Seit dem 18.8.2009 ist die neue Honorarordnung für Architekten in Kraft (Bundesgesetzblatt I, Seite 2732). Der Gesetzgeber hat die Honorarordnung grundlegend neu geregelt. Die Hauptziele waren die Vereinfachung und die Liberalisierung. Ein weiterer Anlass war die europarechtliche Notwendigkeit, die EU-Dienstleistungsrichtlinie in deutsches Recht umzusetzen.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Neuregelungen. Den vollständigen Text der HOAI 2009 finden Sie unter dem nachfolgenden Link HOAI 2009 – Volltext.
Gesetzlich vorgeschriebenes Preisrecht oder Honorarvereinbarung
Die Honorarregelungen unterteilen sich in ein nach wie vor zwingendes Preisrecht einerseits und die für Teilbereiche nunmehr mögliche freie Honorarvereinbarung andererseits. Dem zwingenden Preisrecht unterliegen die Planungsleistungen, das heißt die Bauleitplanung, Landschaftsplanung, Planung für Gebäude und raumbildende Ausbauten, für Freianlagen, die Ingenieurbauwerke, Verkehrsanlagen, sowie die Tagwerkplanung und diejenige für die technische Ausrüstung. In diesen Bereichen sind auch die Instrumente eines Mindestsatzes und eines Höchstsatzes beibehalten worden. Nur im Ausnahmefall dürfen diese Sätze unterschritten beziehungsweise überschritten werden, § 7 Abs. 3 und 4 HOAI.
Sämtliche Beratungsleistungen gemäß der Anlage I zur HOAI können zukünftig auf Grundlage einer freien Vereinbarung honoriert werden. Fehlt eine solche ausdrückliche Vereinbarung, gilt § 632 Abs. 2 BGB, das heißt, im Zweifel gilt stillschweigend die übliche Vergütung als vereinbart.
Keine Geltung für ausländische Architekten
Die neue HOAI gilt nur für in Deutschland ansässige Architekten und Ingenieure. Der ausländische Architekt oder Ingenieur, welcher in Deutschland einen Auftrag annimmt, unterliegt hingegen nicht den Beschränkungen der HOAI an. Dies gilt nur dann, wenn er ein auf Dauer angelegtes Büro sitzt in Deutschland eröffnet. Durch diese eingeschränkte Geltung die deutschen Architekten und Ingenieure im internationalen Wettbewerb innerhalb Deutschlands benachteiligt. Es dürfte allerdings wenig Aussicht bestehen, mit diesem Argument die Geltung der HOAI erfolgreich vor Gericht anzugreifen.
Neue Begrifflichkeiten
Die Begriffe Objekt, Gebäude, Wiederaufbauten oder auch “fachlich anerkannte Regeln der Technik” sowie der Begriff der Kostenschätzungen, der Kostenberechnung und der Honorarzone sind teilweise neu gefasst oder auch erstmals überhaupt gesetzlich definiert worden. Wer im Alltag die HOAI anwendet, muss bei Verwendung dieser Begriffe auf diese neuen Legaldefinitionen achten. Der Gesetzgeber hat hierfür die zentrale Vorschrift des § 2 HOAI gewählt.
Neue Regelungen zur Honorarvereinbarung
Die unter Geltung der früheren Rechtslage oft beklagte Intransparenz der Honoraransprüche der Architekten und Ingenieure war Anlass für den Gesetzgeber, neue Regelungen auch betreffend das Procedere der Honorarvereinbarung zu betreffen. Zum einen ist nunmehr die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausdrücklich Gesetz geworden, wonach die Wirtschaftlichkeit der Leistungen stets zu beachten ist. (BGH, Neue Juristische Wochenschrift 2009, Seite 2947)
Gesetzliche Pflicht zur Erörterung
Andererseits ist nunmehr die Verpflichtung beiden Vertragsparteien auferlegt, das Ergebnis jeder Leistungsphase zu erörtern. In erster Linie führt dieszu einer Verpflichtung des Architekten, seiner eigene Arbeit plausibel zu erklären und seine Entscheidungen im Verlaufe des Bauvorhabens zu rechtfertigen, um so bereits im Vorfeld späterer denkbarer Meinungsverschiedenheiten das Risiko eines Konfliktes zu minimieren..
Kostenberechnung als neue Standardgröße für die anrechenbaren Kosten
Der Bezugspunkt für die Höhe des Honorars ist nach wie vor die Höhe der anrechenbaren Kosten, § 4 HOAI zu. Die anrechenbaren Kosten sind nun nicht mehr je nach Leistungsphase zum Teil völlig unterschiedlich zu ermitteln (früher Kostenberechnung, Kostenanschlag oder auch Kostenfeststellung), sondern nunmehr ist einheitlich die Kostenberechnung maßgeblich für die Honorarermittlung. Die Kostenberechnung knüpft an die vor Baubeginn voraussichtlich entstehenden Kosten an. Der Honoraranspruch des Architekten wird also von denen immer erst nachträglich feststehenden tatsächlichen Kosten abgekoppelt. Dies soll ebenfalls zu mehr Transparenz und vorher Wählbarkeit des Honoraranspruchs führen. Nach § 6 HOAI besteht für den Fall, dass als Grundlage für eine Kostenberechnung noch gar keine Planung vorliegt, die alternative Möglichkeit einer so genannten Baukostenvereinbarung.
Nachträgliche Änderungen der Honorarvereinbarung
Die freie Honorarvereinbarung ist in deutlich erweiterten Umfange möglich. Nach der neuen Regelung in § 7 HOAI ist diese Honorarvereinbarung nachträglich zu ändern, wenn während der Baudurchführung sich die der Honorarvereinbarung zu Grunde liegenden Kalkulationsparameter wesentlich ändern. Das kann etwa der Fall sein bei einem nachträglich zusätzlich beauftragten Leistungsumfang oder auch bei einer erheblichen nachträglichen Änderung der Baukosten. Mit Blick hierauf sollten allerdings die Parteien schon bei Abfassung der anfänglichen Honorarvereinbarung derartige Eventualitäten mit regeln, um spätere Konflikte zu vermeiden. Es liegt nahe, auf die insoweit bereits jahrzehntelang eingeführten Bestimmungen in der VOB Teil B. (Verdingungsordnung für Bauleistungen) zurückzugreifen, wozu es mittlerweile sehr ausdifferenzierte Rechtsprechung betreffend Mehrvergütungsansprüche aufgrund nachträglicher Anordnungen des Auftraggebers existiert, vergleiche § 2 VOB/B.
Erfolgsabhängige Vergütungskomponente durch Bonus-Malus-Regelung
Eine interessante gesetzgeberische Idee findet sich in § 7 Abs. 7 HOAI, die so genannte Bonus-Malus-Regelung. Hier wird gewissermaßen ein Erfolgshonorar des Architekten oder Ingenieurs vorgesehen, das zu einem zusätzlichen Honorar von bis zu 20% führt, wenn aufgrund erfolgreicher Bauplanung die Baukosten ohne Verminderung des vertraglich vorgesehenen Standards erheblich gegenüber den ursprünglich vorgesehenen Werten unterschritten werden. Ein solches Erfolgshonorar folgt allerdings nicht unmittelbar aus § 7 HOAI, sondern setzt eine entsprechende ausdrückliche vertragliche Vereinbarung voraus. Bei der Vertragsgestaltung ist darauf zu achten, dass jeder Konflikt mit dem stets geltenden allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot vermieden wird. Denn vielfach wird sich die berechtigte Frage stellen, ob nicht das Ergebnis einer konsequenten Kostenkontrolle mit der Folge einer Kostenunterschreitung nicht bereits aufgrund des ursprünglich vereinbarten Leistungsprogramms des Architekten von diesem geschuldet wird, was im Ergebnis den zusätzlichen Bonus-Anspruch in Frage stellen würde.
Umgekehrt ist eine Malus-Regelung ähnlich einer Vertragsstrafe möglich, wonach bei erheblicher Überschreitung der vorgesehenen Baukosten eine Honorarkürzung erfolgen kann. Inkonsequent und nur rechtspolitisch zu rechtfertigen ist die Entscheidung des Gesetzgebers, für eine Malus-Regelung auch mündliche Vereinbarungen ausreichen zu lassen, während das Erfolgshonorar (Bonus-Regelung) eine schriftliche Vereinbarung zwingend erfordert, vergleiche § 7 Abs. 7 HOAI.
Zulässigkeit eines Zahlungsplans
Die Regelungen über die Zulässigkeit von Abschlagszahlungen wurden im wesentlichen aus der alten HOAI in den neuen § 15 HOAI nF übernommen. Neu ist insoweit § 15 Abs. 2 HOAI, wonach nunmehr auch ein konkretisierter Zahlungsplan für Abschläge vertraglich vereinbart werden kann.
Novellierung der Leistungsbilder
Diverse Aktualisierungen hat der Abschnitt über die Gebäudeplanung erfahren. Zum einen sind nunmehr die Gebäudeplanung und die Freianlagenplanung voneinander getrennt geregelt. Zum anderen wurden die Leistungsbilder novelliert. Auch hier wird auf den Gesetzestext verwiesen. Planungsleistungen bei Bestandsgebäuden sind hinsichtlich der Regelungen über die anrechenbaren Kosten neu bestimmt worden. Die vorhandene Bausubstanz darf nunmehr grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden.
Neuregelung zu Umbauten und Modernisierungen
Auf der anderen Seite kann nunmehr bei Umbauten und Modernisierungen ein pauschaler Zuschlag von bis zu 80% vereinbart werden, vergleiche § 35 HOAI. Auch wird nach wie vor die vorhandene Bausubstanz quasi über die Hintertür weiterhin Berücksichtigung finden, denn die mitverarbeiteten Bausubstanz kann bei den anrechenbaren Kosten berücksichtigt werden, vergleiche § 4 Abs. 2 Nr. 4 HOAI und hierzu die bereits aus dem Jahre 1986 stammende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nachgewiesen in Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport 1986, Seite 1214.
Übergangsrecht
Die neue HOAI gilt für sämtliche Verträge, die seit dem 18.8.2009 abgeschlossen worden sind. Für früher geschlossene Verträge gelten noch die alten Regelungen.