Mietminderung und ihre Erstattung bei Bauarbeiten innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Der im Wohnungseigentumsrecht tätige Rechtsanwalt hat auch Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum anwaltlich zu begleiten. Immer wieder stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen Mietminderungen in vermieteten Wohnungen einzelner Eigentümer an die Wohnungseigentümergemeinschaft weitergereicht werden können und unter welchen Voraussetzungen die Haftpflichtversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft in die Haftung genommen werden kann. Ein im Jahre 2003 hierzu ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs ist dabei von maßgeblicher Bedeutung (BGH NZM 2003, S. 197).

Nur teilweise verschuldensunabhängiger Anspruch

Schäden durch Mietausfall können entstehen, ohne dass der Wohnungseigentümergemeinschaft irgend ein Verschulden vorzuwerfen ist. Ein solcher Fall kann vorliegen, etwa wenn durch das notwendige Aufstellen eines Fassadengerüsts Wohnungen verschattet werden. Im Nachbarrecht gibt es einen verschuldensunabhängigen rechtlichen Ausgleichsanspruch in § 906 Abs. 2 Satz zwei BGB. Hiernach kann der Grundeigentümer eine Entschädigung in Geld für Beeinträchtigungen und Immissionen verlangen, die er rechtlich grundsätzlich zu dulden hat. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 21.05.2010, Az. V ZR 10/10, allerdings einer Anwendung dieses verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch auf das Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Absage erteilt. Zur Begründung wird auf die Spezialvorschrift des § 14 Abs. 4 Nummer vier WEG verwiesen. Diese Vorschrift regelt verschuldensunabhängige Ersatzansprüche des Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft abschließend. Der Anspruch ist hiernach nur dann gegeben, wenn der Wohnungseigentümer das Betreten und die Benutzung der in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten hat und diese Gestattung zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Ein Beispiel mag der entstehende Mietausfall sein, wenn im Zuge der Sanierung der Heizungsanlage ständig einzelne Wohnungen betreten werden müssen.

In der Regel nur verschuldensabhängiger Anspruch, aber Gemeinschaft haftet für schlecht arbeitende Werkunternehmer

Darüber hinaus setzt der Ersatzanspruch ein Verschulden der Wohnungseigentümergemeinschaft voraus. Mit der Leitentscheidung vom 22. April 1999, Az. V ZB 28/98, NJW 1999, S. 2108, hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang nach jahrzehntelanger Auseinandersetzung unter den Instanzgerichten endgültig geklärt, dass die Anspruchsgrundlage für derartige Ansprüche in einem gesetzlichen Schuldverhältnis aus § 10 WEG zu finden ist. Dieses gesetzliche Schuldverhältnis findet seine Konkretisierung in der Verpflichtung der Wohnungseigentümergemeinschaft zur ordnungsgemäßen Verwaltung und ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung gemäß § 21 Abs. 5 WEG. Hieraus folgt: die Wohnungseigentümergemeinschaft ist selbst zur Instandsetzung verpflichtet. Bedient sie sich hierbei durch entsprechende Beauftragung externer Handwerkerfirmen und arbeiten diese mangelhaft, so hat sich die Wohnungseigentümergemeinschaft die mangelhafte Werkleistung bzw. generell das fahrlässiges Fehlverhalten des Werkunternehmers gemäß § 278 BGB wie eigenes zurechnen zu lassen. In den Worten des BGH: Ist die Instandsetzung als Werk geschuldet, müssen es die Wohnungseigentümer auch vertreten, wenn durch das Verschulden eines von ihnen mit der Reparatur des Gemeinschaftseigentum beauftragten Fachunternehmens Schäden am Sondereigentum eines Wohnungseigentümers entstanden sind. Entsprechendes gilt, wenn der Reparaturauftrag nicht von allen Wohnungseigentümern, sondern von einzelnen Wohnungseigentümern erteilt worden ist. Diese Rechtsprechung gilt auch seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft

Beweiserleichterungen

Die Beweiserleichterungen des Auftraggebers bei Nachweis des Verschuldens des Werkunternehmers gemäß § 282 BGB gelten auch im Verhältnis des entsprechenden Anspruchs des geschädigten Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft, so der BGH in der Urteilsbegründung weiter. Danach hat der Wohnungseigentümer, der seine Pflicht zur ordnungsmäßigen Instandsetzung verletzt und dadurch einem anderen Wohnungseigentümer Schaden zugefügt hat, zu seiner Entlastung nachzuweisen, dass die in seinem Verantwortungsbereich eingetretene Pflichtverletzung weder von ihm noch von seinem Erfüllungsgehilfen zu vertreten ist.

Anrechnung von Mitverschulden gemäß § 254,278 BGB

Es darf nicht übersehen werden, dass der Schadenersatz begehrende Sondereigentümer selbst Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, von der er nunmehr Ersatz erwartet und der er im Verhältnis zum Werkunternehmer ein schuldhaftes Fehlverhalten vorwirft. Regelmäßig berücksichtigt die Rechtsprechung deshalb, weil der Geschädigte selbst Auftraggeber war, ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB. Auch in diesem Zusammenhang gilt dann, dass das Fehlverhalten des Werkunternehmers auch dem geschädigten Sondereigentümer selbst in Anwendung des § 278 BGB zuzurechnen ist, vergleiche hierzu auch die Entscheidung Bayerisches Oberstes Landesgericht NJW Rechtsprechungsreport 1992, Seite 1102. Das bayerische Oberlandesgericht geht davon aus, dass die Höhe des Mitverschuldens sich im Regelfall nach der Höhe des Miteigentumsanteils des Geschädigten Sondereigentümers im Verhältnis zum Gesamteigentum richtet.

Ansprüche auch bei Unterlassen von Instandsetzungsmaßnahmen

Ansprüche des Sondereigentümers können im übrigen nicht nur dann entstehen, wenn Instandsetzungsmaßnahmen mangelhaft durchgeführt wurden oder im Zuge von deren Durchführung Schäden am Gemeinschafts Eigentum durch schuldhaftes Verhalten der beauftragten Werkunternehmer entstanden sind, sondern gerade auch das Unterlassen objektiv notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen und hierdurch verursachte Schäden, einschließlich Vermögensschäden, etwa durch Mietausfall aufgrund berechtigter Mietminderungen, können einen solchen Ersatzanspruch gegen die Gemeinschaft auslösen.
Ob Ansprüche im Einzelfall dem Grunde und wenn ja, in welcher Höhe, bestehen, sollten stets mit einem Rechtsanwalt besprochen werden, da aufgrund des erwähnten gesetzlichen Schuldverhältnisses die unberechtigte Geltendmachung eines vermeintlichen Anspruchs wiederum einen Schadenersatzanspruch der Gemeinschaft gegen den Wohnungseigentümer auslösen kann, wenn die Gemeinschaft gezwungen war, etwa einen Sachverständigen oder ihrerseits einen Rechtsanwalt mit der Begutachtung des behaupteten Anspruchs zu beauftragen, und sich im Nachhinein herausstellt, dass ein solcher gar nicht besteht.

Die Entscheidung des BGH Aktenzeichen IV ZR 226/01 vom 11. Dezember 2002

die Ersatzpflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft fällt naturgemäß auf die Mitglieder als außerordentliche Belastung, welche die Rücklagen angreift oder zur Bildung neuer Rücklagen zwingt, zurück. Umso wichtiger ist die genaue Prüfung, ob die regelmäßig bestehende Grundbesitzerhaftpflichtversicherung Eintritts ist. Oftmals lehnen die Versicherer mit nur scheinbar plausibler Begründung die Eintrittspflicht ab. Es kommt dann darauf an, mit genauer Kenntnis der Rechtsprechung und spezifisch versicherungsrechtliche Auslegung der Police den Anspruch weiterzuverfolgen. In der Regel lenkt der Versicherer dann bereits in der außergerichtlichen Auseinandersetzung ein. Von maßgeblicher Bedeutung ist das nachfolgend in den Grundzügen wiedergegebene, oben bereits eingangs zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2002.
Der Fall:
Die Kläger sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Sie verlangen von dem beklagten Haftpflichtversicherer Ersatz für
bereits erbrachte sowie Freistellung von noch zu erbringenden Ausgleichszahlungen
an einzelne Wohnungseigentümer wegen Beeinträchtigungen
des jeweiligen Sondereigentums.
Dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag für
Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen
für die Haftpflichtversicherung (AHB) sowie Besondere Bedingungen des Beklagten (BB) zugrunde. Unter Teil A “Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht” der Besonderen Bedingungen ist in Ziff. 4 d
zum Umfang des Versicherungsschutzes u.a. vereinbart:
“Eingeschlossen sind – abweichend von § 4 Ziff. II 2 AHB in
Verbindung mit § 7 Ziff. 1 AHB –
…..
2) Ansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen
die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer;
…..
Ausgeschlossen bleiben Schäden am Gemeinschafts-,
Sonder- und Teileigentum.”
Anläßlich einer Wohnungsrenovierung im Herbst 1998 wurde am
gemeinschaftlichen Eigentum echter Hausschwamm festgestellt. Die betroffenen
Gebäudeteile wurden saniert, wobei raumweise Zwischendecken
entfernt, Balkone abgebrochen, Wandputz abgeschlagen, Teppichböden
entfernt und Heizkörper demontiert werden mußten. Die Kosten
der Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums sowie der Wohnungen
der betroffenen Wohnungseigentümer trugen die Kläger gemeinschaftlich.
Weiterhin ersetzten sie der Klägerin zu 20) einen Mietzinsausfall
für die Zeit von Mitte November 1998 bis Juli 1999 in Höhe von
10.540 DM, der Klägerin zu 16) Mietzinszahlungen für eine von Oktober
1998 bis Ende April 1999 angemietete Ersatzwohnung in Höhe von
6.896,40 DM sowie der Klägerin zu 21) Transportkosten für zwischenzeitlich
ausgelagerte Möbel in Höhe von 1.848,44 DM.
Die Kläger verlangen für diese Zahlungen Ersatz. Außerdem begehren
sie Freistellung von weiteren Mietausfallkosten, die die Klägerin
zu 20) für die Monate August und September 1999 in Höhe von
2.480 DM ihnen gegenüber geltend macht. Der Beklagte lehnt Leistungen
ab, weil insoweit kein Versicherungsschutz bestehe.
In beiden Vorinstanzen hatte die Klage hinsichtlich dieser Positionen
Erfolg; weitere, von den Klägern erfolglos geltend gemachte Ersatzansprüche
sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Mit der zugelassenen
Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung
der Klage.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hält den Beklagten im ausgeurteilten Umfang
für bedingungsgemäß leistungspflichtig. Bei dem allein in Betracht
kommenden Anspruch der Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft
der Wohnungseigentümer aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG handele
es sich um einen von der Haftpflichtversicherung gedeckten echten
Schadensersatzanspruch. Seine verschuldensunabhängige Ausgestaltung
und die ihm zugrunde liegenden aufopferungsähnlichen Grundgedanken
änderten daran nichts.
Die Mietausfall-, Mietzinszusatz- und Möbeltransportkosten stellten
sogenannte unechte Vermögensschäden dar, die zwar im Vermögen des
Geschädigten einträten, jedoch adäquat kausal auf einen Sachschaden
zurückzuführen seien. Derartige Folgeschäden seien von der Ausschlußklausel
in Teil A Ziff. 4 d BB nicht erfaßt. Diese schließe ausdrücklich nur
Schäden am Eigentum aus, d.h. an körperlichen Sachen. Folgeschäden
würden nicht erwähnt. Die Klausel sei daher aus Sicht des durchschnittlichen
Versicherungsnehmers so zu verstehen, daß der Ausschluß nur
auf den unmittelbaren Sachschaden beschränkt sei.
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
II. 1. Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es nicht schon an
einem den Klägern zuzurechnenden Schadenereignis im Sinne von § 1
Ziff. 1 AHB.
Die Klausel knüpft die Gewährung von Versicherungsschutz zunächst
an den Eintritt eines Ereignisses, das einen Personen- oder
Sachschaden zur Folge hat. Versicherungsschutz setzt weiter voraus,
daß der Versicherungsnehmer für diese Folge – also etwa den Sachschaden
– aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen
Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Gesetzliche
Haftpflichtbestimmungen sind dabei solche, die unabhängig vom
Willen der beteiligten Parteien an die Verwirklichung eines unter § 1
Ziff. 1 der Bedingungen fallenden Ereignisses Rechtsfolgen knüpfen (std. Rspr. des BGH, siehe nur Urteil vom 8. Dezember 1999 – IV ZR 40/99 –
VersR 2000, 311 unter II 3 a).

Wohnungseigentümer haben Ersatzanspruch wegen Mietminderungen aufgrund von Bauarbeiten der WEG als Bauherr am Gemeinschaftseigentum

Die Kläger begehren Versicherungsschutz für die Inanspruchnahme
durch Wohnungseigentümer, die auf § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG gestützt
ist. Unterstellt man, daß diese Vorschrift eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung
darstellt, die die Gemeinschaft zum Schadensersatz
verpflichtet (siehe dazu nachfolgend unter 3.), kann es sich bei dem
Schadenereignis nur um ein solches handeln, das ebendiesen Anspruch
auszulösen geeignet ist.

Kein Schadenersatz bei Schwammbefall, da kein Verschulden nachweisbar

Damit scheidet der Schwammbefall von vornherein
aus, denn für dessen Folgen haben die Kläger aufgrund des § 14
Nr. 4 Halbsatz 2 WEG dem jeweiligen Wohnungseigentümer keinen
Schadensersatz zu leisten. Gleiches gilt für das Duldungsverlangen an
sich. Als Schadenereignis kommt vielmehr allein der Eingriff in die im
jeweiligen Sondereigentum der betroffenen Wohnungseigentümer stehenden
Gebäudeteile (Putz, Teppichböden, Heizkörper, Balkonbelag,
vgl. dazu allgemein Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl. § 5
Rdn. 27 m.w.N.) in Betracht. Diese Eingriffe waren zur Instandhaltung
und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich.
Deshalb sind die Wohnungseigentümer gemäß § 14 Nr. 4 Halbsatz 2
WEG zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet.
Diese Eingriffe sind den Klägern auch haftungsrechtlich zuzurechnen.
Daran ändert nichts, daß sie bewußt vorgenommen worden sind.

Auch planungsgemäße Bauarbeiten können schädigende Handlungen sein

Auch ein vom Versicherungsnehmer gewollt herbeigeführtes Ereignis kann ein
Schadenereignis sein. Versicherungsschutz besteht allerdings dann nicht, wenn dies vorsätzlich und widerrechtlich geschehen ist (vgl. § 152 VVG und § 4 I Ziff. 1 AHB). Das war hier jedoch nicht der Fall. Denn die betroffenen Wohnungseigentümer waren gemäß § 14 Nr. 4 Halbsatz 1
WEG zur Duldung der – mithin rechtmäßigen – Eingriffe verpflichtet.
2. Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß § 14
Nr. 4 Halbsatz 2 WEG eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung mit privatrechtlichem
Inhalt ist. Die an die Eingriffe in das Sondereigentum geknüpfte
Rechtsfolge ist vom Willen der Beteiligten unabhängig. Denn die
Kläger haften ohne weiteres für die daraus entstehenden Schäden.

Haftpflichtversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft hat für die Schäden am Sondereigentum aufzukommen

3. Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist auch ein Anspruch
auf Schadensersatz im Sinne von § 1 Ziff. 1 AHB. Dies ergibt die
Auslegung der Klausel.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie
ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung,
aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren
Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten
eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche
Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an
(BGHZ 123, 83, 85; Senatsurteil vom 25. September 2002 aaO unter 2
a). Verbindet allerdings die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck
einen fest umrissenen Begriff, ist anzunehmen, daß darunter auch
die Versicherungsbedingungen nichts anderes verstehen wollen (vgl.
Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 aaO unter II 4 b aa m.w.N.).
Ausgangspunkt der Auslegung ist der Klauselwortlaut. Danach
setzt Versicherungsschutz unter anderem voraus, daß der Versicherungsnehmer
von einem Dritten “auf Schadenersatz in Anspruch genommen
wird”. Den Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche
Spezialkenntnisse führt der Ausdruck Schadensersatz nicht eindeutig in
den Bereich der Rechtssprache, weil es dort keinen, in seinen Konturen
eindeutig festgelegten Schadensersatzbegriff gibt; in der Umgangssprache
umschreibt der Ausdruck Schadensersatz allgemein den Ausgleich
eines erlittenen Nachteils (Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 aaO unter
II 4 b bb). Dementsprechend kann der Versicherungsnehmer unabhängig
davon, wie die einschlägige gesetzliche Haftpflichtbestimmung diese
Rechtsfolge beschreibt, nach § 1 Ziff. 1 AHB Versicherungsschutz jedenfalls
dann erwarten, wenn der Anspruch auf Ausgleich des eingetretenen
Schadens im Wege der Wiederherstellung des Zustands vor dem
Schadenereignis gerichtet ist (Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 aaO
unter II 4 b cc). Deshalb besteht etwa Versicherungsschutz für einen Beseitigungsanspruch
aus § 1004 BGB, der dieselbe wiederherstellende
Wirkung hat wie ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch
(vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 aaO unter II 4 b cc und
5). Gleiches gilt für einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch entsprechend
§ 906 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1999 – V ZR
377/98 – VersR 1999, 1139 unter II 2). Nach diesen Grundsätzen sind auch die gegen die Kläger geltend gemachten Ansprüche solche auf Schadensersatz im Sinne von § 1
Ziff. 1 AHB. § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG sieht als Rechtsfolge die Pflicht
vor, den durch den Eingriff entstandenen Schaden zu ersetzen. Darauf
finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB über Art, Inhalt
und Umfang der Schadensersatzleistung uneingeschränkte Anwendung
(BayObLG NJW-RR 1994, 1104,1105; KG ZMR 2000, 335 m.w.N.). Zu
ersetzen sind danach die Vermögenseinbußen durch zusätzliche Mietzinszahlungen
und Möbeltransportkosten, sowie der entgangene Mietzins
(§ 249 Abs. 1, 252 BGB).
Daß der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG verschuldensunabhängig
ausgestaltet ist und – wie die Regelung zum Notstand in
§ 904 Satz 2 BGB, der er nachgebildet ist – einen aufopferungsentschädigenden
Charakter hat, weil der Geschädigte den Eingriff in sein Eigentum
dulden muß (vgl. BayObLGZ 1987, 50; KG aaO; Pick, aaO § 14
WEG Rdn. 60; Lüke in Weitnauer, WEG, 8. Aufl. § 14 Rdn. 8), steht der
Einordnung als Anspruch auf Schadensersatz im Sinne des § 1 Ziff. 1
AHB nicht entgegen. Den Bedingungen ist nicht zu entnehmen, daß der
Versicherungsschutz auf Schadensersatzansprüche beschränkt sein soll,
die ein widerrechtliches und dem Versicherungsnehmer vorwerfbares
Verhalten voraussetzen. Dementsprechend ist in der Literatur seit langem
einhellig anerkannt, daß Schadensersatzansprüche im Sinne von
§ 1 Ziff. 1 AHB grundsätzlich auch solche sein können, die – wie etwa die
Ansprüche aus §§ 228 Satz 2, 904 Satz 2 BGB – Ersatz für von Dritten zu
duldende Beeinträchtigungen gewähren (vgl. Voit in Prölss/Martin, VVG
26. Aufl. § 1 AHB Rdn. 7; Späte, AHB § 4 Rdn. 205; Littbarski, AHB § 4
Rdn. 369; BK-Baumann, VVG § 149 Rdn. 53; Bruck/Möller/Johannsen,
VVG 8. Aufl. Band IV Anm. G 58; Wussow, AHB 8. Aufl. § 1 70 u. 76;
Sieg, VersR 1984, 1105, 1107).

Achtung: Risikoausschlussklauseln beachten

Entgegen der Auffassung der Revision greift auch der Leistungsausschluß
in Teil A Ziff. 4 d Satz 2 BB zugunsten des Beklagten nicht ein. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist die Klausel so zu verstehen, daß nur unmittelbare
Sachschäden, nicht jedoch Folgeschäden von der Leistungspflicht ausgenommen
sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind
Risikoausschlußklauseln eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn
unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise
erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer
braucht nicht damit zu rechnen, daß er Lücken im Versicherungsschutz
hat, ohne daß die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (Senatsurteile
vom 25. September 2002 aaO unter 2 a und vom 17. März 1999 – IV
ZR 89/98 – VersR 1999, 748 unter 2 a, jeweils m.w.N.). Hiervon ausgehend
hat der Bundesgerichtshof etwa § 4 I Ziff. 6 b AHB, wonach sich
der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden
bezieht, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden
sind, so ausgelegt, daß damit nur der unmittelbare Sachschaden von
der Leistungspflicht des Versicherers ausgeschlossen ist (BGHZ 88, 228,
231; Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO; vgl. auch BGHZ 23, 349,
352 ff.).

Risikoausschluss von Schäden am Eigentum ist nicht allumfassend, er erstreckt sich nicht auf Folgeschäden am Vermögen

Zum gleichen Ergebnis führt die Auslegung der Klausel in Teil A
Ziff. 4 d Satz 2 BB, soweit danach Schäden einzelner Wohnungseigentümer
am Sonder- und Teileigentum ausgeschlossen bleiben.
Die Klausel nennt nach ihrem Wortlaut nur Schäden “am” Eigentum,
sei es Gemeinschafts-, Sonder- oder Teileigentum. Folgeschäden
werden nicht erwähnt. Damit ist aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers
ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse nur
der unmittelbare Sachschaden von dem Ausschluß erfasst. Es kann dahinstehen,
ob es sich bei den verwendeten Ausdrücken um fest umrissene
Rechtsbegriffe handelt und ob sie deshalb im Sinne der Rechtssprache
zu verstehen sind (vgl. dazu Senat, Urteil vom 8. Dezember 1999
aaO unter II 4 b aa m.w.N. und vorstehend unter III 3 a). Denn sowohl in
der Rechtssprache als auch im allgemeinen Sprachgebrauch werden
unmittelbare Schäden am verletzten Recht oder Rechtsgut selbst und
mittelbare Schäden als Einbußen am sonstigen Vermögen (Vermögensfolgeschäden,
unechte Vermögensschäden) unterschieden (vgl. MünchKommBGB-Oetker, 4. Aufl. § 249 Rdn. 94 f.; Staudinger/Schiemann, BGB 13. Bearb. 1998 vor § 249 Rdn. 43 f.; Palandt/Heinrichs,
BGB 62. Aufl. vor § 249 Rdn. 15). Dabei wird der Eigentumsbegriff im
allgemeinen Sprachgebrauch wie auch im bürgerlichen Recht auf Sachen,
also bewegliche oder unbewegliche körperliche Gegenstände, bezogen
(vgl. MünchKommBGB/Holch, 4. Aufl. § 90 Rdn. 7 sowie Münch-
KommBGB/Säcker, 3. Aufl. § 903 Rdn. 1; Palandt/Bassenge, aaO § 903
BGB Rdn. 2). Nur Beeinträchtigungen der Sachsubstanz selbst sind daher,
auch aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, als
Schäden “am” Eigentum anzusehen. Danach erfaßt die Ausschlußklausel in Teil A Ziff. 4 d Satz 2 BB
Aufwendungen zur Behebung von Schäden an den betroffenen Gebäudebestandteilen.
Die streitbefangenen Aufwendungen sind jedoch erst infolge der Beschädigungen der Sachsubstanz eingetreten. Für derartige mittelbare (Vermögens-) Schäden gilt der Risikoausschluß nach der gebotenen engen Auslegung nicht.

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