Es erscheint selbstverständlich, dass das Nachbarrecht Schadensersatzansprüche vorsieht, wenn es am Eigentum des Nachbarn aufgrund von Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück es zu Beschädigungen kommt. In der Praxis kommt dies vergleichsweise häufig im Rahmen von Tiefbauarbeiten vor, die auf dem Nachbargrundstück zu Absackungen führen können. Auch Erschütterungen durch Bohrungen sowie bei Gebrauch schwerer Maschinen können Nachbargrundstücke beeinträchtigen. Der klassische Schadensersatzanspruch setzt den Nachweis des Verschuldens voraus. Wenn der Bauherr nachweisen kann, dass nach den Regeln der Technik gearbeitet wurde, fehlt es vielfach an diesem Verschulden. Die einzige Möglichkeit für den geschädigten Nachbarn besteht dann darin, den grundsätzlich verschuldensunabhängigen so genannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend zu machen.
Verschuldensunabhängige Haftung des Eigentümers, aber nicht des Bauunternehmers
Einwirkungen vom Nachbargrundstück auf das eigene Eigentum können nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich untersagt werden. Wenn sie ausnahmsweise geduldet werden müssen, was von Einzelfall zu Einzelfall entschieden werden muss, kann zumindest ein Ausgleich in Geld, d.h. eine Entschädigung, verlangt werden. Sind durch die Einwirkungen konkrete Schäden entstanden, entspricht der Ausgleichsanspruch betragsmäßig einem Schadensersatzanspruch. Die Besonderheit dieses Anspruches besteht darin, dass wenn nicht ausnahmsweise eine Duldungspflicht wie erwähnt besteht, der Beseitigungsanspruch mitsamt Schadenersatz grundsätzlich nicht von einem Verschulden des Nachbar-Eigentümers abhängt. Zu beachten ist aber, dass dieser Anspruch immer nur gegen den Eigentümer besteht, nicht gegenüber den von ihm beauftragten Bauunternehmern, die in der Regel in den typischen Fällen die tatsächlich Letztverantwortlichen sind. Nur im Ausnahmefall, nämlich dann wenn der Bauunternehmer nicht nur mit den Bauarbeiten selbst, sondern auch mit dem Aufbau der gesamten Anlage, der Bestimmung des Standorts und der gesamten Organisation des Bauprojekts auf dem gesamten Grundstück beauftragt worden und ihm auf diese Weise allein das Kostenrisiko für die eingegangenen Verpflichtungen und das Wagnis hinsichtlich einer Schädigung oder Beeinträchtigung Dritter bei den Bauarbeiten übertragen worden ist, kommt auch das Bauunternehmen als Verpflichteter für den in der Regel am leichtesten durchzusetzenden nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz zwei BGB in Betracht, so Bundesgerichtshof in BGHZ 113, Seite 392. Diese Rechtsprechung wurde vom Bundesgerichtshof erst kürzlich bestätigt mit Urteil vom 16. Juli 2010 Aktenzeichen V ZR 217/09.