Instandsetzungsbedarf und Verzögerte Beschlussumsetzung in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Ein Anspruch auf Schadenersatz wegen verzögerter Beschlussfassung über notwendige Instandsetzungsmaßnahmen scheidet aus, wenn der betroffene Wohnungseigentümer vorher gefasste Beschlüsse über die Zurückstellung der Instandsetzung nicht angefochten hat. Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 13. Juli 2012 (V ZR 94/11) über eine entsprechende Klage einzelner Wohnungseigentümer zu entscheiden gehabt.

Kostenersatz für die Anmietung einer Ersatzwohnung während der Bauarbeiten?

Eine pflichtwidrig verzögerte Instandsetzung des Gemeinschaftseigentum kann grundsätzlich Schadensersatzansprüche nach § § 280 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 286 BGB, § 21 IV WG und § 31 BGB auszulösen. Ob der Verband der Wohnungseigentümer im Verhältnis zu dem einzelnen Wohnungseigentümer selbst zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentum überhaupt verpflichtet ist und für Verstöße gegen diese Pflicht durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer einzustehen hat, ist allerdings umstritten.

Pflichtverletzung

Voraussetzung für eine Haftung ist eine Pflichtverletzung. Die Wohnungseigentümer haben bei der Entscheidung darüber, in welchen Schritten sie eine sachlich gebotene Instandsetzung des Gemeinschaftseigentum durchführen, einen Gestaltungsspielraum. Ein Anspruch auf sofortige Durchführung einer bestimmten Maßnahme entsteht nur dann, wenn allein dieses Vorgehen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Im vorliegenden Fall konnte dies nicht bereits zu dem von den Klägern gewünschten Zeitpunkt festgestellt werden. Denn hinsichtlich eines Mangels im Gemeinschaftseigentum lag zwar bereits frühzeitig ein Gutachten vor, jedoch war die Ursachenforschung noch nicht eindeutig abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund beanstandete das Gericht nicht, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer noch weitere Aufklärung wünschte.

Zu warten von mehr als einem Jahr

Allerdings darf ein festgestellter Sanierungsbedarf nicht zu lange hinausgezögert werden. Eine allgemeine Prüfungsfrist von sechs Wochen wird von den Gerichten regelmäßig zugebilligt. Verstreicht mehr Zeit, ist dieser Zeitablauf aber von der Wohnungseigentümergemeinschaft näher zu begründen.

Bestandskraft der Beschlüsse nach § 23 IV 2 WEG

Die Bestandskraft eines Beschlusses schließt den Einwand, er habe nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen, aus. Dies gilt auch für Schadensersatzansprüche. Der inhaltlich fehlerhafte Beschluss wird zwar durch den Eintritt der Bestandskraft nicht fehlerfrei, so der BGH in der jüngsten Entscheidung. Er bleibt aber gültig und bildet deshalb die legitime Grundlage für das weitere Handeln der Wohnungseigentümergemeinschaft. Er muss vom Verwalter umgesetzt werden. An bestandskräftige Beschlüsse muss sich ein Verwalter in der Regel halten.

Ausnahme Nichtigkeit

Im Ausnahmefall können Beschlüsse zwar bestandskräftig, aber nichtig sein. Bei greifbarer Gesetzwidrigkeit kann eine Nichtigkeit vorliegen. Dann darf auch ein Verwalter sich an derartige Beschlüsse nicht mehr halten, sondern muss auf eine erneute, wirksame Beschlussfassung hinwirken.

Schadenersatz nach § 14 Nummer 4 WEG

Das Wohnungseigentumsgesetz sieht neben einem Anspruch auf Schadenersatz wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums einen eigenständigen Schadenersatzanspruch nach § 14 Nummer 4 WEG vor. Hiernach kann der einzelne Eigentümer, der ein Betreten und Benutzen seiner Wohnung zur Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums zu dulden hat, Schadenersatz verlangen. Im vorliegenden Fall machten die Kläger diesen Anspruch aber aus Nachlässigkeit gar nicht geltend. Das Gericht befasste sich deshalb mit diesem Anspruch nicht mehr.

Pflichten des Verwalters

Der Verwalter ist verpflichtet, Schadenersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer zubedienen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist als Verband für schuldhaft pflichtwidriges Organschaftsverhalten des Verwalters ebenso haftbar wie der Verwalter selbst. Die entsprechende Zurechnungsvorschrift findet sich in § § 31,89 BGB.

Pflichten aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis

Wenn getroffene Beschlüsse in besonderer Weise der Wahrung der Interessen einzelner Wohnungseigentümer dienen, ist die Gemeinschaft aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis verpflichtet, diese Beschlüsse so schnell wie möglich umzusetzen. Wird hiergegen verstoßen, kann allein die verzögerte Umsetzung Schadenersatzansprüche der einzelnen Mitglieder gegen den Verband auslösen. Der Verband wiederum kann von dem Verwalter verlangen, nach § 27 WEG die den Verband obliegende Verpflichtung zur Umsetzung konkret zu erfüllen.

Verzug

Im vom BGH entschiedenen Fall wussten die Wohnungseigentümer seit Eingang eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens im selbstständigen Beweisverfahren, dass ein Schwammschaden am Gemeinschaftseigentum vollständig beseitigt werden musste. Sie wussten spätestens seit der Ablehnung einer Teilsanierung durch den damit beauftragten Handwerker auch, dass die vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums nicht zu vermeiden war. Hinzu kam eine Ordnungsverfügung der örtlichen Kommune, welche der Gemeinschaft klar machte, dass die Sanierung nicht länger aufgeschoben werden durfte, sondern umgehend in Angriff genommen werden musste. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat in einer Versammlung von November 2009 selbst beschlossen, die Sanierung nach den Vorgaben des Gerichtssachverständigen nunmehr endlich durchzuführen. Ab diesem Zeitpunkt befand sich die Wohnungseigentümergemeinschaft in Verzug und musste bei weiterem Zeitablauf grundsätzlich einen Verzugsschaden ersetzen. Ein solcher Schaden kann auch in der Anmietung einer Ersatzwohnung bestehen. Nicht zuletzt wegen der bereits angesprochenen mangelnden Anfechtung scheiterte die Klage der Eigentümer trotzdem.

Fazit

Betroffenen Wohnungseigentümer haben grundsätzlich vielfältige Ersatzansprüche, wenn sie aus einem Instandsetzungs Rückstau Nachteile erleiden. Dies gilt auch für Beeinträchtigungen im Zuge verspäteter Bauarbeiten. Der Teufel liegt aber im Detail. Weder gibt es Ersatz für sämtliche Schäden, noch unter allen Umständen. Die Ansprüche müssen frühzeitig angemeldet werden. Entgegenstehende Beschlüsse müssen angefochten werden. Bei der Formulierung der Ansprüche muss genau auf die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen geachtet werden. Meist kann sowohl die restliche Gemeinschaft als auch der Verwalter parallel in Anspruch genommen werden.

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