Viele Bauträgerverträge kommen nicht durch einen klassischen Kaufvertrag, sondern durch separat beurkundete Kaufangebote und Annahmeerklärungen von Käufer-und Verkäuferseite zu Stande. Regelmäßig gibt der Erwerber zunächst ein bindendes Kaufangebot ab, an das er für einen bestimmten Zeitraum gebunden ist. Innerhalb derselben Frist muss der Verkäufer das Angebot annehmen, oder aber es erlischt. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass im klassischen Bauträgervertrag eine Annahmefrist, welche länger als vier Wochen beträgt, regelmäßig unwirksam sein dürfte. In derartigen Fällen kann der Erwerber noch nachträglich sich dann vom Vertrag lösen, auch wenn der Kaufvertrag längst vollzogen worden ist und der Kaufpreis bezahlt wurde.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
In dem von der Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (Urteil vom 11. Juni 2010 Aktenzeichen V ZR 85/09) gab der Kläger gegenüber der Beklagten ein notariell beurkundetes Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung ab. Das Angebot vom 4. Mai 2004 sollte bis zum 30. September 2004 bindend sein. Mit notarieller Urkunde vom 22. Juni 2004 erklärte der beklagte Bauträger die Annahme des Angebots. Nach Zahlung des Kaufpreises von 108.000 Euro und erklärter Auflassung wurde der Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit seinem zwei Jahre später erklärten Begehren, den Kaufvertrag wegen arglistig verschwiegener Mängel der Wohnung rückabwickeln zu lassen, hatte der Erwerber letztlich vor dem Bundesgerichtshof Erfolg, weil die vertraglich geregelte Annahmefrist von mehr als vier Monaten unzulässig lang war.
Die neue Rechtslage
Bauträgerverträge sind fast immer vorformuliert, d.h. vor der Beurkundung nicht im einzelnen mit dem Erwerber ausgehandelt. Auch wenn es zur notariellen Beurkundung kommt, handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, so dass besondere Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches über zulässige und unzulässige Klauseln eingehalten werden müssen. Nach dem insoweit einschlägigen § 308 Nr. 1 BGB ist eine unangemessen lange Bindungsfrist als Vertragsbedingung unwirksam. Der Bundesgerichtshof zieht § 147 Abs. 2 BGB heran, wonach der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden darf, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Für den Bauträgervertrag nimmt der Bundesgerichtshof an, dass vier Wochen ein angemessener und regelmäßig erwarteter Zeitraum sind, in welchem der Verkäufer (Bauträger) die Bonität des Erwerbers abschließend prüfen kann und auch sonst die Endentscheidung über die Annahme des Kaufvertrags treffen muss.
Der Bundesgerichtshof gewährte dem Erwerber im Ergebnis einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises, allerdings mit Ausnahme der ebenfalls geltend gemachten Nebenkosten des Immobilienerwerbs wie Grundsteuer, Notargebühren und Grundbuchkosten.
Gestaltungsalternativen
Ein Bauträger, dem eine vierwöchige Annahmefrist nicht genügt, ist gut beraten, zukünftig einen echten Kaufvertrag mit Ausstiegsoption abzuschließen oder aber einen Kaufvertrag, dessen Vollzug unter einer aufschiebenden Bedingung steht. Hier dürften längere Fristen, während derer der Bauträger über den Vollzug des Vertrages noch entscheiden kann, zulässig sein. Insgesamt ist aber auf eine ausgewogene, auch die Interessen des Erwerbers hinreichend berücksichtigende, Vertragsgestaltung zu achten. Für den Fall des “Ausstiegs” des Bauträgers sollten dem Erwerber sämtliche bis dahin entstandene Kosten erstattet werden und diese Pflicht auch im Vertrag festgehalten sein, vergleiche hierzu auch Blank, Neue Juristische Wochenschrift 2010, Seite 2876.
Für Erwerber von Wohnungen ergeben sich aus der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in jedem Falle interessante Möglichkeiten des nachträglichen Ausstiegs, denn Tausende von Altverträgen dürften insoweit unzulässige Gestaltungen vorgesehen haben.