Haftung und Schadenersatz bei Verletzung der Streupflicht

Nach einer  Schätzung der deutschen gesetzlichen Krankenkassen verunglücken pro Jahr mitunter mehr als 20.000 Bürgerinnen und Bürger bei Schnee und Eis wegen der hierdurch verursachten Glätte. Bei einem sich anschließenden stationären Aufenthalt im Krankenhaus sind so den Krankenkassen Kosten in Höhe von 5.000 Euro je Behandlungsfall entstanden, die über die Beiträge aller Mitglieder wieder refinanziert werden müssen. Nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch die Krankenkassen prüfen, ob sie die Grundstückseigentümer oder auch die Kommunen in Anspruch nehmen können. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick über die Rechtslage am Beispiel der aktuellen gesetzlichen Regelung im Land Berlin.

Private Ansprüche des Verbrauchers

Wer sich nach einem Sturz verletzt hat, hat möglicherweise ebenfalls eigene private Ansprüche, die ernsthaft geprüft werden sollten. Hierzu zählen zunächst einmal sämtliche Heilbehandlungskosten, die nicht von der der Krankenkasse bezahlt worden sind. Des weiteren kann dem Verletzten ein erhebliches Schmerzensgeld zustehen. Weiterhin können ersatzfähige Positionen Verdienstausfall sein, beschädigte Kleidung oder auch Folgeschäden wie Kosten eines Urlaubes, der wegen der Verletzung nicht angetreten werden konnte.

Hohe Schmerzensgeldansprüche denkbar

Die Grundlage eines Anspruches entweder entgegen die Kommune oder auch den privaten Grundstückseigentümer als Grundstücksanlieger ist die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Hierfür gibt es im bürgerlichen Gesetzbuch den § 823 und außerdem das jeweilige kommunale Gesetz, welches die Streupflichten beziehungsweise die Pflicht zur Schnee- und Eisbeseitigung vielfach konkret regelt. In Berlin handelt es sich hierbei um das Berliner Straßenreinigungsgesetz, in Brandenburg muss in jedem Einzelfall überprüft werden, ob die Satzung der jeweiligen Gemeinde einer Regelung über die Streupflicht enthält. Ein landesweit einheitliches Gesetz gibt es in Brandenburg derzeit noch nicht.

Die Rechtsgrundlagen

Nach dem Berliner Straßenreinigungsgesetz ist der private Grundstückseigentümer als Anlieger der öffentlichen Straße für den Winterdienst auf dem Gehweg zuständig. Nachdem sich die frühere Fassung des Gesetzes im Winter 2009 als nicht genügend streng erwiesen hatte, wurde das Gesetz im Jahre 2010 novelliert. Die Novelle ist am 11. November 2010 in Kraft getreten. Dieser Artikel mit Überblicksinformationen berücksichtigt bereits die neue Rechtslage. In anderen Kommunen gelten meist ähnliche Regelungen, allerdings muss vor Einleitung konkreter Schritte bzw. Geltendmachung konkreter Ansprüche die örtliche Regelung in jedem Falle in Erfahrung gebracht werden.

Schnee und Eis müssen unverzüglich nach ihrem Entstehen beseitigt werden. Das Berliner Straßenreinigungsgesetz sieht hierfür eine Breite von einem Meter vor, auf welcher die Schnee- und Eisbeseitigung zu erfolgen hat. Dies gilt in einem Zeitraum von 7:00 Uhr morgens bis 20:00 Uhr abends.

Grundsätzlich Räumpflicht erst nach Ende des Schneefalls, aber es gibt Ausnahmen

Die Pflicht zur unverzüglichen Beseitigung setzt grundsätzlich erst nach Beendigung des Schneefalls ein. Während des Schneefalls darf der Eigentümer abwarten, bis es aufgehört hat zu schneien. Wie verhält es sich bei Schneegriesel oder nur wenigen Schneeflocken? Nach der Rechtsprechung muss in einem derartigen Fall auch schon vorher mit den Räumen begonnen werden. Mit anderen Worten: Ausschließlich starker Schneefall darf bis zu seinem Ende abgewartet werden, obwohl diese Einschränkung dem Wortlaut nach nicht vom Gesetz gedeckt ist. Es handelt sich hier um eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des Gesetzes durch die Rechtsprechung zu Lasten des privaten Eigentümers. Wer also während des Schneefalls ausgerutscht oder sonst aufgrund des Wetters gefallen ist, hat möglicherweise einen Schadensersatzanspruch gegen den privaten Hauseigentümer. Bei Glättegefahr muss der Eigentümer Sand oder Granulat streuen. Auch hier gilt wiederum, dass bei Eisregen oder leichtem Schneefall auch während des Niederschlages gestreut werden muss, sofern Glättegefahr besteht, oder auch dann, wenn bereits vorhandenes Streumittel bereits wieder seine Wirkung verliert. Der Einsatz von Salz ist privaten Eigentümern aus Umweltschutzgründen generell verboten, vgl. § 3 Abs. 7 BerlStrRG.

Schneeberge dürfen nicht behindern

Der Eigentümer darf den Schnee an Fußgängerüberwegen, Straßenkreuzungen und Einmündungen nicht derart auftürmen, dass der überquerende Fußgängerverkehr behindert wird. Wer gezwungen war, über einen derartigen Schneeberg zu steigen und er hierdurch zu Fall gekommen ist, hat möglicherweise Schadensersatzansprüche. Weiterhin darf der Eigentümer nicht vor Einfahrten, Ausfahrten und auch nicht auf Radwegen Schnee oder Eis auftürmen. An Straßeneinmündungen und Straßenkreuzungen dürfen die Haufen maximal so hoch sein, dass die freie Sicht der Autofahrer nicht behindert wird.

Nunmehr auch Pflicht zur Beseitigung von Eisbildungen

Aufgrund der letzten Gesetzesnovelle trifft den Grundstückseigentümer nunmehr auch die Pflicht, Eisbildungen vorzubeugen bzw. entstandenes Eis nicht nur zu bestreuen, sondern auch zu entfernen (§§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 StrReinG). Hier gibt es derzeit die größten Verstöße mit entsprechenden Bußgeldern des zuständigen Ordnungsamtes.

Wer verklagt werden kann

Der Schnee- und Winterdienst auf den Gehwegen ist vereinfacht ausgedrückt Sache der privaten Eigentümer. Nach neuer Rechtslage entfällt diese Eigentümerhaftung nicht mehr, wenn ein Räumunternehmen mit der Übernahme der Räum- und Streupflicht beauftragt worden ist. Außerdem verbleibt bei dem privaten Eigentümer in einem solchen Fall die ergänzende Pflicht zur Kontrolle des beauftragten Unternehmens. In manchen Fällen kann es ratsam sein, bei festgestellten Verstößen nicht nur den Eigentümer, sondern daneben das gegebenenfalls beauftragte private Winterdienstunternehmen ebenfalls in Anspruch zu nehmen sowie im Falle vermieteter Objekte auch die Mieter, sofern diese mietvertraglich die Übernahme des Winterdienstes versprochen haben.

Das Land Berlin ist hingegen verantwortlich für den Winterdienst auf den öffentlichen Straßen und auf Radwegen sowie im Bereich von Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs. Das Land Berlin handelt durch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe. Die Berliner Straßenreinigungsbetriebe können übrigens unmittelbar verklagt werden, denn es handelt sich bei ihnen um eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts. Verantwortlich für Klagen ist immer das Land Berlin.

Streuplan und Straßenverzeichnisse

Die Streufahrzeuge der BSR (Berliner Stadtreinigungsbetriebe) rücken nach einem Streuplan aus. Die Berliner Straßen sind in einem Straßenverzeichnis in verschiedene Prioritätsklassen eingestuft. Straßen mit besonderer Verkehrsbedeutung und mit öffentlichen Personennahverkehr (Buslinien) werden zuerst von Schnee und Eis befreit und erst nach Abschluss dieser Maßnahmen wird mit der Straßenreinigung der Straßen mit nachgelagerter Priorität begonnen. Dem Land Berlin ist der Einsatz von Salz in Höhe von rund 20 g pro Quadratmeter erlaubt, so ausdrücklich § 3 Abs. 7 Straßenreinigungsgesetz. Die Berliner Straßen sind außerdem in die Straßenreinigungsverzeichnisse A, B und C unterteilt. Die im Straßenreinigungsverzeichnis A und B müssen von der Stadt, die im Verzeichnis C aufgeführten Straßen müssen von dem Grundstücksanlieger jeweils bis zur Straßenmitte selbst geräumt werden. Bei diesen Straßen handelt es sich in der Regel um kleine Seitenstraßen und Privatstraßen.

Radfahrer haben in der Regel das Nachsehen

Radfahrer haben im Winter das Nachsehen, denn nur mit Maschinen befahrbare ausgebaute Radwege werden von Schnee geräumt. Eine Eisglättebeseitigung findet überhaupt nicht statt. Weder Salz noch Streumittel kommen auf Radwegen im Land Berlin zum Einsatz.

Wer trägt die Kosten für den öffentlichen Reinigungs- und Winterdienst?

Übrigens tragen die Kosten der Straßenreinigung durch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe zu 75% die privaten Grundstückseigentümern, die restlichen 25% werden aus allgemeinen Steuermitteln finanziert im. Die reinen Zusatzkosten des Winterdienstes trägt der Steuerzahler hingegen zu 100%.

Hohe Geldbußen bei Verstößen

Wer als privater Grundstückseigentümer seinen Winterdienst nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens belangt werden. Zuständig für die Überwachung und Entgegennahme von Anzeigen ist nicht die Polizei, sondern das Ordnungsamt des jeweils zuständigen Bezirksamtes. Die Verhängung von Bußgeldern ist zwischenzeitlich im Land Berlin deutlich verschärft worden.

Zur Vorbereitung von Ansprüchen müssen Beweise gesichert werden

Was ist zu beachten, wenn ich das Land Berlin, den Grundstückseigentümer, gegebenenfalls ergänzend auch den privaten Winterdienst oder den Mieter in Haftung nehmen möchte? Zunächst sollte unbedingt ein möglichst ausführliches Protokoll über den Unfallhergang gefertigt werden. Machen Sie einen Aushang an der Unfallstelle und suchen Sie nach Zeugen für das Wetter und die örtlichen Verhältnisse (Schnee, Eis, Glättesituation) im betreffenden Zeitraum, denn jeder Anspruch muss notfalls vor Gericht auch bewiesen werden können. Machen Sie Fotos von der Unfallstelle. Naturgemäß ist der Wetterverlauf kurz vor und während des Unfalls von maßgeblicher Bedeutung für eine spätere Auseinandersetzung. Verlassen Sie sich keinesfalls auf den Wetterbericht des Vortages oder dergleichen, denn derartige Angaben sind viel zu ungenau. Es geht um die Wetterlage konkret an der Unfallstelle, das heißt zumindest in einem Umkreis von rund 500 m bis zu einem Kilometer. In noch weiterer Entfernung kann die konkrete Wettersituation ganz anders gewesen sein, was vor Gericht im Zweifel dann zu Ihren Lasten geht.

Die Rechtsschutzversicherung bezahlt Anwalt und Gericht

Informieren Sie Ihre Rechtsschutzversicherung. Wenn Ihre Police nicht ganz außergewöhnlich ist, fallen Schadensersatzansprüche als Bestandteil des allgemeinen Zivilrechtsschutzes und Schadensrechtsschutzes in aller Regel unter die Rechtsschutzdeckung. Wenn Sie rechtsschutzversichert sind, lohnt sich auch bei nur geringen Erfolgsaussichten die Geltendmachung des Anspruchs, denn die Rechtsschutzversicherung nimmt ihnen das gesamte Klagerisiko und Kostenrisiko ab, die wesentliche Arbeit nimmt Ihnen Ihr Anwalt ab. In vielen Fällen lassen sich günstige Vergleiche schließen, mit welchem dem Mandanten zumindest ein Teil des Schadens entschädigt werden kann.

Grundzüge der Rechtsprechung zu Streupflicht und Verkehrssicherungspflicht

In rechtlicher Hinsicht kreist die Auseinandersetzung regelmäßig um die Verletzung der so genannten Verkehrssicherungspflicht. Denn die Pflicht zum Winterdienst und zum Beseitigen von Glätte beziehungsweise die Streupflicht sind nur konkrete Ausformungen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, vergleiche § 823 BGB. Die Vorschriften des Berliner Straßenreinigungsgesetzes oder auch der kommunalen Satzungen in Brandenburg oder auch anderen Bundesländern sind so genannte Schutzgesetze. Das bedeutet, dass die Verletzung der dortigen Vorschriften Grundlage für einen Schadensersatzanspruch des Bürgers gegen den Rechtsverletzer sein kann, so ausdrücklich § 823 Abs. 2 BGB.

Die Rechtsprechung geht von folgenden Grundsätzen aus, die immer wieder die Grundlage für die Beurteilung des konkreten Falles bilden: Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar. Es geht vielmehr um die Risikoverteilung zwischen dem Sicherungspflichtigen und der gefährdeten Person, das heißt darum, welche Sicherheit diese Person in der jeweiligen Situation erwarten darf. Der Pflichtige muss deshalb nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betreffenden Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, so die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nachgewiesen in der Neuen Juristischen Wochenschrift NJW 2006, Seite 2326. Der Dritte ist in der Regel nur vor denjenigen Gefahren zu schützen, die er bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht unter oder nicht rechtzeitig selbst erkennen und vermeiden kann. Er verdient auch keinen Schutz vor denjenigen Gefahren, die jedem vor Augen stehen und von denen er sich ohne weiteres selbst schützen kann, BGH NJW 1985, Seite 1076. Die Maßnahmen zur Vermeidung oder Abwendung der Gefahr müssen dem Pflichtigen auch wirtschaftlich zumutbar sein, BGH NJW 2007, Seite 762. Je größer die Wahrscheinlichkeit der Schädigung ist und je schwerer der drohende Schaden, desto höher ist das Maß des Erforderlichen und Zumutbaren, BGH NJW Rechtsprechungsreport 2005, Seite 251. Die Streupflicht ist um so schärfer anzunehmen, je stärker befahren und je verkehrswichtiger der betreffende Gehweg oder die betreffende Straße ist. Das gleiche gilt für erkennbar gefährliche Stellen, wie schwierige Kurven, starke Gefällstrecken oder auch für Fußgängerübergänge, so der Bundesgerichtshof in Versicherungsrecht 1987, Seite 989. Bei länger anhaltenden Schneefällen kann unter Umständen schon während des Schneefalls eine Schneebeseitigung oder ein Streuen verlangt werden. Gegebenenfalls ist der Straßenabschnitt oder der Teil des Gehweges regelmäßig zu überprüfen, ob erneutes Streuen notwendig ist, BGH NJW 1985, Seite 482. Im Ergebnis ist immer eine Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte erforderlich, OLG Düsseldorf NJW Rechtsprechungsreport 2007, Seite 460.

Beweiserleichterungen für den Geschädigten

Wenn sich nach diesen Maßstäben herausstellt, dass die streupflichtige Kommune oder der streupflichtige Eigentümer pflichtwidrig gehandelt haben, sind dem Geschädigten Beweiserleichterungen zuzugestehen, insbesondere hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs mit dem eingetretenen Schaden, Oberlandesgericht Celle Versicherungsrecht 2004, Seite 860. Für die Ursächlichkeit des Verstoßes gilt grundsätzlich der Anscheinsbeweis, wenn gerade derjenige Schaden eingetreten ist, den die Verkehrssicherungspflicht verhindern sollte, BGH NJW 1994, Seite 945, so auch Oberlandesgericht Brandenburg Versicherungsrecht 2009, Seite 221. Der Geschädigte muss die Verletzung der Streupflicht nachweisen, insbesondere deren tatsächliche Voraussetzungen wie die Wettersituation und die Situation auf dem betroffenen Gehwegsabschnitt beziehungsweise Straßenabschnitt, Bundesgerichtshof NJW 1985, Seite 484. Der Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit des eingetretenen Schadens gilt aber zu Gunsten des Verletzten, wenn er in unmittelbarer Nähe der Gefahrenstelle und innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht gestürzt war, BGH NJW 1984, Seite 432, BGH NJW 2005, Seite 2454, siehe auch Oberlandesgericht Celle NJW Rechtsprechungsreport 2004, Seite 1251. Der Streupflichtige kann sich allerdings immer noch von einer Haftung befreien, wenn er nachweist, dass Umstände vorgelegen haben, die ein Streuen zwecklos gemacht haben, BGH NJW Rechtsprechungsreport 2005, Seite 1185.

Achtung Mitverschulden

Ebenso kann ein Mitverschulden des Geschädigten vorliegen, das die Haftung des Pflichtigen auf eine Quote begrenzt oder im Extremfall sogar ausschließt. Nach der entsprechenden Vorschrift des § 254 BGB gelten hierzu folgende Grundsätze: Wenn ein nicht geräumter oder glatter Weg erkennbar war, kann dem Fußgänger in der Regel mangelnde Aufmerksamkeit vorgeworfen werden, Oberlandesgericht Düsseldorf Versicherungsrecht 2000, Seite 63. Allerdings führt dies nur zu einer Kürzung der Schadenersatzpflicht, denn die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Schädigers wiegt in der Regel deutlich schwerer als die mangelnde Aufmerksamkeit des Fußgängers, Oberlandesgericht Köln NJW Rechtsprechungsreport 2003, Seite 806. Zu einem Mitverschulden kann es auch führen, wenn ein Ausweichen auf einen anderen Weg möglich und zumutbar gewesen wäre, Oberlandesgericht Celle NJW Rechtsprechungsreport 1989, Seite 1419 im. Ob ein Umweg, etwa der Wechsel der Straßenseite, zumutbar war, ist Frage des Einzelfalls. Ältere oder gehbehinderte Personen müssen Gehhilfen benutzen (Rollwagen oder Stock), andernfalls kann ein Mitverschulden vorliegen, Oberlandesgericht Nürnberg Versicherungsrecht 1970, Seite 773.

Gleiche Rechtsprechung bei Schäden durch Dachlawinen und herabfallende Eisstücke, ebenso für Parkplätze und Radwege

Auch Dachlawinen oder herabfallende Eisstollen können Schäden verursachen. Eine Schadenersatzhaftung gründet sich dann ebenfalls auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, und auch hier ist stets ein Mitverschulden gegebenenfalls zu berücksichtigen, etwa wenn die Dachlawine erkennbar war, siehe Oberlandesgericht Hamm Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2004, Seite 34. Der private Eigentümer kann sich nicht auf die Verfassungswidrigkeit der auf ihn abgewälzten Streupflicht berufen, so das BVerwG in der grundlegenden Entscheidung NJW 1966, Seite 170. Insbesondere bei Klagen gegen das Land Berlin oder auch jeder anderen Gemeinde ist im Vorfeld zu überprüfen, ob je nach der Schwere der Wetterlage die generelle Leistungsfähigkeit der Kommune zu gewissen Einschränkungen im Winterdienst zwang, denn auch die Gemeinde kann bei Schlechtwetter nicht sofort überall tätig werden, BGH NJW 2003, Seite 3622. Die Streupflicht gilt auch auf Parkplätzen, wobei hier im Einzelfall genau überprüft werden muss, ob der private Eigentümer oder die Stadt streupflichtig war. Die Rechtsprechungsgrundsätze für Straßen gelten auch für Radwege, BGH NJW 2003, Seite 3622. Bei einem gemeinsamen Fuß- und Radweg darf der Radfahrer auf die Einhaltung der für Fußwege geltenden Pflichten vertrauen.

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