Die Pflege von Angehörigen im Arbeitsrecht

Zur Absicherung von Arbeitnehmern gegenüber dem Arbeitgeber, die sich im Rahmen häuslicher Pflege um ihre Angehörigen kümmern, hat der Gesetzgeber das Pflegezeitgesetz geschaffen. Hierdurch soll die Vereinbarkeit von Beruf und Familienpflege besser geregelt und die häusliche Pflege vor Instrumentalisierung als Kündigungsgrund geschützt werden.

Verhinderung

Bei akutem Pflegebedarf kann der Arbeitnehmer nach § 2 Pflegezeitgesetz eine Verhinderung geltend machen. Dies führt dazu, dass er weder seinen Urlaubsanspruch noch – jedenfalls im Regelfall – seinen regulären Anspruch auf Arbeitsentgelt für diesen Zeitraum verliert.

Freistellung

Bei vorhersehbarem und längeren Pflegebedarf kann der Arbeitnehmer Freistellung wegen Pflegezeit verlangen. Der hierzu geschaffene § 5 Pflegezeitgesetz gewährt dem Arbeitnehmer für diese Fälle einen besonderen Kündigungsschutz.

Kündigungsschutz nach Ankündigung

Der Kündigungsschutz wurde von dem Pflegezeitgesetz zu Gunsten des Arbeitnehmers sehr weit gefasst. Er besteht grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung ab dem Zeitpunkt, in welchem der künftige Pflegebedarf angekündigt worden ist. Der Kündigungsschutz gilt grundsätzlich sogar in der Probezeit des Arbeitnehmers.

Sonderkündigungsschutz für Beschäftigte ohne Arbeitnehmerstatus

Der Sonderkündigungsschutz gilt sogar für so genannte arbeitnehmerähnliche Personen, die sonst nach dem Kündigungsschutzgesetz gar keinen Kündigungsschutz genießen. Denn der Anwendungsbereich des Pflegezeitgesetzes ist nicht auf Arbeitnehmer beschränkt, sondern erfasst auch solche arbeitnehmerähnlichen Personen. Ebenfalls werden Auszubildende von dem Pflegezeitgesetz miterfasst.

Die kleine Pflegezeit

Die kleine Pflegezeit nach § 2 Abs. 1 Pflegezeitgesetz setzt eine plötzlich und akut auftretende Pflegesituation voraus. Sie kann bis zu zehn Arbeitstage dauern und gibt dem Arbeitnehmer in dieser Zeit das Recht, ohne weitere Entschuldigungsgründe von der Arbeit fernzubleiben. Er muss sich in dieser Zeit übrigens nicht persönlich um den Angehörigen kümmern, sondern es genügt, wenn diese Zeit genutzt wird, um eine sonstige Pflege zu organisieren, die dann auch durch Dritte geschehen kann.

Ergänzende Vorschriften nach Sozialgesetzbuch

§ 2 Pflegezeitgesetz ist aber auch für den Arbeitnehmer nicht ohne Risiko. Denn er hat selbst zu überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen. Tun sie dies nicht, riskiert er wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit Abmahnung oder Kündigung. Arbeitnehmer, die ihr erkranktes Kind zuhause betreuen müssen, sollten deshalb immer auch die Voraussetzungen des § 45 SGB V im Auge behalten. Hiernach kann ein echter Anspruch auf unbezahlte Freistellung bestehen, der mit einem Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse flankiert wird. Das Vorliegen von dessen Voraussetzungen kann bereits vorab mit der Krankenkasse und ohne Gefahr, eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis zu riskieren, geklärt werden.

Entgeltfortzahlung nicht in jedem Fall

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt nach Pflegezeitgesetz einen außerhalb dieses Gesetzes liegenden Anspruch des Arbeitnehmers voraus. Das Pflegezeitgesetz selbst sieht keinen eigenständigen Entgeltfortzahlungsanspruch vor. Deshalb muss im Einzelfall geprüft werden, ob Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen derartige Entgeltfortzahlungsansprüche gewähren. Bei Auszubildenden kann das Bundesbildungsgesetz (§ 19) oder in sonstigen Fällen auch § 616 BGB greifen.

Die große Pflegezeit

Die große Pflegezeit führt zu einem echten Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers ohne Entgeltfortzahlung. Sie setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die familiäre Pflege selbst erledigt. Die Inanspruchnahme der Freistellung während der Pflegezeit muss zuvor angekündigt werden.

Teilzeitmodelle

Das Pflegezeitgesetz ermuntert flexible Regelungen, da Arbeitnehmer regelmäßig längerfristig gut daran tun, den Umfang des Fernbleibens vom Arbeitsplatz nur im absolut notwendigen Maße zu bestimmen. Deswegen kann die Freistellung nach entsprechender Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auch nur teilweise erfolgen. Leider sieht das Pflegezeitgesetz nur eine maximale Freistellung von bis zu sechs Monaten vor. Dies wiederum genügt regelmäßig nicht den häuslichen Anforderungen, um den tatsächlichen Pflegebedarf zu decken. Insbesondere im Rahmen von Teilzeitmodellen sollte über eine Verlängerung des Freistellungsanspruchs nachgedacht werden. Ob eine Aufteilung des Freistellungsanspruchs auf einzelne Zeitabschnitte möglich ist, wird von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. Gegenüber Kleinunternehmern besteht generell kein gesetzlicher Anspruch auf Freistellung, hier muss stets eine Verhandlungslösung gesucht werden.

Urlaubsanspruch und große Pflegezeit

Im Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs verkürzt sich der jährliche Urlaubsanspruch bei Inanspruchnahme der großen Pflegezeit nicht. Ob dies auch bei aber vertraglich darüber hinaus gewährtem Urlaubsanspruch gilt, ist umstritten.

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