Ratgeber Versorgungsausgleich (Update März 2021)

Zum 1. September 2009 ist das Recht über den Versorgungsausgleich im Rahmen eines Scheidungsverfahrens grundlegend neu geregelt worden. Der Versorgungsausgleich wurde zwar nicht völlig abgeschafft, seitdem gibt es aber deutlich mehr Möglichkeiten als bisher, dass die Ehepartner durch einen Vertrag individuell den Versorgungsausgleich unter sich gestalten oder auch ganz ausschließen können.

Welche Altersvorsorge unterfällt dem Versorgungsausgleich?

Dem Versorgungsausgleich unterfallen alle Anrechte , die

1.durch Arbeit oder eigenes Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden sind,

2. der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Berufs-(dienst-)unfähigkeit, dienen,

und

3. auf eine Rente gerichtet sind.

Nicht dem Versorgungsausgleich unterfallen damit mangels Zweckbestimmung als Altersvorsorge (vgl. obige Voraussetzung Nr. 2) Hinterbliebenenrenten, allgemeine Zinserträge, oder auch auf langfristige Ratenzahlung oder sogar Leibrentenzahlung gerichtete Kaufpreisauszahlungen nach Grundstücks- oder Betriebsveräußerung (BGH FamRZ 1988, S. 936), es sei denn, im Veräußerungsvertrag ist das Motiv einer Altersvorsorge ausdrücklich erkennbar.

Private Berufsunfähigkeitsversicherungen und private Unfallversicherungen unterliegen nach der Sonderregelung des § 28 VersAusglG nur dann dem Versorgungsausgleich, wenn der Versicherungsfall bereits während der Ehe (bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages) eingetreten ist. Ob dies auch für Invaliditätsrenten aus einer betrieblichen Altersversorgung gilt, lässt das Gesetz offen. Da gesetzliche Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind und die betriebliche Alters- und Invaliditätsvorsorge nicht auf eine private Versorgungsentscheidung des Versicherten zurückgeht, dürfte § 28 VersAusglG hier nicht anwendbar sein.

Nicht dem Versorgungsausgleich unterfallen weiterhin Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz, eine Rente der Berufsgenossenschaft, private Rentenansprüche aufgrund von Schadenersatzleistungen, Leistungen der Grundsicherung sowie generell öffentliche Entschädigungsleistungen.

Sonderfall Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen mit Wahlrecht

Private Versorgungsverträge, insbesondere Lebensversicherungsverträge, mit Anspruch bei Fälligkeit auf Auszahlung eines Kapitalbetrages unterfallen wie bisher auch nach neuem Recht grundsätzlich nicht dem Versorgungsausgleich. Dies gilt auch für Kapitallebensversicherungen, die zu einer Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht führen (so bereits der Bundesgerichtshof im Jahre 1984, vgl. NJW 1984, S. 229). Besteht ein Rentenwahlrecht, so ist dies unerheblich, es sei denn, es wird spätestens bis zur Zustellung des Scheidungsantrages auch ausgeübt.

Private Lebensversicherungsverträge auf Rentenbasis und sonstige private Rentenversicherungen unterfallen dem Versorgungsausgleich. Ist in der Police ein Kapitalwahlrecht vereinbart worden, so ist es allerdings möglich, diese Verträge nachträglich durch Ausübung der Option auf Kapitalauszahlung dem Versorgungsausgleich wieder zu entziehen. Das Wahlrecht kann noch im Scheidungsverfahren ausgeübt werden, und zwar grundsätzlich bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich, so der Bundesgerichtshof NJW 1993, S. 1262.

Private Versicherungsverträge auf Rentenbasis können aus dem Versorgungsausgleich fallen, wenn sie erkennbar nicht der Altervorsorge des Ehegatten selbst, sondern der Absicherung Dritter (etwa der Kinder) oder auch ohne Bezug zum Lebensalter oder dem Eintritt einer Erwerbsminderung ausschließlich der Kapitalanlage dienen. Die Abgrenzung im Einzelfall kann schwierig sein.

Verhältnis zum Zugewinnausgleich

Vermögenswerte und Anrechte, die nicht dem Versorgungsausgleich unterfallen, verbleiben damit noch nicht dem ursprünglich alleinberechtigten Ehegatten. Nach dem allgemeinen Halbteilungsgrundsatz fallen derartige Positionen dann grundsätzlich in den sogenannten Zugewinnausgleich. Dies wird insbesondere bei der Ausübung des Kapitalwahlrechts im Rahmen eines bestehenden Lebensversicherungsvertrages oft übersehen. Denn nach Ausübung der Option fällt das gesamte Kapital in die Endvermögensbilanz des Zugewinnausgleichs. Die Folge ist die grundsätzliche Verpflichtung des Begünstigten, die Hälfte des Versicherungskapitals nunmehr als Zugewinn dem anderen Ehegatten zu übertragen. Ob im Ergebnis der Versorgungsausgleich oder der Zugewinnausgleich über die Lebensversicherung vorzuziehen ist, bedarf sorgfältiger Abwägung im Einzelfall. Bei Interesse an Details lesen Sie bitte auch meinen Überblicks-Artikel Ratgeber Zugewinnausgleich.

Verhältnis zum nachehelichen Unterhalt

die Rentenkürzung infolge des Versorgungsausgleichs einerseits und der Zuschlag infolge des Versorgungsausgleichs andererseits schließen sich zeitlich meist an das Auslaufen des nachehelichen Unterhaltsanspruchs an. Bei Versorgungslücken hat der Gesetzgeber in § 33 Versorgungsausgleichsgesetz eine neue Vorschrift geschaffen, die Doppelbelastungen auf Seiten der Ausgleichsverpflichteten Person vermeiden wollen und andererseits der Schließung unbeabsichtigter Versorgungslücken dienen soll. Wegen Einzelheiten hierzu lesen Sie bitte den Beitrag → Schließung von Versorgungslücken durch Aussetzung der Rentenkürzung bei korrespondierendem Unterhaltsanspruch.

Lebensversicherungen und Kapitalwahlrecht

An der Nahtstelle zwischen Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich gibt es nach wie vor Möglichkeiten der manipulativen Ausnutzung des Versorgungsausgleichssystems. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist nämlich eine Lebensversicherung oder Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht noch nachträglich dem Versorgungsausgleich entzogen, wenn erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages durch Ausübung eines entsprechenden Wahlrechtes die ursprünglich auf eine Rentenzahlung ausgerichtet Lebensversicherung auf Kapitalauszahlung umgestellt wird. Zu diesbezüglichen Strategien auf Basis dieser Rechtsprechung lesen Sie bitte gerne den weiteren Artikel Ausübung eines Kapitalwahlrechts bei Lebensversicherungen erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages.

Sonderfall Riesterverträge (Rürup-Renten) und betriebliche Altersversorgung

Nach früherem Recht wurden Anrechte nach dem Betriebsrentengesetz oder so genannte Riestersparverträge oder auch Rürup-Renten nur dann dem Versorgungsausgleich unterworfen, wenn sie bei Fälligkeit auch auf eine Rentenzahlung hin ausgerichtet waren. Wenn der private Versicherungsvertrag hingegen auf eine Kapitalzahlung gerichtet war, war diese Anwartschaft dem Versorgungsausgleich entzogen. Die gesetzliche Neuregelung unterwirft nun generell sämtliche Riesterverträge und Ansprüche nach dem Betriebsrentengesetz dem Versorgungsausgleich, § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusGlG. Maßstab für die Qualifizierung als Riester-Vertrag ist die entsprechende Zertifizierung nach dem Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (AltZertG).

Neuer Grundsatz der internen Teilung

Nach dem bisherigen Recht galt der Grundsatz des so genannten Einmalausgleichs. Hiernach versuchte das Gesetz, selbst wenn die Ehegatten während der Ehezeit bei einer ganzen Reihe von Versorgungsträgern zum Teil völlig unterschiedliche Rentenanwartschaften begründet hatten, diese zusammenzuführen und unter das Dach der gesetzlichen Rentenversicherung zu bringen. Hierdurch musste auf sehr komplizierte Weise jedes Recht gegenüber dem jeweiligen Versorgungsträger umgerechnet werden, damit es mit dem System der staatlichen Rentenversicherung vergleichbar wurde. Hierzu gab es die so genannte Barwertverordnung. Bereits im Jahre 2002 hatte der Bundesgerichtshof die Barwertverordnung teilweise für verfassungswidrig erklärt. Sie wurde daraufhin nachgebessert. Es änderte sich jedoch nichts an der grundsätzlichen Fragwürdigkeit des komplizierten Umrechnungsverfahrens.

Statt komplizierter Umrechnung Begründung neuer Anwartschaften bei verschiedenen Versorgungsträgern

Zukünftig wird jedes einzelne Anrecht gesondert zwischen den Ehegatten ausgeglichen. Hierdurch entfällt das Erfordernis der Umrechnung von einem Anwartschaftssystem auf ein anderes. Wenn allerdings beide Ehegatten bei jeweils verschiedenen Versorgungsträgern Anwartschaften begründet haben, kann die zukünftig selbstständige Ausgleichung jedes einzelnen Anrechts dazu führen, dass nach der Scheidung beide Ehegatten möglicherweise nicht nur gegenüber den eigenen Versorgungsträgern, sondern zusätzlich auch noch denjenigen des geschiedenen Ehegatten Rentenanwartschaften haben, so dass die Ehegatten im Ergebnis des Scheidungsverfahrens dann insgesamt bei fünf oder auch mehr verschiedenen Versorgungsträgern Anrechte besitzen.

Verwaltungskosten

Unter dem Strich bedeutet dies für die Ehegatten vielfach eine Erhöhung der versteckten Kosten des Versorgungsausgleichs. Denn jeder Versorgungsträger, insbesondere die privaten Versorgungswerke und Versicherungen, berechnen für den bei ihnen entstehenden Verwaltungsaufwand Gebühren, welche auf die Ehegatten abgewälzt werden. Die privaten Versorgungsträger werden durch § 13 des Versorgungsausgleichsgesetzes ausdrücklich ermächtigt, den bei ihnen entstehenden Verwaltungsaufwand den Beteiligten in Rechnung zu stellen. Allerdings sind die Teilungskosten auf Angemessenheit zu überprüfen. Näheres hierzu finden Sie in dem Beitrag →Teilungskosten auf Angemessenheit überprüfen.

Kostenvermeidung durch individuelle Vertragslösung

Dies ist einer der zahlreichen Ansatzpunkte für die Ehegatten, durch eine individuelle Vereinbarung jedenfalls einen Teil dieser Kosten zu sparen. Beispielsweise bietet es sich an, nach einem grundsätzlichen Vergleich der beiderseitigen Anwartschaften nicht jede Rentenanwartschaft gesondert auszugleichen, sondern nur bei einem einzelnen Rentenrecht in Höhe der insgesamt entstehenden Wertdifferenz den Ausgleich vorzunehmen.

Vermögensbilanz der Vorsorgerechte erforderlich

Solche Überlegungen setzen voraus, dass die Eheleute eine so genannte Vorsorgevermögensbilanz erstellen, weil sie nur auf dieser Grundlage überhaupt eine sinnvolle individuelle Vereinbarung über den Versorgungsausgleich treffen können. Auch die Familiengerichte werden nur auf einer solchen Grundlage entscheiden können, ob nach den Vorschriften des neuen Versorgungsausgleichsgesetzes ein Härtefall oder ein Sonderfall der so genannten Geringfügigkeit vorliegt, der es zulässt, den Versorgungsausgleich gänzlich auszuschließen. Bei dieser Vorsorgevermögensbilanz werden voraussichtlich in abgewandelter Form ähnliche Probleme der Bewertung und Bilanzierung auftreten, wie sie nach dem bisherigen Recht aufgrund der Gesetzessystematik des Einmalausgleichs existierten.

Anhaltspunkt Mitteilung des Versorgungsträgers über Ausgleichswert und Kapitalwert

Nach neuem Recht prüft das Familiengericht in der Regel die Werthaltigkeit der einzelnen Versorgungen nur noch anhand der von den Versorgungsträgern mitgeteilten Kapitalwerte und Ausgleichswerte. Kapitalwert und Ausgleichswert sind neu geschaffene Begriffe, die eine leichtere Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Versorgungen ermöglichen sollen. Wo im Einzelfall der Kapitalwert nicht ermittelt werden kann, ist der Versorgungsträger verpflichtet, stattdessen einen so genannten korrespondierenden Kapitalwert als Hilfsgröße zu ermitteln und dem Familiengericht im Rahmen des von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleichsverfahrens mitzuteilen.
Die §§ 39-47 Versorgungsausgleichsgesetz enthalten nähere Vorschriften zur Berechnung von Ausgleichswert, Kapitalwert und korrespondierenden Kapitalwert für Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Beamtenversorgungen, die Betriebsrenten und aus der Privatversicherung.
Die Erfahrung zeigt aber, dass es sich das Familiengericht in der Regel leicht macht und den Rechenweg des einzelnen Versorgungsträgers, der wie erwähnt nach neuem Recht verpflichtet ist, den Kapitalwert und Ausgleichswert von sich aus mitzuteilen, nicht mehr überprüft. Hier ist es Aufgabe des Rechtsanwaltes, die Übereinstimmung des Rechenwegs des Versorgungsträgers mit den gesetzlichen Vorschriften einer genauen Kontrolle zu unterziehen.

Achtung: unterschiedliche Rechnungszinssätze beachten

In den Medien wird zur Zeit verstärkt darüber berichtet, dass die deutschen Lebensversicherer in Zukunft aller Voraussicht nach die bisher durchaus attraktiven Garantieverzinsungen auf das eingezahlte Kapital in Zukunft nicht werden aufrechterhalten können. Auch im Versorgungsausgleich sollte unbedingt aufgrund der durch die neue Rechtslage deutlich erweiterten Wahlmöglichkeiten der Parteien den jeweiligen internen Rechnungszinssätzen der einzelnen Versorgungen erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Liegt dem Ausgleichswert als Kapitalbetrag ein hoher Rechnungszins zu Grunde und wird der darauf beruhende Ausgleichsbetrag an einen Versorgungsträger gezahlt, der einen sehr viel geringeren Rechnungszins berücksichtigt, können sich sehr erhebliche Abweichungen vom Halbteilungsgrundsatz ergeben. Mit anderen Worten: Der Ausgleichswert berücksichtigt nicht in vollem Umfang die tatsächliche Werthaltigkeit der Versorgungsanwartschaft. Identische Ausgleichswerte bei unterschiedlichen Versorgungsträgern können im Jahrzehnte später eintretenden Versorgungsfall zu in der Höhe stark abweichenden Rentenbezügen führen. Liegt beispielsweise einer Versorgung nach der RückabzinsungsVO ein hoher Rechnungszins von gegebenenfalls über 5 % jährlich zu Grunde, ist das resultierende Rentenrecht nach bereits 20 Jahren ein Vielfaches gegenüber einer Versorgung wert, die wie etwa bei Lebensversicherern eine Wertfortschreibung nur zum Rechnungszins von 2,25 % vorsieht.

Alternative: externe Teilung

Bei stark unterschiedlichen Rechnungszinssätzen empfiehlt es sich, auf eine externe Teilung der Anwartschaften hinzuwirken, wenn eine Vereinbarung unter den Parteien über ein Stehen lassen der jeweiligen Versorgungen, also ein beschränkter Verzicht auf den Versorgungsausgleich, nach den konkreten Umständen nicht in Betracht kommt. Bei der externen Teilung wird nicht in Höhe der jeweiligen Ausgleichswerte zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person ein Anrecht bei jedem einzelnen Versorgungsträger des Ausgleichsberechtigten begründet, sondern der Ausgleichswert wird grundsätzlich beliebig an anderer Stelle gutgeschrieben. Die ausgleichsberechtigte Partei kann insoweit dann wählen, wo in Höhe des Ausgleichswertes eine Anwartschaft begründet oder eine bereits bestehende ausgebaut werden soll. Da die Mitwirkung der ausgleichspflichtigen Person erforderlich ist, werden einseitige Bevorzugungen nur dann gelingen, wenn die andere Seite in der Problematik der Rechnungszinssätze unwissend ist. Ansonsten kann als Leitlinie gelten, dass es zu Teilungen und Neubegründungen von Anwartschaften nur zu jeweils vergleichbaren internen Rechnungszinssätzen kommt. Nur so wird der Halbteilungsgrundsatz effektiv umgesetzt.

Bei kurzer Ehe von maximal drei Jahren Ausgleich nur auf Antrag

Nach dem bisherigen Recht hatte ein Versorgungsausgleich auch bei kurzen Ehen stattzufinden. Zukünftig findet bei einer Ehedauer von bis zu drei Jahren der Versorgungsausgleich nur noch auf Antrag eines Ehegatten statt. Es ist davon auszugehen, dass ein solcher Antrag in der Regel gestellt werden wird, es sei denn, im Vorfeld wurde dem voraussichtlich durch einen Ausgleich begünstigten Ehegatten bereits anderweitig eine angemessene Entschädigung versprochen.

Keine Bagatellfälle mehr

Zukünftig wird von Amts wegen das Familiengericht den Versorgungsausgleich in Fällen der Geringfügigkeit nicht mehr durchführen. Die Grenze der Geringfügigkeit liegt derzeit bei einem voraussichtlich zu übertragenden Rentenanspruch von circa 50,40 Euro beziehungsweise bei einem Ausgleichswert der Anwartschaft von 240 % von 2.555,- Euro, also 6.132,- Euro (Stand 2011). Das bedeutet, dass das Gericht letztlich überschlägig den Versorgungsausgleich zunächst durchführen muss, um entscheiden zu können, ob Geringfügigkeitsschwelle überschritten ist oder nicht. In der Praxis wird dadurch die an und für sich beabsichtigte Entlastung der Gerichte deutlich eingeschränkt.

Rentenkürzung durch Versorgungsausgleich – Abschaffung des Rentnerprivilegs

Abgeschafft wurde auch das so genannte Rentnerprivileg. Nach der entsprechenden alten Regelung wurden Rentner im Versorgungsausgleich begünstigt. Diese Begünstigung wirkte sich so aus, dass eine zum Zeitpunkt der Scheidung bereits bezogene Rente, obwohl sie grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterfiel, ungekürzt weitergezahlt wurde. Die Kürzung setzte insbesondere bei deutlichen Altersunterschieden zwischen den geschiedenen Ehegatten erst viele Jahre später ein, nämlich dann, wenn auch der andere Ehegatte das Rentenalter erreicht hatte. Zukünftig wirkt eine Rentenkürzung infolge der Übertragung von Rentenrechten im Rahmen des Versorgungsausgleiches bereits sofort, das heißt mit Wirksamkeit der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich.

Erweiterung des Heimfallprivilegs – nachträglicher Wegfall des Versorgungsausgleichs

Wenig bekannt ist das so genannte Heimfallprivileg. Hiermit werden die gesetzlichen Möglichkeiten bezeichnet, noch nach Rechtskraft der Scheidung und nach Durchführung des Versorgungsausgleichs diesen wieder rückgängig zu machen, wenn der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte verstirbt. Durch die Reform des Versorgungsausgleichs 2009 ist der Anwendungsbereich des Heimfallprivilegs deutlich erweitert worden. Näheres finden Sie hierzu unter → Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs (das Heimfallprivileg des § 37 VersAusglG).

Weitere Folgen der internen Teilung

Die zukünftige interne Teilung jedes einzelnen Versorgungsrechtes führt dazu, dass zukünftig ein geschiedener Ehegatte versorgungsrechtlich wie ein Beamter behandelt werden kann, obwohl er selbst nie Beamter war, nämlich dann, wenn sein Ehepartner Beamter war und Versorgungsanwartschaften gegen den Dienstherrn auszugleichen sind. Ebenso werden zukünftig geschiedene Ehegatten beim Ausgleich betrieblicher Altersversorgungen versorgungsrechtlich als Arbeitnehmer des Unternehmens versorgungsrechtlich anzusehen sein, wenn allein der geschiedene Ehegatte bei dem Unternehmen angestellt war. Es gibt allerdings einige Ausnahmen (z.B. bei Beamten auf Widerruf, bei Anrechten aus Direktzusagen oder bei Beteiligung von Unterstützungskassen).

Individuelle Regelung muss beurkundet werden

Auch zukünftig müssen Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich zwischen den Ehegatten notariell beurkundet werden. Die Vereinbarungen bedürfen anders als früher nicht mehr der Genehmigung des Familiengerichts. An die Stelle der Genehmigung ist aber eine so genannte Wirksamkeitskontrolle und Ausübungskontrolle getreten. Das bedeutet für die Praxis, dass eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, auch wenn sie notariell an sich wirksam beurkundet wurde, von dem Familiengericht im Rahmen des Scheidungsverfahrens nur dann berücksichtigt wird, wenn das Gericht nach eigener Überprüfung der Vereinbarung im Ergebnis kommt, dass die Vereinbarung keinen der Ehegatten unangemessen benachteiligt.

Steuerliche Behandlung

Der Regelfall des internen Ausgleichs der Anwartschaften ist immer steuerrechtlich neutral, das heißt, es findet keine Besteuerung auf Seiten des Begünstigten statt. In den Ausnahmefällen der so genannten externen Teilung ist der geleistete Ausgleichswert zur Begründung des Anrechts des Ausgleichsberechtigten nur dann steuerfrei, soweit Leistungen hieraus nachgelagert versteuert werden, vergleiche § 3 Nr. 5 b Satz 1 Einkommensteuergesetz. Da Alterseinkünfte steuerlich privilegiert sind, sollte immer darauf geachtet werden, dass bei der ausnahmsweisen externen Teilung, soweit die Ehegatten hierauf Einfluss haben, die Voraussetzungen des Alterseinkünftegesetzes beziehungsweise des AltZertG erfüllt sind.

Abänderung der Altentscheidung in bestimmten Fällen möglich

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die noch nach altem Recht ergangene Entscheidung über den Versorgungsausgleich abgeändert werden. Liegen diese Voraussetzungen vor und wird ein entsprechender Abänderungsantrag beim Familiengericht eingereicht, wird nach dem so genannten Grundsatz der Totalrevision die gesamte bisherige Entscheidung über den Versorgungsausgleich nunmehr nach neuem Recht behandelt mit der Folge, dass trotz Vorliegens nur eines vergleichsweise geringfügigen Abänderungsgrundes der Versorgungsausgleich mit mitunter durchaus gravierenden Folgen neu durchgeführt wird. Einzelheiten hierzu finden Sie in dem Artikel → Abänderung des Versorgungsausgleichs.

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Alexander Meier-Greve ist Rechtsanwalt in Berlin. Der Artikel ist aus der täglichen Beratungspraxis des Autors entstanden. Er soll nützliche Überblicksinformationen liefern, kann allerdings eine einzelfallbezogene Beratung nicht ersetzen.

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