Im Zuge der Ehescheidung kommt es regelmäßig zum Zugewinnausgleich. Häufig stellt sich dann die Frage, inwieweit auch Schenkungen unter den Ehegatten im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen sind. Höchstrichterlich entschieden war dabei noch nicht die Fallkonstellation, in welcher ein Ehegatte dem anderen im Zuge vorweggenommener Erbfolge unter Anrechnung auf seine Erbteile eine Zuwendung macht. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof auch diese Fallkonstellation entschieden.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs Urteil vom 22. September 2010 Aktenzeichen XII ZR 69/09
Indem von der Bundesgerichtshof entschiedenen Fall übertrug der Ehemann mit einem von ihm so bezeichneten Übergabevertrag seiner Ehefrau im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein Hausgrundstück. Im Gegenzug wurde ihm ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt. Die Ehefrau verpflichtete sich darüber hinaus, den Kläger “in alten und kranken Tagen” pflegen, bei seinem Tode an den Sohn und die beiden Enkelkinder insgesamt 250.000 DM zu zahlen. Nachdem in der Ehe im übrigen kein Zugewinn erzielt worden war, stellte sich nun die Frage, wie diese Zuwendung zu bewerten ist. Das Oberlandesgericht hatte dabei aufgrund eines Sachverständigengutachtens das Hausgrundstück beim auszugleichenden Endvermögen der Ehefrau mit einem aktuellen Wert in Höhe von 395.000 Euro bewertet und dabei 56.000 Euro für das Wohnrecht abgezogen, so dass sich insgesamt noch 339.000 Euro ergaben. Weitere Abzugsposten waren die Pflegekosten und die an den Sohn und die Enkelkinder zu erbringen Ausgleichszahlungen. Als so genannte betagte Verbindlichkeiten wurden diese Kosten auf den Zeitpunkt des Übergabevertrages 14. Oktober 1998 abgezinst. Der sich ergebende Restbetrag von rund 40.000 Euro war der an den Mann auszugleichende hälftige Zugewinn.
Der Bundesgerichtshof bestätigte diesen Rechenweg und entschied nunmehr höchstrichterlich, dass auch Zuwendungen unter Ehegatten im Hinblick auf ein künftiges Erbrecht grundsätzlich im Zugewinn zu berücksichtigen sind. Die Ausnahmevorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB findet keine Anwendung. Denn eine Herausnahme aus dem Zugewinn Ausgleich wäre nur dann gerechtfertigt, wenn derartige Vermögens zu wechseln in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgemeinschaft stünden. Dies trifft zwar auf Erbschaften zu, nicht aber auf Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen gegenüber erbringt. Aufgrund der Tatsache, dass eine Zuwendung im Hinblick auf ein künftiges Erbrecht erbracht wird, ändert sich an dieser Betrachtung nichts. Auch bei solchen, einen künftigen erbrechtlichen Erwerbs antizipierenden Verfügungen stammt der dem begünstigten Ehegatten zugewandte Vermögensgegenstand aus dem Vermögen des anderen Ehegatten; dieser zuwendende Ehegatte hat also zu dessen Erwerb nicht nur beigetragen, sondern ihn überhaupt erst bewirkt. Der Bundesgerichtshof zieht außerdem eine Parallele zu den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und zum Bereicherungsrecht. Auch nach diesen Rechtsinstituten sind regelmäßig Zuwendungen unter Ehegatten, auch mit Blick auf ein zukünftiges Erbrecht, das im Scheidungsfall ja wieder wegfällt, rückabzuwickeln. Denn sowohl nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage als auch Bereicherungsrecht wird auf die Zweckverfehlung bei Scheidung abgestellt. Auch bei einer Zuwendung mit Blick auf ein künftiges Erbrecht gilt, dass der mit der Zuwendung verfolgte Zweck, nämlich die Antizipierung eines erbrechtlichen Erwerbs, nicht mehr zu erreichen ist, wenn die Ehe geschieden wird mit der Folge, dass ein gesetzliches Erbrecht des Erwerbers nicht mehr besteht und auch eine gewillkürte Erbfolge nach Trennung und Scheidung vom zuwendenden Ehegatten regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen dürfte.
Wenn Sie mehr über das Recht des Zugewinnausgleichs erfahren möchten, empfehle ich Ihnen den Artikel → Der Zugewinnausgleich.