geltendmachung der rückständi-gen Grundschuldzinsen gegenüber der Ersteherin abgesehen habe.
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b) Gegen den Sicherungsvertrag hat die Beklagte nicht verstoßen.
aa) Zwar ist der Grundschuldgläubiger auf Grund des durch die Siche-rungsabrede begründeten Treuhandverhältnisses gehalten, bei der Ausübung seiner sich aus der Grundschuld ergebenden Rechte zugleich die Interessen des Sicherungsgebers zu wahren (BGH, Urteil vom 7. Mai 1987 – IX ZR 198/85, NJW-RR 1987, 1291, 1292; Urteil vom 8. Dezember 1988 – III ZR 107/87, NJW 1989, 1732, 1733). Das gilt auch für die Ablösung eines gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG in der Zwangsversteigerung bestehen gebliebenen Grundpfand-rechts durch den Ersteher, weil wegen der damit verbundenen Auswirkungen auf die zugrunde liegende Schuld die Belange des Sicherungsgebers ebenfalls berührt werden.
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bb) Dieser Pflicht kommt der Gläubiger aber dadurch nach, dass er für die Verwertung der Grundschuld in der Weise sorgt, dass der Sicherungsgeber von der persönlichen Schuld befreit wird. Er muss deshalb einen zur Tilgung seiner persönlichen Forderung ausreichenden Ablösungsbetrag verlangen und diesen, wenn er gezahlt wird, mit den gesicherten Forderungen verrechnen. Führt die Ablösung – wie hier – zu einer (vollständigen) Befriedigung des Gläubi-gers, kommt sie zugleich dem Sicherungsgeber zugute. Das von diesem im Rahmen des Sicherungsgeschäfts vorrangig verfolgte Ziel, nämlich die Befrei-ung von der gegenüber dem Gläubiger bestehenden schuldrechtlichen Zah-lungsverpflichtung, ist erreicht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob – was das Berufungsgericht offen gelassen hat – die Zahlung auf die Grundschuld o-der die gesicherte Forderung erfolgt (vgl. zur Abgrenzung Senat, Urteil vom 28. Mai 1976 – V ZR 208/75, NJW 1976, 2132, 2133; Urteil vom 16. Juni 1989 – V ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1036, 1037 mwN).
cc) Weitergehende Pflichten zumindest im Hinblick auf zur Zeit der Ablösung nicht valutierte Grundschuldzinsen ergeben sich aus der treuhänderischen Gebundenheit des Inhabers der Grundschuld nicht.
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(1) Denn die Zinsen hätten den Klägern auch dann nicht zugestanden, wenn diese vor der Teilungsversteigerung des Grundstücks die Grundschulden selbst abgelöst hätten. Dabei kann offen bleiben, ob sich die für diesen Fall in den Zweckbestimmungserklärungen vorgesehene Beschränkung des Rückge-währanspruchs auf die Löschung der Grundpfandrechte als wirksam erweist (bejahend etwa Erman/F. Wenzel, aaO, § 1191 Rn. 63; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 8. Aufl., Rn. 756 f.; aA MünchKomm-BGB/Eickmann, aaO; § 1191 Rn. 131; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2009], Vorbem. §§ 1191 ff. Rn. 157; differenzierend Clemente, Recht der Sicherungs-grundschuld, 4. Aufl., Rn. 579). Denn selbst wenn dies zu verneinen wäre, hätte den Klägern zwar ein Anspruch auf Übertragung der Grundschuld zugestanden. Diese hätte aber nach der – gemäß § 1192 Abs. 1 BGB auch auf die Grundschuld anwendbaren (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 1965 – V ZR 83/63, WM 1965, 1197, 1198) – Vorschrift in § 1178 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem Erlöschen des dinglichen Zinsanspruchs geführt. Ein sachlicher Grund dafür, weshalb der Rückgewähranspruch durch den auf Grund der Teilungsversteigerung eingetretenen Eigentumsverlust eine Ausweitung erfahren soll, ist nicht gegeben.
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(2) Dem Interesse des Sicherungsgebers an einer Befreiung von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger könnte die Geltendmachung eines zur Tilgung der Schuld nicht benötigten Zinsanspruchs sogar zuwiderlaufen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der die Ablösung betreibende Ersteher angesichts einer solchen Forderung – etwa weil die Grundschuldzinsen in seinem eigenen Finanzierungsplan nicht berücksichtigt sind – von der Ablösung Abstand nimmt. Das gilt insbesondere dann, wenn in der Zeit nach Zuschlagserteilung bereits ein erheblicher Zinsbetrag (hier nach der Berechnung der Kläger 220.673 €) aufgelaufen ist. Ein Scheitern der Ablösung wirkte sich indes unmittelbar nachteilig für den Sicherungsgeber aus, zumal bei einer (erneuten) Verwertung des Grundstücks in der Zwangsversteigerung ein auch die Grund-schuldzinsen umfassender Übererlös vielfach nicht zu erwarten sein wird.
(3) Ohne Bedeutung bleibt, dass die Ersteherin das Grundschuldkapital innerhalb der von der Beklagten gesetzten Frist vollständig gezahlt hat. Denn die Frage, ob sie zusätzlich die dinglichen Zinsen gezahlt hätte und deren Gel-tendmachung daher im Interesse der Kläger liegt, stellte sich nicht nach, son-dern vor der Ablösung der Grundschulden. Zu diesem Zeitpunkt war das Zah-lungsverhalten der Ersteherin jedoch noch nicht absehbar. Dass diese nach dem Ausgleich des zunächst mitgeteilten Ablösungsbetrags auf eine die Zinsen betreffende Nachforderung eingegangen wäre, wie es das Berufungsgericht unterstellt hat, wird von den Klägern nicht behauptet.
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(4) Auch der Umstand, dass der Ersteher den Gläubiger bei einer Ablösung in der vollen Höhe der Grundschuld zu befriedigen hat (§ 266 BGB; vgl. Senat, Beschluss vom 28. September 1989 – V ZB 17/88, BGHZ 108, 372, 379; BGH, Urteil vom 11. Mai 2005 – IV ZR 279/04, NJW 2005, 2398), führt zu kei-nem anderen Ergebnis. Zwar unterfallen die Grundschuldzinsen als Bestandteil des dinglichen Rechts dem Teilleistungsverbot. Daraus kann der Sicherungs-geber aber schon deshalb nichts für sich herleiten, weil § 266 BGB ausschließ-lich das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Ersteher betrifft. Zudem hin-dert die Vorschrift den Gläubiger nicht daran, sich mit einer Zahlung nur des Grundschuldkapitals zufrieden zu geben. Denn sie betrifft nur Teilleistungen des Schuldners und steht der Annahme einer solchen Leistung durch den
Gläubiger nicht entgegen (Senat, aaO). Dass in der zwischen der Beklagten und der Ersteherin bestehenden rechtlichen Beziehung besondere Umstände begründet sind, die die Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus-nahmsweise verpflichtet erscheinen ließen, eine auf das Grundschuldkapital beschränkte Leistung abzulehnen (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 1977 – V ZR 235/74, WM 1978, 192, 193), ist nicht ersichtlich.
dd) Die Beklagte war schließlich deshalb nicht verpflichtet, die Grundschuldzinsen gegenüber der Ersteherin geltend zu machen, weil es insoweit an einem Zahlungsanspruch fehlt und der Zinsanspruch auch nicht auf eine ande-re, für die Beklagte zumutbare Weise durchgesetzt werden kann.
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(1) Die Grundschuld verleiht dem Inhaber nur das Recht, aus dem belasteten Grundstück Befriedigung zu suchen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1952 – IV ZR 28/52, BGHZ 7, 123, 126). Ein Anspruch auf Ablösung der Grundschuld besteht für ihn nicht. Erst recht kann er den Ersteher nicht auf Zahlung eines bestimmten Ablösungsbetrags in Anspruch nehmen. Die Übernahme einer dahingehenden Verpflichtung in dem Sicherungsvertrag wäre letztlich auf eine unmögliche Leistung (§ 275 Abs. 1 BGB) gerichtet.
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(2) Der Gläubiger könnte daher die nach der Zuschlagserteilung angefal-lenen dinglichen Zinsen allenfalls im Wege einer hierauf beschränkten Vollstre-ckung in das Grundstück geltend machen. Ein solches Vorgehen wäre für ihn indes nicht zumutbar. Denn seine Pflicht zur Wahrung der Interessen des Si-cherungsgebers findet dort ihre Grenze, wo eigene schutzwürdige Belange ent-gegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1999 – XI ZR 280/98, NJW 2000, 352, 353 mwN). Das schließt die Verpflichtung zur Durchführung eines Verstei-
gerungsverfahrens, welches ausschließlich der Erzielung eines an den Siche-rungsgeber auszukehrenden Übererlöses diente, aus.
c) Nach alledem kommt es auf die Wirksamkeit der Bestimmung in der Sicherungsabrede, nach der die Beklagte die Grundschuld nicht in einem ihre schuldrechtlichen Ansprüche übersteigenden Umfang geltend machen muss, nicht an (vgl. dazu van Bevern, BKR 2010, 453, 456 f.)
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3. Dass die Beklagte die Grundschulden erst später als drei Jahre nach der Ablösung des Grundschuldkapitals an die Klägerin übertragen hat, begrün-det entgegen deren Auffassung ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch. Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, welcher Schaden den Klägern dadurch entstanden ist.
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4. Dass die Beklagte – worauf sich die Kläger ebenfalls berufen – gegen-über der Ersteherin auf die Geltendmachung der dinglichen Zinsen verzichtet haben soll, begründet allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) im Hinblick darauf, dass die Kläger ge-gen die Ersteherin im Vertrauen auf den Bestand der Zinsforderung Vollstre-ckungsmaßnahmen ergreifen wollen, einen Schadensersatzanspruch. Für eine solche Schädigung ist jedoch nichts ersichtlich

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